Täglich 15 Fußballfelder Wald abgeholzt

70% der Unternehmen schweigen über Auswirkungen auf Wälder

Ein am 16.07.2019 veröffentlichter neuer Bericht der Umweltorganisation CDP (früher Carbon Disclosure Project) stellt fest, dass 70% von 1.500 Unternehmen mit hohen Waldbelastungen 2028 keine Daten über ihre Auswirkungen auf die globale Entwaldung lieferten – darunter wichtige Marken wie Dominos, Mondelez, Next und Sports Direct sowie der globale Lebensmittelkonzern Mondelez und sein Palmöl-Lieferant Rimbunan Hijau Group, das größte Palmölunternehmen in der Regenwaldregion Sarawak, Malaysia. Von den 306, die Daten gemeldet haben, unternehmen 24% keine oder nur unzureichende Schritte zur Bekämpfung oder Verringerung der Entwaldung.

Stattdessen meldeten Unternehmen mehr als 27 Milliarden Euro Verluste aufgrund von Entwaldungsrisiken wie Markenschäden und Ernteausfälle. Viele berichten aber auch von forstwirtschaftlichen Geschäftsmöglichkeiten im Wert von 24 Milliarden Euro, wie etwa der Steigerung des Markenwerts durch nachhaltige Produkte.

The Money Trees – Titel © CDP

Mehr als1.500 Unternehmen, die nach Ansicht von Investoren und großen Einkaufsorganisationen erhebliche Auswirkungen auf die Entwaldung haben oder anfällig für Entwaldungsrisiken sind, wurden 2018 von Investoren und großen Einkaufsorganisationen aufgefordert, Walddaten über die Berichtsplattform des CDP offenzulegen, aber 70% haben dies nicht getan. Die Unternehmen waren aufgefordert worden, über vier Rohstoffe im Zusammenhang mit der Entwaldung zu berichten: Holz, Palmöl, Rinder und Soja.

Mehr als 350 Unternehmen haben es in den vergangenen drei Jahren (2018-2016) abgelehnt, zu reagieren. Diese Unternehmen nutzen Rohstoffe, welche die Entwaldung vorantreiben, zum Beispiel durch den Einkauf von Palmöl zur Produktion von Schokolade, Leder für Schuhe, Papier für Pizzakisten und Holz für Möbel – die Wälder werden für Viehzucht, Plantagen oder Landwirtschaft gerodet.

Der neue Bericht des CDP unter dem Titel The Money Trees (die Geldbäume) stellt fest, dass die Transparenz der Unternehmen in Bezug auf den Wald (30 % Offenlegungsquote im Jahr 2018) hinter anderen Umweltfragen wie Klimawandel und Wassersicherheit zurückbleibt (beide 43 %). Dies trotz erheblicher Risiken für die Wirtschaft durch Abholzung, die ökologische Bedeutung der Wälder und die Rolle, die sie bei der Bewältigung des Klimawandels spielen müssen, sowie das gestiegene Umweltbeeusstsein bei Investoren, Käufern und Verbrauchern.

Morgan Gillespy, Global Director of Forests bei CDP, kommentierte: „Das Schweigen ist ohrenbetäubend, wenn es um die Reaktion des Unternehmens auf die Entwaldung geht. Zu lange haben Unternehmen die Auswirkungen ihrer Lieferketten auf die Wälder der Welt ignoriert und die damit verbundenen Risiken nicht ernst genommen – sowohl für ihr Geschäft als auch für die Welt. Die Umweltbelastung ist auf einem historischen Höchststand, und die Unternehmen werden aufgefordert, sich transparent zu verhalten und entschlossene Maßnahmen zum Schutz der Wälder zu ergreifen. Die Verbraucher wollen immer mehr wissen, dass ihr Warenkorb nicht die Zerstörung des Amazonas, das Aussterben der Orang-Utans und die Klimakrise vorantreibt. Unternehmen, die ihren Marktanteil halten wollen, müssen die Aufrufe ihrer Kunden, Investoren und Verbraucher hören – oder sie könnten mit einer Gegenreaktion rechnen. Unternehmen sagen uns bereits, dass das Reputationsrisiko das Hauptrisiko ist, das sie in der Entwaldung sehen, und dies wird wahrscheinlich immer deutlicher werden, wenn sich nachhaltige Konsumtrends fortsetzen und sich die Märkte verschieben“.

Insgesamt 306 Unternehmen gaben im Jahr 2018 Walddaten an das CDP weiter und berichteten über ihre Beschaffung von Holz, Palmöl, Rindern und/oder Soja und die Maßnahmen zur Reduzierung der Entwaldung in ihren Lieferketten. Analysiert man die Reaktionen dieser Unternehmen, so stellt der Bericht fest, dass das Ausmaß der Maßnahmen zur Lösung des Problems der Entwaldung unzureichend ist – und das, obwohl die Schädigung des Markenimages durch Verknüpfungen mit der Entwaldung das am häufigsten genannte Risiko im Bericht ist.

