E-Fuels helfen CO2-Ausstoß verringern

Audi, Shell und Porsche fangen schon mal an

Synthetische Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff und CO2 könnten schon jetzt das Erdöl und seine Derivate ablösen – gar „dem E-Auto Kon­kurrenz machen. Porsche (siehe: solarify.eu/porsche-wagt-sich-an-neuen-sprit) arbeitet daran genauso wie Shell (und Audi schon länger). Über die Hintergründe“ schreibt Maria Brandl am 07.10.2020 in der wiederholt preisgekrönten Grazer Kleinen Zeitung unter dem Titel „Mobilität in Zeiten von Corona – Wasserstoff und E-Fuel: Elektrifizierung ohne Steckdose“.

Carbon2Chem - Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Carbon2Chem – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Dabei geht die Autorin zunächst weit zurück – zum diesjährigen (aus Corona-Gründen virtuellen) Wiener Motoren-Symposium und zitiert Robert Schlögl vom Max-Planck-­Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr: Der habe damals eine offene Diskussion darüber gefordert, wie Klimaneutralität bis 2050 in Europa auch im Verkehr erreicht werden könne. Denn der Chemiker halte synthetische Kraftstoffe „für wichtige Ergänzungen zum batterie­elektrischen Antrieb. Diese könnten langfristig auch in nötigen Mengen erzeugt werden, da sie sich hervorragend als Speicher von Strom eigneten.“ Biomasse habe Schlögl dagegen für nur begrenzt verfügbar erklärt, zudem stehe sie in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion. Also brauche „es kostengünstige Lösungen mit vorhandenen Komponenten“, damit sich in kurzer Zeit viele Kunden dafür entscheiden.

Weitere große Schritte sind nötig, so Brandl, um die Klimagrenze von COP21 („well under 2 degrees“) einzuhalten. Damit meint sie „strombasierte synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt, aus grünem Wasserstoff und CO2 oder CO. Ihr Plus: Sie sind flüssig und können die vorhandene Tank­infrastruktur nutzen – außerdem können sie in herkömmlichen Verbrennungsmotoren eingesetzt werden. Außerdem seien sie sind im optimalen Fall CO2-neutral und verursachten deutlich weniger Schadstoffe als aktuelle Treibstoffe.

Wenn es nur um den Wirkungsgrad gehe, wäre es am vernünftigsten, bei der Umwandlung von Ökostrom zu grünem Wasserstoff zu bleiben, dem ersten Schritt der E-Kraftstoff-Produktion, so Schlögl. Viele Projekte bauen auch darauf, selbst in Kombination mit einem Verbrennungsmotor. Denn die meiste Energie verbrauche die Erzeugung von E-Fuels, die nach der Herstellung von grünem Wasserstoff weitere Umwandlungsschritte durchliefen. Aber: Sie sind, anders als Wasserstoff, für Fahrzeuge leicht, kostengünstig und sicher zu tanken und zu speichern. Sie bieten wie Wasserstoff die Chance, so Schlögl, das immer größere Dilemma des Stromtransports zu lösen: Gespeichert in E-Fuels ließe sich Strom ohne neue Stromtrassen wie Erdöl transportieren.

Erdöl als Ressource ablösen

Für den Emissionsexperten Eberhard Jacob von Bodman-Ludwigshafen haben synthetische und E-Kraftstoffe aus grünem Wasserstoff und recyceltem CO2 das Potenzial, Benzin und Diesel aus Erdöl abzulösen. Wird die Herstellung der Energie und der Fahrzeuge sowie das Recycling berücksichtigt, könnten E-Fuels in puncto CO2 besser abschneiden als batterieelektrische Antriebe. Der Erdöl-Preisverfall im Zuge der Coronakrise setze den E-Fuels zusätzlich zu – für die EU laut Jacob die größte Herausforderung. Asien könnte auch hier wegen des Kostenvorteils Europa den Rang ablaufen. China stelle bereits großtechnisch synthetischen Diesel her.

Starke Einsparungen wären möglich, wenn Solar- und Windstrom in bevorzugten Regionen erzeugt würden: im Mittelmeer- und nordafrikanischen Raum – und in Feuerland (Schlögl). Dies bestätige auch eine große deutsche Untersuchung über klimaneutrales Fahren 2050 (siehe: solarify.eu/treibhausgasneutral-und-ressourceneffizient-bis-2050). In südlichen Gebieten könne, so Jacob, Ökostrom um 2 ct/kWh und damit zu einem Bruchteil der Kosten von Windstrom etwa aus der Nordsee erzeugt werden. Werde mit diesem Wüstenstrom vor Ort mittels Elektrolyse grüner Wasserstoff gewonnen, sei er auch ohne Hochspannungs-Gleichstromleitungen, wie 2010 von Desertec vorgeschlagen, transportierbar. Denn laut Schlögl und Jacob führt an Importen grüner Energie kein Weg vorbei. Schon deshalb, weil es In Europa nur kleinere Versuchsanlagen gebe. Eine wurde von Audi am 26.06.2013 im deutschen Werlte vorgestellt, wo E-Gas aus grünem Wasserstoff und CO2 erzeugt wird:

Erste Power-to-Gas-Anlage im Industriemaßstab: Weltpremiere: 6 MW-Anlage von Audi geht mit Know-how des ZSW ans Netz
Die weltweit erste Power-to-Gas-Anlage industriellen Maßstabs ist am 25.06.2013 im niedersächsischen Werlte eingeweiht worden. Sowohl der Betreiber Audi als auch die Wissenschaftler und Ingenieure des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden- Württemberg (ZSW) in Stuttgart feiern den Start als Erfolg und sehen sich in ihrer Arbeit bestätigt. Damit will Audi als erster Automobilhersteller eine Kette nachhaltiger Energieträger aufbauen. An ihrem Anfang stehen Grünstrom, Wasser und CO2. Die Endprodukte sind Wasserstoff und synthetisches Methan: das Audi e-gas, so die Ingolstädter Autobauer in einer Veröffentlichung.

Audi arbeite auch an der Erzeugung flüssiger E-Fuels. Reiner Mangold, Leiter des Bereichs „Nachhaltige Produktentwicklung“ bei Audi: „Unser Engagement in diesem Bereich hängt davon ab, welche Signale die Politik in Bezug auf E-Fuels sendet.“ Das Engagement müsse sich rechnen. Aber auch Porsche will in die E-Fuels-Entwicklung einsteigen – siehe: solarify.eu/porsche-wagt-sich-an-neuen-sprit.

 Porsche will die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe künftig selbst maßgeblich vorantreiben. Die Technologie sei vor allem deshalb so wichtig, weil der Verbrennungsmotor die Autowelt noch viele Jahre dominieren werde, so Steiner. „Wenn man die Bestandsflotte perspektivisch nachhaltig betreiben will, dann sind eFuels ein elementarer Bestandteil“, betonte Porsche-Entwicklungschef Michael Steiner.

Shell startet als erster ein Großprojekt für Windstrom: Mit Partnern will man laut einer Medienmitteilung vom Februar 2020 den Mega-Windpark (NortH2) mit einer Leistung von drei bis vier Gigawatt bis 2030 und zehn Gigawatt bis 2040 im Meer vor Groningen (NL) aufbauen.

Shell plant Europas größtes Grün-Wasserstoff-Projekt – In Groningen startet Erzeugung klimafreundlichen Wasserstoffs mit grünem Strom aus Mega-Windpark

“Schon einmal haben die Niederländer die europäische Energielandschaft neu sortiert. Damals war es die Entdeckung von Erdgasreserven in Groningen, die das kleine EU-Land auf einmal in die Liga der ganz Großen katapultierte. Jetzt könnte das Land die nächste Energierevolution anstoßen”, schreibt Karin Witsch am 27.02.2020 im Handelsblatt. Am gleichen Tag gab Shell nämlich bekannt, dass “ein Konsortium aus Gasunie, Groningen Seaports und Shell Nederland das NortH2-Projekt starten” will: Erzeugung von grünem Wasserstoff aus Erneuerbarem Strom, der von einem Mega-Windpark produziert wird – 3 bis 4 Gigawatt 2030.

Dafür baut Shell Rheinland die laut eigener Aussage weltweit größte Wasserstoff-Elektrolyse für jährlich 1.300 Tonnen grünen Wasserstoff. Mit NortH2 sollen bis 2040 sieben Megatonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Shell testet laut Brandl zudem kostengünstige Varianten, CO2 aus Abgasen von Industrie- und Müllanlagen abzuspalten, etwa beim Wiener Kraftwerk Simmering, wo dem Abgas mehr als 90 Prozent CO2 entzogen werden konnte. Das lasse sich für die Produktion von E-Kraftstoffen einsetzen. Ähnlich wie bei Carbon2Chem:

Im Verbundprojekt Carbon2Chem® (s. solarify.eu/co2-als-rohstoff-carbon2chem) werden auf der Basis katalytischer Verfahren Technologien für chemische Synthesen entwickelt, mit denen Hüttengase aus der Stahlproduktion gereinigt, konditioniert und in marktfähige Chemieprodukte oder Treibstoffe umgewandelt werden können. 18 Partner aus Politik, Industrie und Wissenschaft hatten am 27.06.2016 unter der Bezeichnung Carbon2Chem eine groß angelegte Klimaschutz-Initiative, darunter das Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (MPI CEC) in Mühlheim, das BMBF, das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT und die thyssenkrupp AG, gestartet, die einen entscheidenden Schritt von der umstrittenen CCS (Carbon Capture and Storage) hin zur CCU (Carbon Capture and Utilization/Use) unternimmt.

Experten wie Bosch-Geschäftsführer Stefan Hartung, Schlögl und Jacob sind überzeugt, dass nur über E-Fuels die CO2-Absenkungen der EU erreicht werden können.

->Quellen: