Atomausstieg: Union riskiert Milliarden Steuergelder

Kotting-Uhl: „Komplizenschaft mit AKW-Betreibern“

Stefan Schultz schrieb am 16.12.2016 auf Spiegel Online, die Bundesregierung gerate mit ihrem „Gesetz zur Finanzierung des Atomausstiegs in bedenklichen Zeitverzug“, denn das zentrale Gesetz für den Atomausstieg sei auf 2016 vertagt worden (s. bundestag.de) – die Union habe blockiert. Es sei im Bundestags-Wirtschaftsausschuss kurzfristig von der Tagesordnung genommen und auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Das Wirtschaftsministerium habe schon „vor einem finanziellen Desaster“ gewarnt. (Siehe auch: solarify.eu/atomhaftung).

Wenn 2022 das letzte deutsche AKW vom Netz gegangen sein wird, müssen die vier Energieversorger E.on, RWE , EnBW und Vattenfall ran – die Milliardenkosten für Rückbau und Entsorgung sollen zu ihren Lasten gehen. Aber ein einschlägiges Gesetz, das sie dazu verpflichten soll, sei erneut vertagt worden, so der Spiegel-Autor. Die letzte Chance war vertan worden, dass es noch 2015 in Kraft treten konnte. SPD, Grüne und Linke waren dafür, och die Unionsfraktion blockierte mit der Begründung, das Gesetz für die Konzernhaftung solle möglichst eng an den Abschlussbericht der sogenannten Atomkommission koppeln. Das Expertengremium soll bis Ende Februar einen Vorschlag machen, wie die Finanzierung des Atomausstiegs genau geregelt wird.

Energiekonzerne sollen sich nicht mehr aus der Haftung für ihre strahlenden Ruinen stehlen können. Nach dem (inzwischen vertagten) Gesetzentwurf für ein “Nachhaftungsgesetz” (18/6615) sollen sie, besonders aber ihre Betreibergesellschaften, zukünftig langfristig und umfassend für Stilllegung, Rückbau, Entsorgung und Endlagerung des von ihnen erzeugten radioaktiven Abfalls haften. Selbst noch nicht bekannte zukünftig mögliche Zahlungspflichten sollen darunter fallen. Die Versuche von AKW-Betreibern, ihre teure, strahlende Erbschaft risikomindernd abzuspalten, hatte die Regierung auf den Plan gerufen. (solarify.eu/evu-sollen-sicher-fur-akw-haften)

Regierung besorgt – rückwirkende Bindung angreifbar

In der Atom-Endlagerkommission stieß das Vorgehen auf Bedenken: „Das Haftungsgesetz ist sozusagen unsere Geschäftsgrundlage“, sagt ein Mitglied des Gremiums. „Wie sollen wir denn eine vernünftige Lösung erarbeiten, wenn noch nicht einmal klar ist, wie genau die Konzerne haften?“ Die Energieversorger haben jedenfalls jetzt eine verbesserte Verhandlungsposition gegenüber der Atomkommission. Auch im BMWi hält man die Vertagung für besorgniserregend. Als riskant galt dort vor allem die Tatsache, dass sich E.on bereits zum 01.01.2016 in zwei Unternehmen aufspalten würde. Das zwingt die Regierung, eine die Haftung der Atomkonzerne rückwirkend zum 01.01.2016 regelnde Klausel ins Gesetz einzubauen; die allerdings macht das Gesetz rechtlich angreifbar. Dass sich in der Folge die „Blockade der CDU zu einem finanziellen Desaster für den Steuerzahler“ (so ein hochrangiges Regierungsmitglied laut Spiegel-Online) entwickeln könnte, soll den Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss klar auseinandergesetzt worden sein – ohne Entscheidung.

Die Opposition war entsprechend empört über die Verschiebung. „Die Entscheidung ist umso verantwortungsloser, da E.on und RWE bereits angekündigt haben, ihre Unternehmen aufspalten zu wollen und die aufgespaltenen Teile mit weniger Eigenkapital auszustatten“, sagte Hubertus Zdebel, Atomexperte der Linksfraktion. „CDU/CSU haben sich für die Komplizenschaft mit den AKW-Betreibern entschieden“, prangerte die atompolitische Sprecherin der Grünen Sylvia Kotting-Uhl die Entscheidung an. Die SPD habe zu wenig getan, das Gesetz doch noch 2015 durchzusetzen.

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