Klimaschutzplan 2050 – kaum veröffentlicht, schon verrissen

NABU: „Mangelhaft“

Der NABU hat den Klimaschutzplan als mangelhaft bezeichnet. Der von Umweltministerin Hendricks vorgelegte, im Kern ambitionierte Entwurf sei innerhalb der Ressortabstimmung massiv verwässert worden. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller: „Die Maßnahmen sind nur vage umschrieben, der Kohleausstieg wird vorsichtshalber gar nicht genannt und von verbindlichen Zwischenzielen je Sektor ist keine Spur zu finden. Wenn das die Antwort der Bundesregierung auf die vereinbarten Ziele der Pariser Klimakonferenz ist, ist das ein schlechtes Zeugnis für die deutsche Klimapolitik. Hier klaffen internationaler Anspruch und im eigenen Land gelebte Wirklichkeit weit auseinander.“

International habe die Bundesregierung beim G7-Gipfel in Elmau wie auch in Paris Akzente gesetzt. Jetzt verweigere sie sich der Einsicht, dass die vereinbarten Ziele auch in Deutschland umgesetzt werden müssen: „Offensichtlich wurde aus dem Entwurf des Bundesumweltministeriums vor allem eine Streichliste für die anderen Ressorts“, so Miller.

Nicht nur im Energiesektor enttäusche der Klimaschutzplan, auch im Gebäudesektor mit den extrem langen Investitionszyklen seien kurzfristige wirksame Maßnahmen nicht zu finden, auch werde kein Zeitplan definiert, ab wann Gebäudewärme ohne fossile Energien erzeugt werden müsse. „Besonders zynisch“ nennt es der Nabu, dass im Verkehrsbereich der Klimaschutzplan die richtige Diagnose stelle, sich dann jedoch weitgehend hinter Maßnahmen auf EU-Ebene verstecke, die gleichwohl bisher meistens von deutscher Seite abgeschwächt würden. Kein Wort verliere der Plan über den Bundesverkehrswegeplan 2030, der derzeit auf Infrastrukturseite die hohen Emissionen des Verkehrs für die nächsten Jahrzehnte zementiere. Der Einstieg in eine dringend notwendige Verkehrswende sei nicht erkennbar.

Unverständlich ist für den NABU auch, dass eine Empfehlung für weniger Fleischkonsum gestrichen wurde. Der Agrarbereich muss dringend klimafreundlicher und naturverträglicher werden. Wenn Deutschland und die EU nicht gegensteuern, würde der Agrarsektor nach aktuellen Schätzungen bis zum Jahr 2050 rund ein Drittel der Treibhausgase der EU ausstoßen – und zum echten klimapolitischen Sorgenkind werden.

„Offensichtlich hat der Klimaschutz nun auch den Vorwahlkampf erreicht. Vermutlich haben die Parteien der Großen Koalition Angst, dass sie mit ernst gemeinten Klimazielen Wähler verschrecken. Der Klimaschutzplan ist mild und mutlos formuliert. In seiner jetzigen Form wird er keine Wirkung haben und bleibt weiter hinter dem zurück, was tatsächlich nötig wäre, um das im Pariser Klimaschutzabkommen formulierte Zwei-Grad-Ziel zu erreichen“, so Miller weiter.

Hofreiter: Regierung bremst Klimaschutz aus

Grünen-Fraktionschef Hofreiter warf der Bundesregierung vor, sie bremse den Klimaschutz aus. „Union und SPD sabotieren beim Klimaschutzplan, wo sie nur können“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die guten Ansätze von Umweltministerin Hendricks würden jeweils von den anderen Ministerien wieder auseinander genommen. „Die Bundesregierung verspielt so auch wirtschaftliche Chancen“, mahnte Hofreiter. Denn Klimaschutz bedeute schon längst grüne Innovationen und wirtschaftlichen Fortschritt.

[note Solarify meint: Die Umweltministerin ist nicht zu beneiden – sie hatte, nicht erst seit Paris/COP21 sehr anerkennenswerte Pläne – doch diese handhabten sich schwer „auf des Messers Schneide“. Will sagen, wenn Dieselstinker-Kleinstwagen, obwohl sie 20mal soviel emittieren wie ein Groß-Lkw, deswegen nicht von den Straßen verschwinden, weil das „wirtschaftliche Beeinträchtigungen“ (Dobrindt) nach sich ziehen könnte, oder wenn schmutziger Braunkohlestrom weiter die Netze verstopfen darf, weil sonst Arbeitsplätze (und Parteispenden…? Ein Schuft, wer…) in Gefahr kommen, oder wenn CO2-Emissionen aus Schornsteinen und Auspüffen nicht, wie weithin gefordert, endlich ordentlich (= wirkungsvoll) besteuert werden – so lange bleibt jeder Klimaschutzplan Augenwischerei und Makulatur (die wurde früher als Grundlage für Papiertapeten benutzt). Bleibt nur die Frage, wann die anderen, denen wir uns (wie in der Energiewende auch) so oft als Vorbild andienen, das merken. Deutschland ist bei der Energiewende schon gar kein Vorbild mehr, sagt McKinsey eben. In der internationalen Reputation ist es wie im Skat: Die Miesen zählen doppelt.]

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