Rund ein Viertel (24%) der Unternehmen ergreifen entweder keine oder nur begrenzte Maßnahmen gegen die Entwaldung, indem sie sich beispielsweise auf nur eine Ware statt auf alle Waren innerhalb ihrer Lieferkette konzentrieren. Die Daten zeigen auch, dass über ein Drittel der Unternehmen noch nicht mit ihren Lieferanten zusammenarbeiten, um die Entwaldung zu reduzieren. Dies ist eine kritische Lücke, da die Entwaldung fast immer ein Problem der Lieferkette ist, es sei denn, das Unternehmen ist direkter Produzent.

Die potenziellen Verluste aufgrund der Auswirkungen von Entwaldungsrisiken sind aber nur die Spitze des Eisbergs, denn nur rund ein Viertel der Unternehmen meldeten Finanzzahlen über potenzielle Verluste. Die Daten zeigen auch, dass fast ein Drittel der Unternehmen nicht einmal forstwirtschaftliche Aspekte in ihre Risikobewertungen einbeziehen. Unter den Unternehmen, die dies tun, sehen jedoch fast alle (92%) erhebliche Risiken, was darauf hindeutet, dass die mit der Entwaldung verbundenen Geschäftsrisiken und finanziellen Auswirkungen nicht vollständig erfasst sind.

Fast 450 Unternehmen¹ und mehr als 50 Regierungen² haben sich verpflichtet, die Entwaldung bis 2020 zu beenden, aber die Maßnahmen der Industrie reichten bisher nicht aus, um das zu erreichen, wobei die Unternehmen kürzlich öffentlich erklärt haben, dass diese Frist verpasst³ wird. Der weltweite Waldverlust geht mit einer Rate von 5 Millionen Hektar pro Jahr oder 15 Fußballfeldern pro Minute4 weiter. Die Kehrtwende ist unerlässlich, um der Klimakrise zu begegnen, denn der Sonderbericht des IPCC über 1,5° C betont die Notwendigkeit, Wälder als Kohlenstoffsenken zu nutzen.

Dennoch zeigen CDP-Daten, dass 83% der Unternehmensziele für die Entwaldung Ende 2020 erreicht wurden und nur 14% darüber hinausgehen, was das Risiko birgt, dass unternehmerische Maßnahmen zur Entwaldung im nächsten Jahr ausfallen.

Der Bericht des CDP stellt jedoch auch fest, dass es einige führende Unternehmen gibt, die zahlreiche Maßnahmen umsetzen, darunter die Zusammenarbeit mit ihren Lieferanten zum Schutz der Wälder. So sind beispielsweise der globale Kosmetikriese L’Oréal und der deutsche Konsumgüterhersteller Beiersdorf AG führend bei der nachhaltigen Beschaffung von Palmöl. Um seine Lieferanten zu ermutigen, ihren Waldbestand zu bewirtschaften, hat L’Oréal einen Sustainable Palm Index entwickelt, um die Verpflichtungen und Erfolge der Lieferanten bei der Bekämpfung der Entwaldung zu bewerten. So  zeigen die CDP-Daten dass für die Unternehmen, die bereit sind, die bereit sind, das Steuer herumzureißen, große Chancen bestehen.

Gillespy fügte hinzu: „Unsere Daten zeigen, dass die Unternehmen nicht genug tun, um die Entwaldung zu beenden. In der Zwischenzeit könnten die Hunderte von Unternehmen, die nicht über CDP veröffentlicht und daher in diesem Bericht nicht analysiert wurden, lukrative Chancen verpassen. Sie könnten auch auf einer Blackbox von Risiken sitzen, die ihre Investoren, Kunden und Endverbraucher nicht kennen, aber zunehmend Transparenz verlangen“.

Anmerkungen:

1 Donofrio S., Rothrock P., Leonard, J. Forest Trends for Supply Change. (2017). Tracking Corporate Commitments to Deforestation-Free Supply Chains. Available at: www.forest trends.org/documents/files/doc_5521.pdf#

2 https://nydfglobalplatform.org/about-2/

3 Donofrio S., Rothrock P., Leonard, J. Forest Trends for Supply Change. (2017). Tracking Corporate Commitments to Deforestation-Free Supply Chains. Available at: www.forest trends.org/documents/files/doc_5521.pdf#

4 Calculated from Curtis, P.G. et al. (2018). Classifying drivers of global forest loss. Science 361:1108-1111. DOI: 10.1126/science.aau3445

->Quellen: