Wieder Temperaturrekord in der Antarktis

18,3 Grad Celsius

Am 06.02.2020 ist an der argentinischen Forschungsstation Esperanza an der Nordspitze des Kontinents mit 18,3 Grad Celsius die wärmste jemals in der Antarktis verzeichnete Temperatur gemessen worden. Das übertraf den dort am 24.03.2015 aufgestellten Rekord von 17,5 ° Celsius um fast ein Grad.  Die Temperaturaufzeichnungen von Esperanza reichen bis 1961 zurück. Das melden neben anderen das argentinische Portal Perfil und CNN.

CNN: „Das bedeutet, dass die Temperatur in Esperanza praktisch identisch war mit dem, was am Donnerstagnachmittag in San Diego, Kalifornien, festgestellt wurde. Fairerweise muss man sagen, dass in der südlichen Hemisphäre Sommer herrscht. Aber es ist nicht typisch, dass die Temperaturen in der Antarktis – einer der kältesten Orte der Erde – fast gleich hoch sind wie in Südkalifornien.“

Perfil: Die Antarktis verliert seit 2012 jährlich 219 Milliarden Tonnen Eis, dreimal mehr als in den beiden vorangegangenen Jahrzehnten. Dieses Volumen ist für Experten ein Grund zur Besorgnis, vor allem, da es sich in den vergangenen Jahren beschleunigt hat. Seit 2014 und Hand in Hand mit der globalen Erwärmung ist das antarktische Meereis sehr viel schneller zurückgegangen als das der Arktis. Durch die Messung des Rückgangs der durchschnittlichen jährlichen Ausdehnung mit Hilfe von Satellitendaten konnte festgestellt werden, dass die Antarktis in vier Jahren so viel Meereis verloren hat wie die Arktis in 34 Jahren, so eine am 16.07.2019 in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichte Studie von Nasa-Expertin Claire Parkinson.

Die PNAS-Studie

Eine kürzlich fertiggestellte 40-jährige Aufzeichnung von Satellitenbeobachtungen dient zur Quantifizierung von Veränderungen des antarktischen Meereises seit Ende der 70er Jahre. Das sich über weite Gebiete ausbreitende Meereis hat erhebliche Auswirkungen auf das übrige Klimasystem, da es die Sonnenstrahlung reflektiert und den Austausch zwischen Ozean und Atmosphäre einschränkt. Die Satellitenaufzeichnungen zeigen, dass sich ab 2014 eine kontinuierliche, jahrzehntelange Zunahme der antarktischen Meereisausdehnung umkehrte, wobei die anschließenden Abnahmeraten von 2014 bis 2017 weit über die allgemein bekannt gewordenen Zerfallsraten in der Arktis hinausgehen. Der rasche Rückgang reduzierte die antarktische Meereisausdehnung auf die niedrigsten Werte des 40-Jahres-Rekords, sowohl im Jahresdurchschnitt (Rekordtief 2017) als auch auf Monatsbasis (Rekordtief im Februar 2017).

2014 erreichte die durchschnittliche jährliche Meereisfläche der Antarktis ein Rekordhoch von 12,8 × 106 km2, gefolgt von einem so steilen Rückgang, dass sie 2017 mit 10,7 × 106 km2 ihren niedrigsten Wert im 40-Jahres-Rekord 1979-2018 für passive Mehrkanal-Mikrowellen-Satelliten erreichte. Im Gegensatz dazu brauchte die arktische Meereisbedeckung volle drei Jahrzehnte, um einen so großen Verlust an Eisausdehnung im Jahresdurchschnitt zu verzeichnen. Betrachtet man jedoch den 40-jährigen Rekord als Ganzes, so zeigt das antarktische Meereis weiterhin einen positiven Gesamttrend der durchschnittlichen jährlichen Eisausdehnung, obwohl dieser Trend mit 11.300 ± 5.300 km2/a nur 50% des Trends von 1979 bis 2014 (vor dem jähen Rückgang) beträgt. Vier der fünf Sektoren, in welche die antarktische Meereisbedeckung unterteilt ist, weisen ebenfalls einen 40-jährigen positiven Trend auf, der gegenüber den Werten von 2014 bis 2017 deutlich reduziert ist. Der einzige anomale Sektor in dieser Hinsicht, die Bellingshausen/Amundsen-See, weist einen 40-jährigen negativen Trend auf, wobei die durchschnittliche jährliche Eisausdehnung in den ersten drei Jahrzehnten insgesamt abnimmt, 2007 ein Minimum erreicht und seit 2007 einen allgemeinen Aufwärtstrend aufweist (d.h. eine Umkehrung in die entgegengesetzte Richtung zu den anderen vier Sektoren und der antarktischen Meereisbedeckung insgesamt).

Unklar sind bis jetzt die Gründe für den Vorgang, ebenso, ob die ursprüngliche Ausdehnung wieder zurückgewonnen werden können oder ob sie weiter abnehmen werden. Die NASA-Expertin Claire Parkinson vom Goddard Space Flight Center der NASA erklärte, infolge des Verlustes werde die Sonnenwärme vom Ozeanwasser absorbiert, was ebenfalls zur globalen Erwärmung beitrage und einen Teufelskreis verursache, dem man nur schwer entkommen könne. Denn das Meereis beeinflusse das globale Klima entscheidend. Der Meereis-Verlust der Arktis, dem Gegenpol zur Antarktis, steht im Zusammenhang mit extremen Wetterbedingungen, wie z.B. Hitzewellen, die den europäischen Kontinent in den letzten Sommern heimgesucht haben. Die Arktis ist von Kontinenten umgeben und daher der Lufterwärmung stärker ausgesetzt.

Die Antarktis ist dagegen von Ozeanen umgeben und wird durch einen Kreis starker Winde vor steigenden Lufttemperaturen geschützt. Bis 2014 gab es eine Zunahme, dann geschah das Gegenteil. „Es hat einen großen Rückgang gegeben“, sagte die PNAS-Autorin. Das Meereis dehnt sich im Winter aus und zieht sich im Sommer zurück, daher nutzte Parkinson zur Beurteilung der langfristigen Trends Jahresdurchschnitte. Der stärkste Rückgang in einem Jahr sei 2016 geschehen, was auf den Einfluss des El-Niño-Phänomens zurückzuführen sei, das die vom Menschen verursachte Erwärmung vorantrieb. Die Spezialistin stellte fest, dass die Rückgangsraten nach 2014 dreimal schneller waren als die schnellsten in der Arktis. Die Ausdehnung des Meereises verzeichnete 2018 einen leichten Anstieg, aber in diesem Jahr ist es bisher zu einem weiteren Rückgang gekommen. „Als NASA-Wissenschaftlerin ist es meine Hauptverantwortung, die Daten aus dem Satelliten zu holen, und ich hoffe, dass andere diesen 40-jährigen Rekord ernst nehmen und versuchen werden, herauszufinden, wie sich diese dramatisch schnellen Rückgänge seit 2014 erklären lassen“, sagte Parkinson.

Folgt: Allzeit-Rekord 19,8°