Solar-Recycling immer wichtiger

Millionen-Geschäft

Ende 2018 waren weltweit 512 Gigawatt Photovoltaik-Leistung installiert – von denen jetzt die ersten an ihr Lebensende stoßen. Bisher schätzte man die Haltbarkeit eines PV-Moduls auf 20 Jahre – wahrscheinlich sind es, je nach Produzent, mehr (Foto li.). In  jedem Fall rückt das Problem Solar-Recycling mehr und mehr in den Mittelpunkt – auch des Geschäftsinteresses. Während First Solar schon immer das Recycling seiner (CdTe-Dünnschicht-)Module selbst übernahm, müssen andere PV-Module aufwändig recycelt werden. Eine Übersicht von Solarify.

37 Jahre altes, voll funktionsfähiges PV-Modul (Siemens-Interatom) – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Als eines der ersten Unternehmen hat First Solar ein Rücknahme- und Recyclingprogramm für seine Module ins Leben gerufen, das erste, das gänzlich vorfinanziert abgewickelt wird. Besitzer von First Solar-Anlagen müssen lediglich First Solar informieren und die Module fachgerecht abbauen lassen – Abtransport und Recycling sind dann kostenlos. Laut Angaben des Unternehmens können bis zu 95 Prozent des schwermetallhaltigen Halbleitermaterials (Glas zu 90 Prozent) in einem geschlossenen Recyclingprozess zurückgewonnen und zu neuen Solarmodulen verarbeitet werden. Die Kosten für das Programm sind bereits im Verkaufspreis der Module enthalten und fließen auf ein zweckspezifisches Anlagekonto. Dadurch ist die Entsorgung der Module unabhängig von der Existenz First Solars langfristig gesichert.

Ausgediente Solarmodule (im Durchschnitt beträgt die Lebensdauer der ersten PV-Module 25-30 Jahre) gehören zur Kategorie Elektronikschrott (E-Müll). Nach vorläufigen Schätzungen lag das jährliche weltweite Volumen an Elektroschrott im Jahr 2018 bei 50 Millionen Tonnen. Der Anteil der Solarenergie am Weltmarkt steigt jedes Jahr: Bis 2019 um 18% und die Inbetriebnahme von rund 123 GW, nach den Berechnungen von IHS Markit ist die Frage der weiteren Nutzung bereits genutzter PV-Module sehr akut.

Renewable Energy

Die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) und die Internationale Energieagentur (IEA) haben 2016 einen gemeinsamen Bericht über die Strategie zur Nutzung von Solarmodulen veröffentlicht. Es wird prognostiziert, dass sich der weltweite Photovoltaik-Schrott (kumuliert) bis 2030 auf 1,7 bis 1,8 Millionen Tonnen belaufen wird, je nachdem, ob es sich um einen regulären Verlust (Module, die ihre Lebensdauer in 25-30 Jahren erreicht haben) oder um einen vorzeitigen Verlust (vorzeitig ausrangierte Module) vor Ablauf ihrer Nutzungsdauer handelt, und zwar aus einer Reihe von Gründen – Ersatz veralteter Geräte oder mechanische Beschädigungen an Panels. Bereits bis 2050 wird das Volumen ausgedienter PV-Module 60-78 Millionen Tonnen betragen.

Wenn die Menge der PV-Module mit einer Lebensdauer bis 2030 durch Recycling und Extraktion von Materialien in Bargeldäquivalente umgewandelt würde, ergäben sich gut 400 Millionen Euro. Diese Abfallmenge wiederum könnte 60 Millionen oder 18 GW neue Panels produzieren. Und bis 2050 wird sich diese Zahl auf 15 Milliarden Dollar pro Jahr erhöhen. Aus dieser Abfallmenge können 2 Milliarden PV-Module hergestellt werden, was 630 GW entspricht.

Übersicht über die Verwertung und das Recycling von PV-Modulen in den Ländern

China, die USA, Japan und die EU-Länder investieren aktiv in Forschung und Entwicklung zur Verarbeitung von Solarmodulen. Heute gibt es zwei Arten der Verarbeitung von PV-Modulen – dick und dünn (siehe Infografiken). Die erste ist die Extraktion der Hauptmaterialien des Moduls – Aluminium, Kupfer, Glas, aber Kunststoff wird einfach verbrannt. Mit der Feinbearbeitung ist es möglich, alle chemischen Elemente zu entfernen. Die Solarmodule beinhalten Rohstoffe, die wiederverwendet werden können. So ist das kristalline Siliziumpanel in einem Prozentverhältnis von 76% Glas, 10% polymeren Materialien, 8% Aluminium, 5% Siliziumhalbleitern, 1% Kupfer, weniger als 0,1% Silber, Zinn und Blei. Die Basis der Dünnschichtmodule sind 89% (CIGS) und 97% (CdTe) Glas.

