Neun grüne Energieminister fordern Solarenergie-Ausbau

Brandbrief an Altmaier für mehr Photovoltaik

Die Energieminister und Senatoren der Grünen aus neun Bundesländern fordern von der Bundesregierung, dass der Photovoltaik-Ausbau sowohl in den Städten als auch auf dem Land durch geeignete Maßnahmen endlich vorangebracht werden muss, berichtet Sandra Enkhardt am 26.08.2019 in pv magazine. In einem Brandbrief an ihren Bundeskollegen Peter Altmaier (CDU) fordern die Landesminister, den weiteren Ausbau der Solarenergie und die versprochene Reform des Photovoltaik-Mieterstroms und weiterer energierechtlicher Vorgaben endlich anzugehen.

PV-Park in Mittelfranken – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Zugleich bieten sie Altmaier und der Bundesregierung, ihre Unterstützung an, den nächsten Schritt der Energiewende zu gehen. „Die Energiewende ist noch lange nicht an ihrem Ziel einer nachhaltigen Energieversorgung angelangt“, heißt es in dem Brief, den die Ressortchefs von Thüringen, Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen-Anhalt, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein unterzeichneten. Zuvor hatten die Zeitungen der Mediengruppe Thüringen darüber berichtet.

Der Brief unter dem Titel „Stärkung der Photovoltaik im ländlichen Raum und in den Städten“ fordert, endlich Maßnahmen zu ergreifen, die den Photovoltaik-Ausbau für die Fläche, aber vor allem auch in den Städten voranbringt. „Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier, die vor uns liegenden Monate sind als ‚Herbst der energiepolitischen Entscheidungen‘ angekündigt. Wir hoffen, dass darunter auch solche sind, die Fortschritte für den Ausbau der Photovoltaik bringen. Die Unterzeichnenden bieten Ihnen dafür gern eine enge Zusammenarbeit an“, heißt es am Ende des Briefes, der pv magazine vorliegt. Dem Brief haben die Minister und Senatoren ein siebenseitiges Positionspapier beigefügt, in denen sie verschiedene Forderungen aufstellen.

Die Reformvorschläge, die Altmaier für den Herbst angekündigt hat, müssten darauf ausgelegt sein, den Photovoltaik-Mieterstrom zu stärken. Beschränkungen bei der Größe der Photovoltaik-Anlagen müssten fallen und zugleich auch Quartierslösungen ermöglicht werden, die auch Gewerbegebäude nicht ausschließen. Die Grünen sprechen sich auch für die Aufhebung des bestehenden Deckels von jährlich 500 Megawatt aus, auch wenn dieser seit Einführung des Gesetzes im Sommer 2017 nicht mal annäherungsweise erreicht wurde.

Die grünen Landesminister plädieren zudem für eigene Ausschreibungen für Photovoltaik-Dachanlagen. Bisher müssen alle Projekte mit mehr als 750 Kilowatt Leistung mit Freiflächenanlagen in den Ausschreibungen um Zuschläge konkurrieren und kommen dabei kaum zum Zug. Zugleich fordern die Grünen-Politiker, dass es ähnlich zu Windparks auch für Photovoltaik-Freiflächenanlagen planungsrechtliche Erleichterungen im Baurecht gelten sollten. Zudem sollten auch Solarparks unter 750 Kilowatt auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten erlaubt werden. Darüber hinaus wird auch eine Förderung der Agro-Photovoltaik-Projekte gefordert. Dazu müssten die Regeln zur Flächeninanspruchnahme überarbeitet werden, schreiben die grünen Minister und Senatoren. Um die Bereitschaft der Kommunen für die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen zu steigern, sollten diese davon partizipieren können. Damit ließen sich Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen.

In dem Brief fordern die Politiker also eine rasche Anpassung der restriktiven Rahmenbedingungen für die Photovoltaik. Während verschiedene Deckelungen erwähnt und deren Abschaffung gefordert werden – wie die verschiedenen Begrenzungen beim Mieterstrom –  findet der 52-Gigawatt-Deckel für die Photovoltaik keine explizite Erwähnung. Nach Ansicht von verschiedenen Experten könnte diese Grenze bereits im Laufe des nächsten Jahres erreicht werden und damit die komplette Solarförderung für alle Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt aus dem EEG entfallen. Hier hatte das Bundeswirtschaftsministerium gegenüber pv magazine zuletzt Handlungsbedarf eingeräumt, ohne dies jedoch zu konkretisieren.

