Wie gelingt das Gemeinschaftswerk?

„Verbraucherpolitik für die Energiewende“

Im zweiten Teil präsentierte Mark Andor vom RWI Zwischenergebnisse der Stellungnahme „Verbraucherpolitik für die Energiewende“, die Ende 2016 veröffentlicht werden soll. Darin werden Maßnahmen vorgestellt, mit denen Verbraucherinteressen gestärkt und Verhaltensänderungen erleichtert werden sollen. Ein Ansatz dabei ist das sogenannte Nudging. Das Konzept stammt aus der Verhaltensökonomik und zielt darauf ab, Bürgerinnen und Bürger durch sanftes „Anstupsen“ zu einem bestimmten Verhalten anzuregen. Sehen sie auf ihrer Stromrechnung beispielsweise, wie viel Energie Haushalte in ihrer Nachbarschaft nutzen, kann dies dazu führen, dass sie selbst motivierter sind, Energie einzusparen. Ein weiteres Beispiel sind Energielabels für Haushaltsgeräte: Durch die kompakte Aufbereitung von Informationen zum jeweiligen Gerät sollen Verbraucher angeregt werden, mehr in energieeffiziente Produkte zu investieren.

Andor berichtete von Untersuchungen, wie Haushalte beeinflusst werden können, den Stromverbrauch zu senken, welche Beiträge sie zum Lastmanagement leisten und wie diese gleichzeitig im Energiesparen gestärkt werden könnten. Dazu gebe es sogenannte harte Instrumente, wie z.B. Steuern. Und dann eben weichere Maßnahmen, wie das Nudging – „in den USA zunehmend eingesetzt, nicht nur, aber gerade auch im Energiebereich“. Selbst gutwillige Verbraucher hätten allerdings bei der praktischen Umsetzung oft Schwierigkeiten, denn „oft folgen wir unseren eingefahrenen Gewohnheiten und wir haben nur eine begrenzte Aufmerksamkeitsspanne“.

Andor nannte als Beispiele für das Nudging die Energielabels oder den sozialen Vergleich: „Ich setze mein Energieverhalten in Vergleich zu meinem Nachbarn – in den USA sollen EVU den Stromverbrauch der Haushalte senken, dazu gibt es Dienstleistungsunternehmen, die sogenannte Home Energy Reports versenden, ‚wie viel habe ich im Vergleich zu anderen Haushalten verbraucht?‘ Wissenschaftliche Studien belegen, dass das ein wirkungsvolles Instrument ist.“ Interventionen könnten ebenfalls Effekte auf den Energieverbrauch haben, ob das gelingt, hänge von vielen Faktoren ab; von konkreter Umsetzung und den Gegebenheiten in den einzelnen Ländern. Andors Schlussfolgerung: Vor flächendeckender Einführung faktische Auswirkungen und Unterschiede prüfen – denn 2% in den USA seien immerhin 11.000 kWh, in Deutschland dagegen nur 3.000. Andor hofft zudem, dass Verbraucher mittels Smart Meter am Lastmanagement teilnehmen können; das Problem sei allerdings: In den Haushalten werde es nicht so viele Geräte geben, denn es winkten nur geringe finanzielle Anreize, derartige Geräte anzuschaffen. Dazu komme noch die Frage des Datenschutzes.

Dritte Fragerunde: Verbraucher und Energiewende – „Tiefes Misstrauen“

Anschließend diskutierten Johanna Kardel (vzbv), Andreas Löschel (Vorsitzender der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“), Christian Noll (Geschäftsführender DENEFF-Vorstand) und Peter Dabrock (Vorsitzender des Deutschen Ethikrates), über den möglichen Beitrag der Verbraucher zur Energiewende. Immerhin wird ein Viertel der Endenergie in Deutschland von Privathaushalten verbraucht. Bisherige Maßnahmen seien jedoch oft nicht effizient genug, um Verbraucher zum Energiesparen anzuregen. Dazu müssten sie stärker auf die Interessen der Bürger zugeschnitten werden, lautete eine These.

Dabrock stellte ein „tiefes Misstrauen in die politischen Entscheidungsprozesse“ im Gesamtkontext der Energiewende fest; wenn diese „nicht alle mitnimmt wächst das Misstrauen noch. Das Problem ist, dass das ein Großteil der Bevölkerung anders sieht als die, welche pro Energiewende sind. Aber Leute mitnehmen, reicht allein nicht – zu viele haben das Gefühl, abgehängt zu werden, dabei ist es egal, ob das stimmt oder nicht.“

Folgt: Vertrauen in die Wissenschaft bricht ein, wenn Versprechen nicht eingehalten werden