Klimawandel seit 1979 bekannt

Meteoriteneinschlag in Superzeitlupe

Und Leggewie zählt eine ganze Phalanx deutscher Forscher unterschiedlichster Sparten auf: Klaus Hasselmann, Gründer und langjähriger Leiter des Max-Planck-Instituts für Meteorologie und des Deutschen Klimarechenzentrums in Hamburg, Hans Joachim Schellnhuber, bis vor Kurzem Leiter des von ihm ins Leben gerufenen Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hartmut Graßl, erster Vorsitzender und langjähriges Mitglied des 1992 gegründeten Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, der die „Zwei-Grad-Grenze“ (NB: „Grenze“ nicht „Ziel“!) ins Bewusstsein hob. Leggewie: „In solchen Zirkeln verband sich wissenschaftliche Exzellenz mit gesellschaftspolitischem Engagement.“ Und trotz Töpfers, Riesenhubers und der zeitweiligen Klimakanzlerin Merkel: „Warum sind wir vier Jahrzehnte nach Genf nicht längst weiter?“

Schellnhubers Antwort, ein Bild: „Wir sitzen alle in einem Bus, da taucht am Horizont ein Phänomen namens Erderwärmung auf. 1979 ist noch die Regierung am Steuer, aufmerksame Fahrgäste weisen auf die Gefahr hin. 40 Jahre später ist diese viel näher gerückt, doch der Fahrer des Busses hat die Beine hochgelegt, die Fahrgäste schauen auf ihre Mobilgeräte und starren die Erderwärmung auf ihren Bildschirmen an.“ Ein andermal sagte er auch: Wir seien Zeugen eines „Meteoriteneinschlags in Superzeitlupe“, daher geschehe nicht wirklich etwas. Als Hauptfeinde der Klimadiskussion diagnostiziert Leggewie die Ideologie deregulierter Märkte infolge der neoliberalen Wende unter Thatcher und Reagan und die digitale Revolution. „Ein ausgeprägtes Klimabewusstsein konnte sich da, bei allen Erfolgen der Ökobewegung, nicht durchsetzen.“ Schließlich das Flüchtlings- und Migrationsthema – obwohl dessen Zusammenhang mit dem Klimawandel offenkundig sei, werde es „gern verdrängt: Ein weiterer Anstieg der Durchschnittstemperatur wird Millionen weitere Menschen in die Flucht treiben“.

Doch für Leggewie ist der schleppende Fortschritt beim Klimaschutz auch das „Ergebnis handfester Propaganda“, systematischer Desinformationskampagnen. Früh schon kamen „Klima-Skeptiker“ mit Zweifeln – oft finanziert von fossilen Industrien (Exxon Mobile gründete fast 150 „Think Tanks“ die Zweifel säen sollten), und teils spät enttarnt oder selbst bezichtigt. Die Milliardärs-Brüder Koch unterstützten die „Händler des Zweifels“ (Buchtitel von Naomi Oreskes und Erik M. Conway) – nicht ohne Wirkung auf Donald Trump und Brasiliens neuen Präsidenten Jair Bolsonaro.

Leggewie spendet abschließend einen Trost: „Dass sich nun zumindest in Teilen der Welt ein grundlegender Wandel vollziehen könnte, hat jedoch nicht nur mit den immer beunruhigenderen Prognosen zu tun. Anders als 1979, im Jahr der zweiten Ölkrise, als es den Anschein hatte, dass eine Energiewende das Ende des wirtschaftlichen Wohlstands bedeuten könnte, setzt sich heute die Erkenntnis durch, dass eine ökologische Wende auch ökonomisch gewinnbringend ist: Ein ‚grüner New Deal‘ birgt Chancen für nachhaltige Beschäftigung, für ein gutes Leben. Die nachwachsende Generation, so zeigen es die weltweiten Schülerproteste (Greta Thunbergs Reden, re.), wird sich – 40 Jahre nach Genf – nicht länger mit kurzsichtigen Argumenten abspeisen lassen.“

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