„Euer Depot brennt!“

Greenpeace-Protest beim Investmentriesen BlackRock

Vor der Siemens-Hauptversammlung am 05.02.2020 wollen Greenpeace-Umweltschützer den Elektrokonzern Siemens auf dem Umweg über den Großaktionär BlackRock zum Ausstieg aus seinem umstrittenen Adani-Kohle-Deal in Australien bewegen. Als größter Einzelaktionär von Siemens müsse der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock dem Siemens-Vorstand bei der anstehenden Jahreshauptversammlung „die rote Karte zeigen“, forderten Protestierende von Greenpeace am 03.02.2020 vor der Frankfurter Zentrale von BlackRock Deutschland. “BlackRock: Euer Depot brennt!” stand auf einer neun Meter mal sechs Meter großen Siemens-Aktie vor dem Portal des Gebäudes, davor brannte ein großer schwarzer Stein.

Am 05.02.2020 werden in München die Aktionäre im Rahmen der Siemens-Jahreshauptversammlung unter anderem über die Entlastung des Vorstands abstimmen. BlackRock hält derzeit mehr als fünf Prozent der Siemens-Aktien. “Der Investmentriese soll jetzt beweisen, dass er seine Forderungen nach mehr Klimaschutz und Transparenz bei Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, wirklich ernst meint,” sagte Volker Gaßner, Finanzexperte von Greenpeace. “In Zeiten der Klimakrise kann BlackRock nicht einen Vorstand entlasten, der sich an klimaschädlichen Projekten wie der Kohlemine in Australien beteiligt.”

Siemens liefert Zugsignaltechnik für die geplante Kohlemine im australischen Bundesstaat Queensland. Die Carmichael-Mine wäre nach ihrer Fertigstellung eine der größten der Welt und das Verbrennen der geförderten Kohle würde nach Berechnungen des Umweltwissenschaftlers Chris Taylor jährlich zusätzlich 78 Millionen Tonnen CO2 verursachen.

Blackrock verwaltet nach jüngsten Zahlen gut 7,4 Billionen Dollar (rund 6,7 Billionen Euro) Anlagegelder. Das US-Unternehmen ist weltweit an mehr als 15.000 Unternehmen beteiligt, in Deutschland unter anderem an allen Dax -Konzernen.

Der entsprechende Vertrag mit dem indischen Adani-Konzern wurde erst im Dezember 2019 unterzeichnet, als gerade in Australien verheerende Buschbrände das Ausmaß der Klimakrise deutlich machten.

Blackrock-CEO Larry Fink hat kürzlich in einem Brief an Vorstände und Aufsichtsräte von den Unternehmen mehr Nachhaltigkeit gefordert und angekündigt, die eigenen Investitionen künftig an Kriterien zum Klimaschutz zu koppeln. Dafür müsste der weltweit größte Vermögensberater auch im eigenen Portfolio ordentlich aufräumen: Nach Recherchen des britischen Guardian und des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) aus dem August vergangenen Jahres hält Blackrock derzeit Aktien und Anleihen im Wert von mehr als 87 Milliarden US-Dollar an Kohle-, Öl- und Gasunternehmen und ist global der größte Investor bei Kohleprojekten.

Bei der Hauptversammlung werde sich – so Greenpeace – zeigen, ob Blackrocks Bekenntnis zum Klimaschutz nur „Maulheldentum“ sei: „Besonders hervorgetan haben sie sich in der Vergangenheit diesbezüglich nicht, und in ihrem Portfolio ist die grüne Wende auch noch nicht angekommen. Selbst wenn die Finanzwelt neuerdings den Klimaschutz als Triebfeder für sich entdeckt hat, interessieren ökologische Projekte Investoren offenbar nur, wenn sie eine erfolgversprechende Anlage sind – so lassen sich gute Geschäfte als gutes Gewissen verkaufen. Das muss sich ändern – vielleicht schon am Mittwoch, wenn die Siemens-Aktionäre in München zusammenkommen.“

Ein aufrüttelnder Bericht aus dem August 2019 – Blackrock versenkte 90 Milliarden

