VW will DUH kleinkriegen

Abgas-Poker: Volkswagen nutzt immer noch Abschaltsoftware – Streitwert eine Million

Es hat absurde Züge und erinnert an die Klagepraktiken eines Donald Trump: Der hat in seinen 3.500 Prozessen den Streitwert jeweils so hochtreiben lassen, dass die Anwaltsgebühren die Gegner überforderten. So jetzt auch die Volkswagen AG: Deren Anwälte haben den Streitwert in einem Verfahren gegen einer DUH-Medienmitteilung über die betrügerischen Abschalteinrichtungen auf eine Million Euro getrieben und bringen die Deutsche Umwelthilfe damit in Existenznot: Bereits jetzt liegen die Anwaltskosten bei mehr als 100.000 Euro. Dabei legte das Klageverfahren unfreiwillig offen, dass VW in  seinen Betrugs-Dieseln selbst nach den Software-Updates weiterhin Abschalteinrichtungen nutzt.

Gilt nicht mehr: VW-Transparent ‚Wir brauchen Transparenz, Offenheit…Euch‘ – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify 11.11.2015

Im November 2015 hing am Kraftwerk des Stammwerks in Wolfsburg kurze Zeit ein Transparent: „Wir brauchen Transparenz, Offenheit, Energie und Mut. Vor allem brauchen wir Euch.“ stand da etwa 30 Meter hoch – nicht lange, denn den Verantwortlichen muss das Eigentor unfreiwilliger Komik dann doch aufgefallen sein. Doch es steht symbolisch für die zynische Tollpatschigkeit, mit der die Aktivitäten der Wolfsburger am besten zu beschreiben sind.

Nun hat das Landgericht Düsseldorf mit Urteil vom 31.05.2017 (12 O 68/17) der DUH untersagt, ihre Medienmitteilung vom 14.03.2017 über die Emissionswerte des Volkswagen Golf Diesel Euro 5 weiter zu verbreiten. Die Deutsche Umwelthilfe e.V. dürfe nicht den Eindruck erwecken, so das Gericht, die für den Golf Diesel im realen Fahrbetrieb ermittelten Emissionswerte zeigten, dass die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte nicht eingehalten würden. (Doch genau das ist der Fall).

VW hatte im März 2017 eine einstweilige Verfügung gegen die Pressemitteilung erwirkt. Gegenstand der Mitteilung war eine Überprüfung der Stickoxide eines von der VW AG in der Folge des Abgas-Skandals nachgerüsteten VW Golf VI Variant. Das Landgericht Düsseldorf entschied, „der verständige Leser“ verstehe die DUH-Mitteilung so, dass die beim Golf Diesel im echten Fahrbetrieb ermittelten Emissionswerte trotz Software-Nachrüstung nicht die gesetzliche Grenze der Emissionen einhielten.

[note Gericht ignoriert Realität – „Nach Auffassung des Landgerichts ist dieser Eindruck falsch. Es handele sich um eine unwahre Tatsachenbehauptung der Deutschen Umwelthilfe e.V., die sie zu unterlassen habe. Im Einzelnen setzt sich das Gericht mit zehn Aussagen aus der Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe e.V. vom 14.03.2017 auseinander. In der Gesamtschau, also im Zusammenhang der gesamten Pressemitteilung, erweckten die Aussagen beim unvoreingenommenen Leser einen falschen Eindruck und griffen damit rechtswidrig in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Volkswagen AG ein. Die Deutsche Umwelthilfe e.V. könne sich nicht auf freie Meinungsäußerung berufen. Denn der mit der Pressemitteilung erweckte Eindruck ‚Nichteinhaltung der gesetzlichen Grenzwerte‘ sei unwahr. Grenzwerte für Stickoxide seien in der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 geregelt. Danach seien die Emissionsgrenzwerte unter Laborbedingungen und nicht im realen Straßenverkehr zu messen. Dass zukünftig nach der Verordnung (EG) 2016/427 Emissionen im tatsächlichen Fahrbetrieb stattfinden sollen, ändere an der derzeit geltenden Gesetzeslage mit Messungen im Laborbetrieb nichts. Das Urteil ist nicht rechtskräftig; die Deutsche Umwelthilfe e.V. kann Berufung zum OLG Düsseldorf einlegen. Der Streitwert beträgt 1 Mio. Euro.“ (Nach juris.de)]

Die DUH hatte in ihrem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) die Stickoxidemissionen (NOx) eines mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestatteten VW Golf 6, 1.6 TDI Variant (Abgasnorm Euro 5) vor und nach dem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verordneten Software-Update auf der Straße gemessen. Die Ergebnisse gab die DUH in der Pressemeldung am 14.03.2017 bekannt. Vor dem Werkstattbesuch lag der NOx-Ausstoß bei 964 mg/km, nach dem Update lagen die NOx-Werte immer noch bei 602 mg/km. Der Euro 5 Grenzwert im Typprüfverfahren liegt bei 180 mg NOx/km.

[note „DUH darf weiterhin auf die hohen NOx-Emissionen  eines VW Golf Diesel nach dem Software-Update hinweisen, nicht aber den Eindruck erwecken, dass die Emissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden. So lange diese Verfügung besteht, ist die DUH in ihrer Arbeit daran gehindert, diese erschreckend hohen Stickoxid-Emissionen von VW-Betrugsdiesel nach dem Softwareupdate zu bewerten und Aussagen zur Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit zu tätigen.“ (DUH-Mitteilung)]

Gericht lässt nur Laborwerte gelten

Die DUH hat daraus den Schluss gezogen, die erteilte Typgenehmigung sei unrechtmäßig. Das Landgericht ist demgegenüber der Auffassung, dass es sich bei diesen rechtlichen Bewertungen um unwahre Tatsachenäußerungen handele. Die Grenzwerte seien nur auf dem Prüfstand einzuhalten. Ein anderer Eindruck dürfe nicht erweckt werden. Dies ist schon deshalb überraschend, weil die DUH gleich mehrere juristische Veröffentlichungen vorlegen konnte, die bestätigen, dass die von der DUH vertretene Auffassung (nach denen die Werte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch unter normalen Betriebsbedingungen einzuhalten sind) zutreffend ist.

Folgt: DUH wird umgehend Berufung einlegen