Europas Ölkonzerne bekehrt? CO2-Preise sollen weltweit gelten

Total-Chef: Tonne CO2 müsste 70-90 Euro kosten

In der EU müssen Firmen bereits für CO2-Emissionen zahlen, wenn auch nach wie vor viel zu wenig, als dass das ETS-System regulierenden Einfluss entfalten würde. Sechs große (allerdings nur europäische) Öl- und Gasunternehmen forderten nun, dieses Prinzip auf die ganze Welt auszudehnen. Wenn der Ausstoß von CO2 Geld koste, sei dies ein Anreiz für die Nutzung von Erdgas statt Kohle, mehr Energieeffizienz und Investitionen zur Vermeidung des Treibhausgases, hieß es in einem schon am 02.06.2015 veröffentlichten Schreiben an UN-Klimachefin Christiana Figueres und den französischen Außenminister Laurent Fabius. Unterschrieben haben ihn die Chefs von Shell, BP und BG Group aus Großbritannien, Total aus Frankreich, Statoil aus Norwegen und Eni aus Italien.

„Komplexe Gleichung: mehr Energie liefern und weniger CO2 freisetzen

Im Vorfeld der Verhandlungen über den neuen Welt-Klimavertrag im Rahmen der COP21 in Paris im Dezember beteuerten die Konzerne,sie seien bereit, ihren Teil zur CO2-Reduzierung beizutragen. Dafür sei aber ein klarer, verlässlicher und ehrgeiziger politischer Rahmen nötig.
Total-Chef Patrick Pouyanné sagte vor Journalisten in Paris, die Branche stehe vor einer komplexen Gleichung: mehr Energie zu liefern und dabei weniger CO2 freizusetzen. „Wir sind bereit, unsere Rolle zu spielen und diese Herausforderung anzunehmen.“ Pouyanné weiter:“Wir brauchen auf diesem Planeten einen Preis für CO2„, der Preis sei eine „umsetzbare und realistische“ Methode, um die CO2-Emissionen zu verringern, erklärten die Unternehmen. Sie riefen „alle Staaten der Welt und die UNO auf, ein solches Preissystem einzuführen“.

Alle Kohlemeiler in Europa durch Gaskraftwerke ersetzen

Ein Preissystem für CO2 würde dazu beitragen, alle Kohlekraftwerke in Europa durch Gaskraftwerke zu ersetzen, zitierte die Nachrichtenagentur AFP Pouyanné. Damit Gas im Wettbewerb gegen Kohle bestehen könne, müsse die Tonne Treibhausgas „um die 40 Dollar kosten“, und nicht sieben wie heute, sagte der Total-Chef. Würden auch noch die Kosten für die Einlagerung von CO2 berechnet, müsste eine Tonne Treibhausgas sogar 80 bis 100 Dollar kosten.

Vom Saulus zum Paulus? Schwer zu glauben…

Kritiker sehen den Aufruf als Täuschungsmanöver. So bezeichnete Greenpeace-Klimaexperte Martin Kaiser den Aufruf als „Nebelkerze“, um das „zerstörerische Geschäft“ mit gefährlichen Ölbohrungen in der Arktis und der Förderung von schmutzigen Ölsänden ungestört weiter betreiben zu können. Die Ölkonzerne befeuerten den Klimawandel Jahr für Jahr mit Milliardeninvestitionen (samt Milliardensubventionen) in fossile Energien. Ein ehrliches Interesse am Klimaschutz passe nicht mit Ölbohrungen in der Arktis und Förderung von Ölsänden zusammen. In der EU sei der CO2-Handel bereits gescheitert und „für die kommenden 15 Jahre für den Klimaschutz faktisch tot“.

[note Solarify meint: Laut Pouyanné zeugt die Initiative von einem „Mentalitätswandel“ der Öl- und Gasbranche. Auf den ersten Blick scheint das zwar so, denn vor wenigen Jahren haben sich die Energieriesen noch gegen  CO2-Preise gewehrt – obwohl sie die ersten Zertifikate von der rot-grünen Bundesregierung geschenkt bekamen, sahen sie sich nicht bemüßigt, die Preise zu senken. Aber es gibt in der Ol- und Gaswelt keinen Mentalitätswandel – es geht ums Geschäft. Das wollen die Konzerne retten, nachdem sie die Zeichen der Zeit – Erneuerbare, Energiewende – zuerst falsch eingeschätzt, deshalb verschlafen und schließlich vergeblich bekämpft haben. Erst wenn es sich rentiert, werden sie CO2-ärmere Energie anbieten. An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen.]

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