Hitze- und Dürreperioden künftig auch auf der Nordhalbkugel

Anthropogener Klimawandel verantwortlich

Ohne Klimawandel hätte es die Dürren und die großflächige Hitze des letzten Sommers nicht gegeben. Zu diesem Schluss kamen jetzt Klimaforscher der ETH Zürich. Derartige, gleichzeitig über mehrere Monate von Hitze betroffene Gebiete seien nur aufgrund des vom Menschen in Gang gesetzten Klimawandels möglich. Die ETH-Klimaforscherin Martha Vogel hat am 09.04.2019 im Rahmen einer Pressekonferenz der European Geosciences Union in Wien Beobachtungs- und Modelldaten ihrer aktuellen Studie vorgestellt.

Dürre in Deutschland 2018 – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Der vergangene Sommer bleibt vielen Menschen in Erinnerung, nicht nur in der Schweiz, sondern auch in weiten Teilen Europas, Nordamerikas und Asiens. Vielerorts war es gleichzeitig so heiß, dass Menschen an Hitzeschlägen starben, die Stromproduktion gesenkt werden musste, Straßenbeläge schmolzen und Wälder in Flammen aufgingen. Das Gravierende: Nicht nur ein Gebiet wie der Mittelmeerraum war von Hitze betroffen, sondern viele Regionen gleichzeitig, auch in den gemäßigten Breiten und dem hohen Norden.

Modelle und Beobachtungen analysiert

In dieser Studie befasste sich Vogel aus dem Team von ETH-Professorin Sonia Seneviratne mit der Hitzeperiode, die von Mai bis Juli 2018 weite Teile der Nordhalbkugel nördlich des 30. Breitengrades heimsuchte. Die Forschenden konzentrierten sich auf die Schlüsselregionen für die Landwirtschaft oder dicht besiedelte Gebiete. Außerdem untersuchten sie, wie sich großflächige Hitzewellen im Zuge der Klimaerwärmung entwickeln könnten. Dazu analysierten die Forscher beobachtungsbasierte Daten von 1958 bis 2018. Weiter simulierten sie die geografische Ausdehnung, die Hitzewellen bis Ende des Jahrhunderts bei weiter steigenden Temperaturen erreichen könnten.

Hitzefläche breitete sich massiv aus

Die Auswertung der Daten aus dem letzten Hitzesommer zeigt, dass zwischen Mai und Juli im Tagesdurchschnitt 22 Prozent der besiedelten oder landwirtschaftlich genutzten Fläche der Nordhemisphäre gleichzeitig von extrem hohen Temperaturen betroffen waren. Die Hitze betraf mindestens 17 Länder, von Kanada über die USA bis Russland, Japan und Südkorea.

 

Die Messdaten zeigten den Forscherinnen, dass solch großflächige Hitzewellen in der Nordhemisphäre erstmals 2010 auftraten, dann wieder 2012, und nun 2018. Davor jedoch registrierten die Wissenschaftler keine solch großen Gebiete, die zeitgleich von Hitze betroffen waren.

Großflächige Hitzeextreme immer wahrscheinlicher

Modellrechnungen bestätigen diesen Trend. Großflächige Hitzeextreme werden immer wahrscheinlicher, je wärmer es auf der Erde wird. Die Flächen in den landwirtschaftlichen Schlüsselregionen oder dicht besiedelten Gebieten der nördlichen Hemisphäre, die gleichzeitig von Hitze betroffen sind, werden laut Modellprojektionen um 16 Prozent pro Grad globale Temperaturerhöhung zunehmen.

Nimmt die globale Erwärmung weiter zu und erreicht 1,5 Grad Celsius mehr gegenüber der vorindustriellen Zeit, dann wird für einen Viertel der Nordhemisphäre jeder zweite Sommer so heiß wie 2018. Bei einer globalen Erwärmung von 2 Grad liegt die Wahrscheinlichkeit für so ein Hitzeereignis bei nahezu 100 Prozent. Das heißt, dass fast jedes Jahr eine Fläche wie jene von 2018 von extremer Hitze betroffen sein würde, warnen die Forscher.

„Ohne den vom Menschen angestoßenen Klimawandel wäre nicht eine so große Fläche gleichzeitig von Hitze betroffen wie in 2018“, sagt Martha Vogel. Sie findet die Tatsache, dass bei 2 Grad globaler Erwärmung fast jährlich eine solch große Fläche wie im vergangenen Sommer von Hitzeextremen betroffen sein könnten, alarmierend: „Wenn künftig mehr und mehr Flächen in landwirtschaftlichen Schlüsselregionen und dicht besiedelten Regionen gleichzeitig von Hitze betroffen sind, kann das gravierende Konsequenzen haben.“

Hitze gefährdet Ernährungssicherheit

„Sind gleichzeitig mehrere Länder von solchen Naturkatastrophen betroffen, ist keine gegenseitige Hilfe mehr möglich. Dies haben die Waldbrände 2018 in Schweden aufgezeigt: Noch konnten mehrere Länder mit Infrastruktur zur Brandbekämpfung aushelfen. Kämpfen jedoch gleichzeitig mehrere Nationen gegen große Waldbrände, dann können sie andere betroffene Länder nicht mehr unterstützen“, warnt die ETH-Professorin Sonia Seneviratne.

Kritisch könnte es auch für die Ernährungslage werden. Sind weite für die Landwirtschaft zentrale Regionen von Hitze betroffen, könnten Erträge großflächig einbrechen und Lebensmittel massiv verteuern. Dass dies keine allzu pessimistischen Annahmen sind, darauf weist die Hitzewelle von 2010 in Russland und der Ukraine hin. Damals stellte Russland den Export von Weizen komplett ein. Auf dem Weltmarkt stiegen die Weizenpreise an. In Pakistan, einer der Hauptimporteure für russischen Weizen, stieg der Weizenpreis um 16 Prozent. Weil gleichzeitig die pakistanische Regierung Verbilligungen von Lebensmitteln reduzierte, nahm gemäß einem Bericht der Hilfsorganisation Oxfam die Armut zwischenzeitlich um 1,6 Prozent zu.

„Solche Vorkommnisse lassen sich nicht auf der Ebene einzelner Länder lösen. Letztlich könnten großflächige Extremereignisse die Versorgung mit Nahrungsmitteln auch von uns hier in der Schweiz gefährden“, betont Seneviratne.

Der Klimawandel stabilisiere sich nicht, wenn wir uns nicht sehr anstrengten, warnt die Wissenschaftlerin. Im Moment steuerten wir auf eine Drei-Grad-Erwärmung zu. Das Pariser Abkommen strebe eine Obergrenze von 1,5 Grad an. „Und bereits von dem einen Grad, um das die globale Durchschnittstemperatur seit vorindustrieller Zeit gestiegen ist, sind die Konsequenzen deutlich spürbar“, warnt die ETH-Professorin.

Literaturhinweis

Vogel MM, Zscheischler J, Wartenburger R, Dee D, Seneviratne SI. Concurrent 2018 hot extremes across Northern Hemisphere due to human-induced climate change. Earth’s Future, in review.

->Quellen: