Klima, Krieg und Flucht

Drei Faktoren für Klima-Migration

Die drei wesentlichen Faktoren sind für Ruppel „Ernährungsunsicherheit, Wassermangel und Dürre“. In Subsahara-Afrika seien schon deutliche Veränderungsprozesse sichtbar. Bereits jetzt litten die Menschen dort unter dem Klimawandel, hätten teilweise keinen Zugang zu sauberem Wasser, Hunger sei in Afrika weit verbreitet. Das werde alles durch den Klimawandel verschärft, der zudem Einfluss auf Konfliktsituationen habe.

Ruppel moniert, dass die Weltgemeinschaft tragischerweise bislang die notwendige Verantwortung für den afrikanischen Kontinent vermissen lasse. „Die Meeresspiegel steigen an, aus den ländlichen Gegenden müssen die Leute in die Stadt ziehen. In vielen Küstenstädten ist der Anstieg des Meeresspiegels schon ebenso spürbar wie die Erwärmung der Küstengewässer.“

Gemeingüter Klima und Atmosphäre nicht verhandelbar

Es gebe keinen Zweifel, verdeutlicht Ruppel, dass der Klimawandel angekommen sei – wenn wir den Planeten retten wollten, müssten die Klimadiplomaten, die Politik und jeder Einzelne jetzt handeln, denn es gehe um unser Gemeinschaftsgut. Genau das fordere auch „Laudato Si“. “Dieser Verantwortung kann und darf sich niemand entziehen”. In der Gesamtheit der Weltklima-Verhandlungen müsse jetzt stark im Vordergrund stehen, dass die Gemeingüter Klima und Atmosphäre schlicht und einfach nicht verhandelbar sind. Klima sei ein globales Phänomen, das nicht einseitig angegangen werden könne. Deswegen mahnt Ruppel die Verantwortung vor allem der Verursacher des Klimawandels an. Der Klimawandel sei auch eine Verletzung der Menschenrechte der Armen – diese Message müsse COP 21 prägen, wenn man in Paris zu verbindlichen Zusagen kommen wolle. (rv 03.09.2015 no)

UN-Entwicklungsziele: Welchen Einfluss haben Umweltfaktoren auf das Fluchtverhalten in Afrika?

Dass Armutsbekämpfung und Transformation zu einer sozial-ökologischen globalen Gesellschaft nur Erfolg haben können, wenn die natürlichen Ressourcen und Ökosysteme geschützt und nachhaltig genutzt werden, haben die Vereinten Nationen jüngst erneut in ihren Nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs) verankert. Denn infolge des Bevölkerungswachstums gerade auf dem afrikanischen Kontinent konkurrieren immer mehr Menschen um die ohnehin schon knappen Ressourcen.

„Die überzogene Darstellung von Abwanderungsbestrebungen als Sicherheitsbedrohung geht an der Realität vorbei“, meint die Politikwissenschaftlerin Dr. Diana Hummel vom Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE in Frankfurt. Sie leitete das Projekt MICLE – Klimawandel, Umweltveränderungen und Migration, in dessen Rahmen großangelegte Befragungen zu den Motiven der Migration in der Sahelzone durchgeführt wurden. Die Ergebnisse: Nur ein geringer Anteil der Menschen in ihrem westafrikanischen Untersuchungsgebiet versuche, nach Europa zu kommen. Denn Migration sei in dieser Region nicht das letzte Mittel sondern eher eine anerkannte Tradition, der Großteil der Migranten bliebe auf dem Kontinent und kehre nach Möglichkeit zurück, so die Erfahrung der Politologin.

Begriff „Umwelt- oder Klimaflüchtling“ problematisch

Der Begriff „Umwelt- oder Klimaflüchtling“ sei ohnehin problematisch, da Kausalzusammenhänge schwer nachzuweisen und es nie alleinige Auslöser gebe. „Umweltveränderungen spielen dann eine Rolle, wenn sie bereits existierende Verwundbarkeiten verstärken“, meint Hummel. Die Studien ergaben, dass klimatische und ökologische Faktoren an Bedeutung zunehmen, je stärker der Lebensunterhalt der Menschen von der Landwirtschaft abhängt und schwieriger alternative Einkommensquellen verfügbar sind.

„Nur eine nachhaltige ländliche Ökonomie und Gesellschaftsform kann die Trends zur Landflucht, zur Urbanisierung und zur internationalen Migration stoppen“, sagt Prof. Norbert Jürgens von der Universität Hamburg. Der Biodiversitätsforscher ist Sprecher des Projekts „The Future Okavango“, das modellhaft für den gesamten Kontinent Methoden entwickeln soll, wie die Menschen die natürlichen Ressourcen nachhaltig nutzen und dauerhaft erhalten können.

Der Drang nach modernen Lebensweisen (verstärkt durch das Internet) steigere den Kapital-Bedarf für Waren, die nicht selbst erzeugt werden könnten. Deshalb würden derzeit die natürlichen Ressourcen über den eigenen Bedarf hinaus in Waren umgewandelt, etwa werde verstärkt Wildfleisch gejagt und die Wälder für Holzkohle abgeholzt. Dabei seien diese die wichtigsten Wasserspeicher der Region. Der Klimawandel und ein zunehmender Zuzug in die Okavangoregion, gepaart mit Landgrabbing internationaler Konzerne, könne künftig zu Konflikten um die Ressourcenverteilung führen. Umso wichtiger sei es, mit den Menschen Methoden zu entwickeln, mit denen landwirtschaftliche Erträge gesteigert werden könnten, ohne das Potenzial der Ökosysteme zu zerstören.

Von daher sei das Entwicklungsziel 8.3 (aus den 17 UN-Nachhaltigkeitszielen) sinnvoll, in dem die Vereinigten Staaten ihre Mitgliedstaaten ermutigten, kleine und mittelständige Unternehmen zu fördern. Auch die Wissenschaft spiele hier eine wichtige Rolle, beispielsweise bei der Schaffung von nachhaltigen Demonstrationsprojekten mit Leitbildfunktion, sagt Jürgens. (aus Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung Deutschland des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung GmbH – UFZ, Leipzig)

Folgt: Hans-Josef Fell: Erneuerbare Energien stärken