Welt: Solar-Abfall wird zum Problem – wirklich?

„Deutschland hat ein 200.000 Tonnen schweres Solarmüll-Problem“ – Solarify mit Übersicht übers PV-Recycling

Erstaunlicherweise lief der Beitrag der Welt unter der Rubrik „Finanzen/Immobilien/Geld“, allerdings mit leicht angestaubten Zahlen (die ihrerseits weder auf der Webseite des Umweltministeriums noch sonstwo im Internet zu finden sind): “ Je mehr Photovoltaik-Anlagen auf deutschen Dächern liegen, umso mehr werden auch entsorgt. Jüngsten Zahlen des Bundesumweltministeriums zufolge sind 2016 allein aus privaten Haushalten 9167 Tonnen Photovoltaik-Müll angefallen“. In Wirklichkeit wartet ein Mega-Markt.

Die Welt schildert den Ablauf: „Wenn die Kristalle nur eines einzigen Solarmoduls weniger leisten als sonst, sinkt sofort die Gesamtausbeute. Die meisten Nutzer tauschen dann gleich die ganze Anlage aus. Schließlich sind neuere Anlagen günstig, die nächste Modulgeneration liefert mehr.“ Die abgeschraubte Anlage wird – so die Welt – „geschreddert“. Die Zahlen stiegen nicht nur deshalb so drastisch, weil intakte Anlagen entsorgt werden, sondern auch, weil die hierzulande in den Neunzigerjahren installierten Anlagen an ihr Lebensende kämen. „Und doch“, meint die Welt: „Der Großteil des Solarschrotts müsste nicht anfallen…“ Warum sie das meint, liegt aber hinter der Bezahlschranke…

37 Jahre altes, voll funktionsfähiges PV-Modul (Siemens-Interatom) – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Solarify hat bereits vor mehr als einem Jahr unter dem Titel „Millionengeschäft“ eine Übersicht darüber zusammengestellt, wie sich der Recycling-Markt entwickelt – hier ein Update: Ende 2018 waren weltweit 512 GW PV-Leistung installiert. Bisher schätzte man die Haltbarkeit eines PV-Moduls auf 20 Jahre – wahrscheinlich sind es, je nach Produzent, mehr (Foto li. – s.u.). In  jedem Fall rückt das Problem Solar-Recycling mehr und mehr in den Mittelpunkt – auch des Geschäftsinteresses. Während First Solar schon immer das Recycling seiner (CdTe-Dünnschicht-)Module selbst übernahm, müssen andere PV-Module aufwändig recycelt werden.

Aus dem IBC-Blog

Schon im April 2018 beschäftigte sich der IBC-Blog unter der Titelzeile „Recycling: Die Module müssen vom Dach – und nun?“ mit dem Rcycling von PV-Modulen: „Manchmal müssen Panele endgültig vom Dach, beispielsweise weil sie beschädigt sind.“ Module seien kein Sondermüll: „Gegner der Solarenergie tischen immer mal wieder das Märchen von den Modulen als Sondermüll auf, aber das gehört ganz klar ins Reich der Legenden. Mono- und polykristalline Solarmodule, können natürlich recycelt werden. Wertvolle Grundstoffe wie Glas, Aluminium und Halbleitermaterialien bleiben somit erhalten. Dies trägt zu einer positiven Umweltbilanz bei, indem Abfall vermieden und zugleich bei der Produktion von Modulen Energie eingespart wird. Eine komplett recycelte Anlage kann eine Wiederverwertung von 95 Prozent der eingesetzten Materialien erbringen.“ Gesetzlich sei das Recycling von Solarmodulen im Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) geregelt –  die deutsche Umsetzung der WEEE-Richtlinie der EU für alle elektrischen Altgeräte. Seit 2015 fallen darunter auch PV-Module.