Brandbrief der Umwelt- und Energieminister wegen Photovoltaik

Die Initiative für den Brandbrief ist von der Berliner Energiesenatorin Ramona Pop ausgegangen, wie es aus ihrem Haus hieß. „Wenn wir die Klimaziele erreichen und den Kohleausstieg stemmen wollen, müssen wir den Anteil der Erneuerbaren bei der Stromerzeugung in nur elf Jahren verdoppeln. Dazu muss die Solarenergie einen viel höheren Stellenwert erhalten. Vor allem in den Städten liegt viel Potenzial“, erklärte Pop auf Anfrage von pv magazine. Sie betonte nochmal, dass die grünen Politiker bereit stünden, um mit der Bundesregierung am nächsten Schritt der Energiewende zu arbeiten und konkrete Verschläge für eine verbesserte Photovoltaik-Förderung unterbreitet haben. „Der Mieterstrom wird aktuell durch Bürokratie und unnötige Beschränkungen klein gehalten. Wir brauchen Quartierslösungen und die Möglichkeit auch Gewerbeimmobilien zu nutzen“, so Pop weiter.

Ihr grüner Amtskollege aus Baden-Württemberg, Franz Untersteller, erklärte, dass die Bundesregierung derzeit zu wenig Anstrengungen für einen verstärkten Zubau der Photovoltaik unternehme, der zum Schutz des Klimas aber gebraucht werden. „Mit unserem Papier zeigen wir Lösungen auf, den PV-Ausbau zu beschleunigen und zu verstärken. Ich hoffe, dass Minister Altmaier unser Dialogangebot aufnimmt und offen ist für unsere konkreten Vorschläge“, erklärte Untersteller auf Anfrage von pv magazine.

Im Wortlaut – der Brief

Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
die Bundeskanzlerin hat sich vor dem Petersburger Klimadialog zum Ziel der „Treibhausgasneutralität“ bekannt. Die Bundesregierung selbst strebt an, die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 auf 65 Prozent zu steigern. Wir unterstützen Sie bei diesen Bemühungen und bieten Ihnen gern eine intensive Zusammenarbeit an. Mit diesem Schreiben wollen wir Ihnen Vorschläge unterbreiten, wie insbesondere die Potentiale der Photovoltaik im ländlichen Raum und in den Städten besser genutzt und bisher restriktive Rahmenbedingungen überarbeitet werden können.
Die jüngst beschlossene Einführung von Sonderausschreibungen für (Onshore-)Wind und Photovoltaik wird nicht genügen, um die skizzierten Ziele zu erreichen. Um aus einer Stromwende eine umfassende Energiewende zu machen, müssen Energieverteilung und Energienutzung neu gedacht und gestaltet werden, die Sektoren müssen gekoppelt und Flexibilität muss zum Standard werden. Dafür ist die Umstellung auf ei-ne CO2-neutrale, dezentraler ausgerichtete Energieversorgung notwendig und die solaren Potenziale der urbanen Zentren und des ländlichen Raums sind viel stärker als bisher in den Fokus zu nehmen. Es genügt für die Zukunft nicht, die Städte als reine Verbrauchsregionen zu betrachten, denn dann würden enorme Potenziale verschenkt. Gleichermaßen gilt es, in ländlichen Regionen die planungsrechtlichen Grundlagen zu verbessern.
Im Rahmen der Beratungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen im Wirtschaftsausschuss des Bundestags haben Sie baldige Änderungen unter anderem mit Blick auf Mieterstrom-? und dezentrale Versorgungsmodelle in Aussicht gestellt (A-Drs. 19(9)341).
Mit dem beigefügten Papier „Stärkung der Photovoltaik im ländlichen Raum und in den Städten“ möchten wir, die Energieminister*innen und -senator*innen der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen den aus unserer Sicht notwendigen Änderungsbedarf darstellen, um die restriktiven Rahmenbedingungen zügig anzupassen – mit dem Ziel, den Ausbau der Solarenergie deutlich zu erhöhen und damit ein bisher ungenutztes Potential zu heben.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
die vor uns liegenden Monate sind als „Herbst der energiepolitischen Entscheidungen“ angekündigt. Wir hoffen, dass darunter auch solche sind, die Fortschritte für den Aus-?bau der Photovoltaik brinen. Die Unterzeichnenden bieten Ihnen dafür gern eine enge Zusammenarbeit an.
Mit freundlichen Grüßen
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren

->Quellen: