„Der Milliarden-Hammer“

Autoindustrie muss mit neuen Grenzwerten zurechtkommen

„Wer in den kommenden Jahren zu viele durstige Autos verkauft, wird künftig bestraft. Der von der EU installierte Grenzwert-Mechanismus scheint einfach. Doch bei genauer Betrachtung ist er kompliziert und bietet einige Hintertürchen,“ schreibt der Nachrichtensender n-tv auf seiner Webseite. Denn seit 01.01.2020 gelten EU-weit neue CO2-Grenzwerte für Pkw. Sie werden Angebot und Nachfrage massiv beeinflussen. Für Autos, das mehr als 95 g/km ausstoßen, kann der Hersteller Strafen zahlen müssen.

Auspuff FIAT 500x – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Am knalligsten dichtete  BILD: „Der Milliarden-Hammer hängt drohend über Mercedes, BMW, VW & Co.“ Doch gemach – Frank Janßen im stern: „Die neuen CO2-Grenzwerte in der EU klingen bedrohlich für die Hersteller – doch Rechentricks und neue Elektroautos helfen ihnen, Strafzahlungen zu umgehen.“ Doch der 95-Gramm-Grenzwert gilt nicht für alle Marken.

Denn die CO2-Emissionen von Neuwagen werden addiert – und bezahlt werden muss für die Summe, für den Flottendurchschnitt. So gesehen sind die 95 Gramm kein „Grenzwert“, sondern ein „Zielwert“. Bisher durfte ein Durchschnitts-Neu-Pkw 130 g/km emittieren, jetzt nur noch 95. Das entspricht 4,1 Litern Benzin oder 3,6 Litern Diesel. Außer reinen Elektroautos und Hybriden – für die zum Teil Null-Emissionen zugrunde gelegt werden – schaffen diesen Wert nur sehr wenige Neuwagen. Auch 2020 dürfen Autos mit höherem CO2-Ausstoß zwar noch verkauft werden,die Hersteller müssen das aber dann durch Fahrzeuge mit niedrigeren Werten ausgleichen. Dabei gilt für jeden Hersteller ein individueller Zielwert; der wird sich vor allem nach dem durchschnittlichen Gewicht der von einem Hersteller verkauften Fahrzeuge und nach dem von den Herstellern angegebenen „Normverbrauch“ berechnet. Wer schwere Autos baut (wie die meisten deutschen Marken), darf im Schnitt mehr als 95 Gramm ausstoßen. Wer kleine und leichte Autos baut, muss möglicherweise sogar noch niedrigere Werte erreichen.

Der Zielwert gilt 2020 zunächst für 95 Prozent aller Neuwagen, bereits 2021 werden jedoch 100 Prozent berücksichtigt. Beim 130-Gramm-Zielwert Anfang der 10er-Jahre gab es noch ein vierjähriges „Phasing-in“ in den Stufen 65, 75, 80 und 100 Prozent. Hersteller, welche die Zielwerte nicht erreichen, müssen 95 Euro pro Auto und Gramm Überschreitung zahlen. Die einzelnen Autohalter werden nicht zur Kasse gebeten, werden aber mittelfristig die Umlegung der Kosten zu spüren bekommen. Weil es die von der 130-Gramm-Grenze bekannte gestaffelte Höhe diesmal nicht gibt, wird das relativ schnell zu relativ hohen Strafen führen, die dann bei vielen Herstellern eben doch Milliardenhöhen erreichen könnten – und das jedes Jahr.

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