Veolia gründet Europas größte PV-Recycling-Anlage

Veolia-Frankreich hat im Juni 2018 im südfranzösischen Rousset nahe Marseille das größte Recycling-Werk Europas für ausrangierte Solarmodule eröffnet. 2018 sollen rund 1.300 Tonnen Solarmodule recycelt werden; bis zum Jahr 2022 rechne man mit einem Volumen von etwa 4.000 t. Die Solarbranche hatte in den vergangenen Jahren mit PV Cycle*) ein eigenes Rücknahmesystem aufgebaut. In einem solchen Recyclingverfahren werden die Solarplatten zerlegt, Glas, Aluminium, Silber, Silizium, Kunststoff und Kupfer getrennt und teilweise zu neuen Solarpanels verarbeitet. Laut dem IRENA-Bericht End-of-Life Management und des IEA-Photovoltaik-Programms (PVPS) kann durch das Recyceln oder Wiederverwenden von PV-Modulen am Ende ihrer rund 30-jährigen Lebensdauer ein großer Bestand an Rohstoffen und anderen wertvollen Komponenten wieder erschlossen werden.

*)Um in Europa ein freiwilliges branchenweites Rücknahme- und Recycling-Programm für Altmodule einzurichten, gründeten bereits im Juli 2007 acht Unternehmen der PV-Industrie den Verband PV CYCLE. Mit mehr als fünf Dutzend Mitgliedern repräsentiert er inzwischen etwa 85% des europäischen PV-Marktes. PV CYCLE verpflichtet sich, PV-Abfälle kostenfrei zurückzunehmen und zu entsorgen. PV-Module sollen mindestens 25 Jahre lang saubere Energie liefern. Da die ersten größeren PV-Anlagen Anfang der Neunziger installiert wurden, erreicht allmählich eine beträchtliche Menge an PV-Modulen das Ende ihres Lebenszyklus. Die Vorgabe lautet, mindestens 65% aller Altmodule, die abgebaut werden, zu sammeln und daraus 85% oder mehr der wertvollen Stoffe wie Glas, Aluminium und Halbleitermaterialien zurückzugewinnen (nach bine.info/recycling-von-photovoltaik-modulen).

Eine Pilot-Anlage des Fraunhofer-IGB-(Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik)-getriebenen EU-Projekts ELSi (Industrial scale recovery and reuse of all materials from end life silicon-based photovoltaic modules) von Suez (August 2018) ähnelt einem großen Backofen, in den die Module hineingeschoben und unter Sauerstoffabschluss und hohem Druck aufgeheizt werden, damit sich die Kunststoffe zu Gas – Methan, Propan und Butan – auflösen. Übrig bleiben Silizium und Metalle, die wiederverwertet werden können. Eine Großanlage soll bald 200.000 Module pro Jahr recyclen können. Die aktuelle, laut Suez weltweit einzigartige Pilotanlage sei so konzipiert, dass mehr als 90 % aller enthaltenen Materialien zurückgewonnen würden. Die Zahl der zu verwertenden Altmodule werde nach Suez-Schätzungen allein in Deutschland bis 2026 auf 50.000 t/a steigen und sich bis 2040 noch einmal auf 200.000 t vervierfachen.

270-Mio-Euro-Markt – 35% Wachstum erwartet

Der US-Markt für solares Recycling-Management wird nach Expertenschätzungen von Global Markets Insight in naher Zukunft voraussichtlich ein robustes Wachstum verzeichnen, meldet das Intelligence Journal. Die steigende Akzeptanz von Solarmodulen sowie Regelungen zur Förderung des Solarzellenrecyclings werden die regionalen Anteile erhöhen. Der wachsende PV-Zubau in Verbindung mit strengen staatlichen Vorschriften für eine effektive Entsorgung von Solarzellen wird die Branchentrends in den kommenden Jahren vorantreiben. So dürften beispielsweise günstige Initiativen europäischer Regierungen wie der Photovoltaikzyklus (PVC) enorme Investitionen für die Installation von PV-Modulen ermöglichen. Die PV Cycle Association verwaltet auch die Einhaltung der Gesetze für Entsorgungs- und Recyclingunternehmen auf der ganzen Welt. In Bezug auf die Haltbarkeit könne der Recycling-Management-Markt für Solarmodule in Früh- und Normalverluste unterteilt werden. Während die reguläre Haltbarkeit von Solarmodulen auf 30 Jahre geschätzt werde, müssen viele von ihnen aufgrund von Wartungsarbeiten und damit zusammenhängenden Problemen deaktiviert werden. Es wird erwartet, dass der Marktanteil des Solarmodul-Recycling-Managements bei normalen Verlusten bis 2024 mehr als 270 Millionen Euro betragen und dass der Anteil der Industrie an den frühen Verlusten zwischen 2016 und 2024 eine gesunde Wachstumsrate von mehr als 35% erreichen wird.

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