Energiewende ok – Kosten ungerecht verteilt

Wissenschaftler der Universität Kassel untersuchen Akzeptanz der Energiewende

Die Deutschen sind mit den Zielen und Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende mehrheitlich zufrieden, sehen jedoch Probleme bei der Verteilung der Kosten. Das ist das Ergebnis zweier Studien des Fachgebiets für Empirische Wirtschaftsforschung der Universität Kassel, die am 29.01.2018 veröffentlicht wurden. Dabei fördern die Autoren auch neue Erkenntnisse über die Haltung der Kritiker der Energiewende zutage.

Verfasst wurden die Studien von Andreas Ziegler, Professor für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Kassel, und Elke Groh, Mitarbeiterin am Fachgebiet. Ein bereits bekanntes Ergebnis: Die Kernmaßnahmen der Energiewende sind in der Bevölkerung mehrheitlich akzeptiert. Dies gilt insbesondere für die Förderung erneuerbarer Energien und den Atomausstieg. Erstmals untersucht haben die beiden Kasseler Ökonomen die Faktoren für die Zustimmung der Maßnahmen: Relevant sind soziale und politische Werte, aber auch ökonomische Vor- und Nachteile der Verbraucher.

Besonders die insgesamt geringe Abneigung gegen den Atomausstieg sei von politischen Werten abhängig: Bürger mit liberalen oder konservativen Ansichten lehnten den Atomausstieg überdurchschnittlich häufig ab. Solche mit „grünen“ oder sozialen Ansichten befürworteten ihn dagegen deutlich häufiger. Gleiches gelte für Personen, welche die Energiewende nicht unbedingt mit höheren Stromkosten verbänden. Eine völlig neue Erkenntnis sei, dass die meisten Verbraucher in jedem Fall mit steigenden Energiepreisen rechneten – selbst in dem hypothetischen Fall, die Energiewende würde nicht umgesetzt.

Widersprüchliche Haltungen gebe es bei der Finanzierung der Energiewende. Ein Großteil der Bundesbürger finde die Kostenverteilung unfair. Diese folge grundsätzlich dem Verursacher-Prinzip, das Verbraucher mit hohem Schadstoff-Ausstoß stärker zur Kasse bittet. Gleichzeitig befürworteten die meisten Befragten dieses Verursacher-Prinzip aber gegenüber anderen Verteilungsprinzipien, etwa dem Egalitäts-Prinzip (gleiche Pro-Kopf-Zahlungen) oder dem Leistungsfähigkeits-Prinzip (Haushalte mit höherem Einkommen müssen mehr zahlen).

„In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass ökonomisches Eigeninteresse eine dominante Rolle bei der Zustimmung oder Ablehnung einzelner Lastenverteilungsregeln spielt“, so Ziegler. Beispielsweise lehnen Haushalte mit höheren Energieausgaben häufiger das Verursacher-Prinzip ab als Haushalte mit geringeren Energieausgaben. „Diese Ergebnisse suggerieren, dass manche Argumente zur Ablehnung von Maßnahmen der Energiewende aufgrund einer ungerechten Verteilung ihrer Kosten oder gar der Gefahr von Energiearmut häufig rein strategischer Natur und nicht werteorientiert sind.“

[note Für die beiden Studien wurden mehr als 2.200 Haushalte ausführlich über ihre Meinung zur Energiewende und deren Finanzierung befragt. Die Untersuchungen sind Bestandteil des Forschungsprojektes „Soko Energiewende“, das 2013 bis 2016 vom BMFB finanziell unterstützt wurde.]

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