Keine Energiewende ohne Katalyse

Transport kostet nur 0,1 Prozent des Brennstoffwertes

Robert Schlögl in ARD-(BR)-Alpha – Screenshot © ARD-BR-FS, Agentur Zukunft

Also muss man den Wasserstoff zu uns bringen. Das ist dann aber nicht ganz so einfach. Solange man das auf dem gleichen Kontinent tut, kann man den Wasserstoff in ein Rohr füllen, also eine Pipeline, und kann ihn dann wie ein beliebiges anderes Gas durch diese Pipeline schicken. Aber von Feuerland eine Pipeline hierher, das ist schwierig. Ich fürchte, da brauchen wir ein Schiff. Es ist aber leider nicht sinnvoll, Wasserstoff zu verflüssigen und in ein Schiff zu packen, denn das ist extrem energieaufwändig, und das sollte man besser nicht machen. Also kommt der Chemiker ins Spiel: ‚Ich löse Euch dieses Problem‘ – das geht ganz leicht – wir nehmen einen Katalysator und setzen den Wasserstoff entweder mit Kohlendioxid oder mit Stickstoff um und erreichen dann sogenannte grüne Brennstoffe, das ist Ammoniak, das ist Methan, das ist Methanol, aber es gibt noch viele andere; der Chemiker hat da viele Möglichkeiten.

Der Vorteil dieser Brennstoffe ist, dass man sie leicht in Schiffe füllen kann, die kann man dann gut zu uns bringen, das kostet auch gar nicht viel – nur 0,1 Prozent des Brennstoffwertes wird für den Transport verbraucht. Und dann muss man ihn in Deutschland wieder zurück verwandeln. Sie laden dann sozusagen die chemische Batterie. Den Ammoniak muss man spalten in Stickstoff und Wasserstoff, der Stickstoff geht in die Atmosphäre, die kohlenstoffhaltigen Brennstoffe muss man verbrennen, und da muss man aufpassen: da entsteht natürlich CO2, das CO2 muss man einfangen – ein Verfahren, dass wir technisch gut beherrschen, auch in großen Mengen.

Dann bringt man das CO2 wieder zurück an den Ort, wo es vorher war und baut so einen Kohlenstoffkreislauf auf. Viele Leute, die sich damit beschäftigen, sagen: Das ist ja extrem ineffizient – wenn man so viel transportieren muss, verliert man so viel Energie dabei! Ja, das ist wahr. Das ist ein komplexer Prozess. Man verliert ungefähr so 80 Prozent der Energie, die man in Feuerland erntet. Das ist ja schrecklich ineffizient, aber das muss man vergleichen mit den anderen Optionen, die wir haben. Wenn wir etwa Erdöl in Feuerland bohren, das Erdöl aus der Erde holen und sauber machen würden, es dann zu uns bringen und in Benzin verwandeln, dann würde man ungefähr 65 Prozent der Energie verlieren, bis das bei uns im Auto ist.

Also: Es ist schon schlechter als das Erdöl, aber es ist nicht so wahnsinnig viel schlechter. Die Referenzklasse für Kreisläufe, die geschlossen sind, und die Energie transportieren, ist natürlich Mutter Natur. Mutter Natur macht das vier Milliarden Jahre. Und deren Effizienz ist 0,5 Prozent. Sie verliert also 99,5 Prozent. Die Natur kümmert sich nicht um Effizienz, das ist für sie gar nicht wichtig. Hauptsache ist, es funktioniert. Und wie wir alle wissen: Es funktioniert hervorragend. Denn aller Sauerstoff auf dieser Erde, den wir atmen, stammt aus diesem Prozess. Es sind gigantische Mengen, die da umgesetzt worden sind, die Natur, wie gesagt, schert sich nicht um Effizienz.

Müssen wir eigentlich auch nicht, denn die Wandler, die wir da hinstellen, sind relativ preisgünstig, und die Energie, die von der Sonne auf die Erde kommt, ist ja gratis. Das ist ein großer Unterschied zu den fossilen Energieträgern, die kosten pro Kilo, und die Sonne kostet pro Kilo nichts. Nur den Wandler. Sie haben natürlich auch bei dem fossilen System Wandler. Die nennt man dann Raffinerie oder Motoren oder was auch immer. Das heißt: So unterschiedlich ist das System nicht.

Jetzt habe ich schon die Natur erwähnt. Und es ist immer eine gute Idee, wenn man ein sehr großes Problem auf der Erde hat, von der Natur zu lernen. Dann überlegt man sich etwa: Macht die Natur auch einen Energiekreislauf? Und die Antwort ist: Ja, und der ist sehr viel größer als der Energiekreislauf, den die Menschen haben. Die Moleküle, die dabei vorkommen, sind ganz ähnlich wie beim technischen Energiekreislauf: Das CO2 ist das zentrale Molekül. Das CO2 wird in der Photosynthese mit Wasserstoff beladen, und dann bildet sich ein Speicherstoff, der wird in der Atmung wieder in CO2 zurückverwandelt. Genau das gleiche Prinzip.

Dazu muss man jetzt allerdings noch wissen: Das Speichermolekül, das die Natur dabei verwendet, ist jetzt dann nicht so etwas, das wir in den Tank füllen würden, sondern das Speichermolekül kennen Sie alle, das ist der Zucker. Da kann man alles Mögliche daraus machen.  Jetzt sieht man: So verschieden ist das ja eigentlich nicht. Sollte man  jetzt nicht die Idee haben: wir bauen die Natur nach? Doch die Natur ist eben leider nicht sehr effizient. Das möchte ich an einem Beispiel erklären: Stellen Sie sich einen Baum vor. Wie viele Blätter hängen an einem Baum? Viele, sehr viele. Und wie viele Jahre müssen Blätter an einem Baum hängen, dass aus dem Pflänzchen ein richtiger Baum wird? Sehr viele Jahre. Daraus lernen Sie: Die Energiedichte dieses Prozesses ist sehr gering in der Natur – viel zu gering für uns, und deswegen macht es keinen Sinn, die Natur einfach zu kopieren. Sondern wir brauchen etwas, das zwar genauso systemisch funktioniert wie die Natur, das aber viel effizienter ist.

Folgt: Politik macht keine klare Ansage