Vielleicht hat der Bericht des Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) aus dem August vergangenen Jahres aufgeweckt: Demnach hat BlackRock mit Investitionen in fossile Brennstoffe 90 Milliarden US$ seiner Investoren vernichtet. IEEFA-Kommentar: „Die Investoren müssen fragen, warum.“ BlackRock, weltgrößter Fondsmanager mit einem verwalteten Vermögen von 6,5 Billionen US-Dollar – das ist mehr als der Wert der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt, Japan – ignoriert weiterhin die ernsthaften finanziellen Risiken, die mit der Investition von Geld in von fossilen Brennstoffen abhängige Unternehmen verbunden sind. Der IEEFA-Bericht bewertet die weitgehend von fossilen Brennstoffen abhängige BlackRock-Strategie mit einem Preisschild – welches das Versagen des Unternehmens mit mehr 90 Milliarden US-Dollar Wertvernichtung und Opportunitätskosten angibt. Die deutlich benannte Untätigkeit sei BlackRocks größtes Risiko während der Energiewende: Der Bericht zeige, dass die Führung des weltweit agierenden Unternehmens immer noch im Bereich nachhaltiger Investitionen hinterherhinke, indem er das Unternehmen bei der Wertschöpfung für die Investoren und als Nachzügler bei der nachhaltigen Finanzierung als Versager entlarve – so das IEEFA:

  • Von den geschätzten Verlusten von BlackRock in Höhe von 90 Milliarden US-Dollar seien 75 % allein auf die Investitionen in vier Unternehmen – ExxonMobil, Chevron, Royal Dutch Shell und BP – zurückzuführen, die alle im vergangenen Jahrzehnt eine unterdurchschnittliche Performance aufwiesen.
  • BlackRock habe nach wie vor wenig Kontrolle über sein passiv verwaltetes Portfolio in Höhe von 4,3 Billionen US-Dollar. Dennoch hätten führende Konkurrenten wie Amundi, Norges Bank, AP4, Storebrand und KLP allesamt kohlenstoffarme Anlagestrategien entwickelt, die mindestens vergleichbare risikobereinigte Renditen auf kosteneffiziente und nachhaltige Weise bieten, wie man es von führenden Vermögensverwaltern erwartet, die eine Führungsrolle übernehmen und geeignete, risikogeschützte Produkte entwickeln wollen.
  • Der Vorstand von BlackRock ist mit potenziellen Interessenkonflikten behaftet, da sechs von 18 Vorstandsmitgliedern in Unternehmen mit starken Verbindungen zum Sektor der fossilen Brennstoffe gearbeitet haben. Darüber hinaus befürwortet das Governance-Team von BlackRock zwar eine Trennung der Positionen des Vorsitzenden und des Chief Executive Officer in seinen Portfoliounternehmen, doch Larry Fink hat immer noch beide Funktionen in der Firma inne.
  • Trotz öffentlicher Ankündigungen, die sein Engagement für nachhaltige Investitionen hervorheben, sind nur 0,8% des Gesamtportfolios von Blackrock in Umwelt-, Sozial- und Governance- (ESG-) orientierte Fonds investiert.
  • 2018, so berechnete Ceres (amerikanische Nichtregierungsorganisation von ethischen Investoren und Umweltorganisationen), unterstützte BlackRock nur 10% der klimabezogenen Aktionärsanträge in den USA und entschied sich in den meisten Fällen für die Seite des Managements. Die IEEFA stellt außerdem fest, dass BlackRock die Ergebnisse seines Engagements mit Unternehmen in ESG-Fragen (ESG = „Environment Social Governance“, Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) nicht offenlegt.
  • Nur 0,8 % des Gesamtportfolios von BlackRock sind in Umwelt-, Sozial- und Governance-orientierte Fonds investiert (ESG).

Tim Buckley, IEEFA-Direktor für Energie-Finanzstudien und Mitverfasser des Berichts, sagt, dass BlackRock aufgrund seiner enormen Größe eine stärkere Führungsrolle übernehmen sollte: „Als der größte universelle Eigentümer der Welt verschafft sich BlackRock eine enorme Menge an Einflüssen und trägt große Verantwortung gegenüber der Weltgemeinschaft“, sagt Buckley. „Sie haben die Macht, bei der Bekämpfung des Klimarisikos weltweit eine führende Rolle zu spielen, doch bis heute bleiben sie Nachzügler.“

->Quellen und weitere Informationen: