Energiemix der G20 „mehr braun als grün“

G20 (noch) nicht auf Kurs zu Pariser Klimazielen – Größte Problembereiche Kohle und Verkehr

Bisher kommen die G20-Staaten bei der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens nicht ausreichend voran –  der notwendige Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis 2050 würde bei Fortsetzung der schwachen Dynamik klar verfehlt. Dennoch gibt es in einigen Bereichen erste Fortschritte, die in den kommenden Jahren ausgebaut und beschleunigt werden müssten. Das sind einige Kernaussagen des am 14.11.2018 im Vorfeld des G20-Gipfels vorgestellten „Brown to Green“-Reports der internationalen Initiative Climate Transparency. Ein Resümee des Reports von Jan Burck, Referent für Klima und Energie bei Germanwatch.

Kohlerauch in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Die G20-Staaten für rund 80 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich

Die Defizite der G20-Staaten liegen auf zwei Ebenen: Zum einen reichen ihre Klimaziele noch nicht aus, um die Erderwärmung auf deutlich unter zwei oder gar auf die zur Abwendung eines gefährlichen Klimawandels empfohlenen 1,5 Grad zu begrenzen. Wenn sich alle Länder ähnlich schwache Ziele wie die bis jetzt unambitioniertesten G20-Länder Russland, Saudi-Arabien und Türkei gesetzt hätten, würde die Welt sogar auf einen Temperaturanstieg um vier bis fünf Grad zusteuern.

Lediglich Indien hat bis jetzt Klimaziele beschlossen, die dem angemessenen Beitrag des Landes zur Begrenzung der Erwärmung auf unter zwei Grad zumindest nahe kommen würden.

Zum anderen werden zu wenige der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen bisher durchgeführt – die Mehrheit der Staaten droht sogar ihre zu schwachen Klimaziele zu verfehlen. Die Emissionen der G20 sind im vergangenen Jahr erneut gestiegen. 82 Prozent ihrer Energie beziehen die G20-Staaten noch immer aus Kohle, Öl und Gas.

Deutschland nicht in Führungsrolle – in mehreren Kategorien als „schwach“ bewertet

[note Auch in Deutschland sind beide Defizite unübersehbar. Die CO2-Emissionen liegen heute sogar etwas höher als noch 2009, allein im Verkehrssektor sind sie in den vergangenen fünf Jahren um 7 Prozent gestiegen. Pro Kopf steht Deutschland bei den jährlichen CO2-Emissionen insgesamt schlechter da als der G20-Schnitt (10,5 Tonnen zu 8). Dies gilt auch bei den Pro-Kopf-Emissionen im Verkehr (2,0 zu 1,1).]

„Deutschland tut bisher deutlich zu wenig, um seine Klimaziele zu erreichen“, erklärt Jan Burck von Germanwatch, einer der Autoren der Studie. „Der Report unterstreicht die großen Schwachpunkte im Verkehr, bei den hohen CO2-Emissionen in der Stromproduktion und im Gebäudebereich bei älteren Häusern. Dort schneidet Deutschland jeweils mit der zweitschlechtesten Note „schwach“ ab. Wir benötigen vor allem eine tatsächliche Verkehrswende hin zu Verkehrsvermeidung, E-Mobilität und deutlich mehr Bus, Bahn und Fahrrad. Zudem ist ein sozialverträglicher Kohleausstieg bis zirka 2030 unumgänglich.“ Großbritannien und Frankreich seien da immerhin weiter. Sie hätten Ziele zum Ausstieg aus der Kohle und aus dem Verbrennungsmotor vorgelegt.

Zu schwach sei Deutschland auch bei den Klimazielen selbst. Burck: „Die Bundesregierung hat zwar mit dem Klimaschutzplan 2050 eine langfristige Vision vorgelegt, aber diese ist noch nicht mit den Pariser Klimazielen vereinbar.“

Doch es gebe auch in Deutschland Lichtblicke: Der Plan, dass neue Gebäude nahezu klimaneutral gebaut werden müssten, werde als sehr gut bewertet. Derzeit seien auch die Noten im Bereich Erneuerbare Energien noch gut. 34 Prozent des Stroms seien 2017 aus erneuerbaren Quellen gekommen, im G20-Schnitt seien es 24 Prozent.

„Diese Zahlen verdanken wir aber guten Ausbauzahlen aus früheren Jahren. Die jüngste Entwicklung bei Erneuerbaren Energien gibt Anlass zu großer Sorge. Zum Beispiel bricht der Ausbau der Windenergie ein – ohne Aussicht auf Besserung bis 2020“, warnt  Prof. Dr. Niklas Höhne, NewClimate Institutevom NewClimate Institute, einer der Autoren der Studie.

Kohleausstieg in Deutschland könnte Signalwirkung entfalten

Bezogen auf den gesamten Energiemix seien die G20 allerdings noch deutlich mehr braun als grün. Gerade beim Kohleausstieg hake es: Die Länder mit der höchsten Kohleabhängigkeit hätten die größten Schwierigkeiten, beim Zurückfahren der Kohleverstromung schnell voranzukommen – auch wenn erste Bemühungen erkennbar seien.

Jan Burck: „Deutschland mit seiner Kohlekommission wird derzeit international genau beobachtet: Ein ambitionierter und sozialverträglicher Ausstieg kann hier ein wichtiges Signal für andere G20-Staaten setzen.“ Der Verkehr sei der zweite große Problemsektor der G20, die CO2-Emissionen seien in den letzten fünf Jahren um gut 5 Prozent gestiegen.

„Unser Report zeigt aber auch einige Beispiele für zunehmende Dynamik auf: Südafrika will seine hohe Kohlenutzung deutlich verringern und investiert in Erneuerbare Energien, Südkorea hat ein neues Programm für Elektrofahrzeuge eingeführt und Mexiko plant ein Emissionshandelssystem. Paris hat da etwas angestoßen, aber diese Dynamik muss sich ausbreiten und verstärken“, so Dr. Gerd Leipold, Direktor der Initiative Climate Transparency und Co-Autor der Studie.

[note Hintergrund: Der „Brown to Green“-Report erscheint seit 2015 jährlich. Es ist der weltweit umfassendste Überblick über den Klimaschutz in den G20-Staaten und vergleicht diese untereinander. Er wird erstellt von der internationalen Initiative „Climate Transparency“; sie besteht aus 14 Forschungseinrichtungen und NGOs aus der Mehrheit der G20-Staaten, viele aus Schwellenländern. Der Report beruht auf den aktuellsten verfügbaren Daten (2017) und betrachtet 80 Indikatoren von Dekarbonisierung über Klimapolitik und Klimawirkungen des Finanzwesens bis hin zur Verwundbarkeit durch Folgen des Klimawandels. Aus Deutschland sind Germanwatch, Humboldt-Viadrina Governance Platform, NewClimate Institute und Climate Analytics Teil der Initiative.]

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