Um in Europa ein freiwilliges branchenweites Rücknahme- und Recycling-Programm für Altmodule einzurichten, gründeten im Juli 2007 acht Unternehmen der PV-Industrie den Verband PV CYCLE. Mit mehr als fünf Dutzend Mitgliedern repräsentiert er inzwischen etwa 85% des europäischen PV-Marktes. PV CYCLE verpflichtet sich, PV-Abfälle kostenfrei zurückzunehmen und zu entsorgen. PV-Module sollen mindestens 25 Jahre lang saubere Energie liefern. Da die ersten größeren PV-Anlagen Anfang der Neunziger installiert wurden, erreicht allmählich eine beträchtliche Menge an PV-Modulen das Ende ihres Lebenszyklus. Die Vorgabe lautet, mindestens 65% aller Altmodule, die abgebaut werden, zu sammeln und daraus 85% oder mehr der wertvollen Stoffe wie Glas, Aluminium und Halbleitermaterialien zurückzugewinnen (nach bine.info/recycling-von-photovoltaik-modulen).

hat im SPIEGEL vom 30.04.2018 neue Recycling-Methoden vorgestellt: Weil die meisten PV-Altmodule sehr verschmutzt seien, würden sie in Müllverbrennungsanlagen entsorgt. Damit seien die wertvollen Bestandteile aber verloren. Das wolle eine Gruppe aus dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und dem Entsorger Suez ändern: „Wir haben einen Reaktor entwickelt, in dem sich die Metalle und das Silizium sauber von den Kunststoffen lösen lassen, sodass sie recycelt werden können“, sagt Projektleiter Oliver Grimm, Geschäftsführer von Suez Süd.

Von Mai 2016 bis August 2018 widmete sich das industrie- und IGB-getriebene EU-Projekt ELSi (Industrial scale recovery and reuse of all materials from end life silicon-based photovoltaic modules) im Rahmen seiner zweijährigen Projektlaufzeit genau dieser Herausforderung. ELSi ist ein Förderprojekt der Pilotmaßnahme „Fast track to Innovation“. Mit dem Fraunhofer IGB als Forschungspartner erarbeitete das ELSi-Team einen Ansatz zur Rückgewinnung und Wiederverwertung aller Materialien aus siliziumbasierten Photovoltaik-Modulen im Industriemaßstab. Das ELSi-Projekt demonstrierte ein vollständiges Recyclingsystem, um damit eine angemessene Entsorgung von PV-Modulen und die Rückgewinnung werthaltiger Materialien zu ermöglichen.

Die IGB-Suez-Anlage ähnelt laut Diermann „einem großen Backofen, in den die Module wie Backbleche hinein geschoben werden. Darin werden sie unter Sauerstoffabschluss und hohem Druck aufgeheizt, damit sich die Kunststoffe zu Gas – Methan, Propan und Butan – auflösen. Übrig bleiben Silizium und Metalle, die wiederverwertet werden können. Die Experten erproben ihr Konzept derzeit in einer Pilotanlage im schwäbischen Knittlingen.“ Eine Großanlage soll bald 200.000 Module pro Jahr recyclen können. Die aktuelle, laut Suez weltweit einzigartige Pilotanlage sei so konzipiert, dass mehr als 90 % aller enthaltenen Materialien zurückgewonnen würden. „Die Zahl der zu verwertenden Altmodule werden unseren Schätzungen zufolge alleine in Deutschland bis 2026 auf 50.000 t/a steigen und sich bis 2040 noch einmal auf 200.000 t vervierfachen“, sagt Suez-Deutschland Geschäftsführer Herman Snellink.

Einzelne Zellen austauschen statt Modul wegwerfen

Diermann schildert im SPIEGEL noch einen anderen Aspekt: Wenn Module ausrangiert würden, seien oft nur ein oder zwei kaputte Solarzellen schuld – schon das lasse den Stromertrag spürbar absinken. Also besser diese Zellen austauschen, statt gleich das ganze Modul zu entsorgen. Das hätten Forscher der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in Gießen untersucht: „Dazu haben sie die rückseitigen Kunststofffolien mit einem Sägedraht aufgetrennt, die defekten Zellen entfernt, neue eingesetzt und diese mit den anderen Zellen verbunden. ‚Was die Wirtschaftlichkeit angeht, sind wir ernüchtert‘, sagt Weigand. Auch, weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz keinerlei Anreize für den Austausch defekter Zellen gibt.“

Das Unternehmen Veolia hat schon im Sommer 2018 ein Recycling-Werk für ausrangierte Solarmodule im südfranzösischen Rousset nahe Marseille eröffnet. Laut Nachrichtenagentur Reuters hat das neue Werk einen Vertrag mit der Solarindustrie-Recyclingorganisation PV Cycle France abgeschlossen, um 2018 rund 1.300 Tonnen Solarmodule zu recyceln – das wären praktisch alle Solarmodule, die in diesem Jahr in Frankreich anfallen, wie Nicole Allé am 29.06.2018 für das Portal energiezukunft schrieb. Bis 2022 rechne man mit einem Volumen von etwa 4.000 Tonnen. Es sei das erste Recyclingwerk dieser Größe ausschließlich für Solarpanels in Europa und es soll laut Veolia zum Prototyp für solche Anlagen werden.

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