Forum Solarpraxis: Gigawatt aus PV und Wind – in Deutschland?

Baake: „Die Energiewende ist unumkehrbar – wir haben gewonnen“

baake-spricht-bei-17-forum-neue-energiewelt-eroeffnungsplenum-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarifyVor knapp 600 Teilnehmern des 17. Forums Neue Energiewelt nannte Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, am 10.11.2016 in Berlin mehrere Handlungsfelder, bzw. -abläufe zum Thema Energiewende: Heranführen der Erneuerbaren Energien an den Markt – Vorbereitung des Marktes für die wachsende Aufnahme Erneuerbarer Energien – schließlich die Netze und ihr Ausbau. Sein Fazit bezüglich der Energiewende: Sie sei „unumkehrbar, wir haben gewonnen“.

Eine der ersten Aufgaben sei es gewesen, die Erneuerbare Energien an den Markt heranzuführen – wer künftig ein Produkt – „und Strom ist ein Produkt wie jedes andere“ – herstelle, trage Verantwortung für die Vermarktung; man könne auch nicht ein Auto produzieren und dann die Straßenbauverwaltung mit seiner Vermarktung beauftragen. Notwendig dafür sei „der Übergang von politisch festgesetzten Preisen zu Ausschreibungen“ gewesen – jetzt sei man bei unter 7 ct/kWh angekommen – das hätte vor wenigen Jahren noch niemand gedacht – „wir gehören schließlich nicht zum Sonnengürtel der Erde“. Aber das BMWi werde sehr genau beobachten, „ob auch alles gebaut wird, was bezuschlagt wurde, ob die Anreize richtig gesetzt wurden“, man lerne diesbezüglich aus Fehlern.

Er sprach die niedrigen Realisierungsquoten an, die bei Ausschreibungsprojekten momentan bei rund 20 bis 25 Prozent liegen. Dies werde die Politik im Auge behalten. „Ich würden bei den momentanen Preissenkungen auch nicht bauen, sondern das Projekt nur vorbereiten“, so Baake weiter. Er verwies auf die in der Verordnung festgeschriebenen Strafen, wenn Projekte nicht fristgerecht realisiert werden. „Wir müssen nun schauen, ob diese Pönalen funktionieren.“ Derzeit gehe es darum, die Ausschreibungsverfahren zu optimieren. Er verwies jedoch zugleich darauf, dass sich das Design von der Photovoltaik nicht einfach auf andere Erneuerbare übertragen lasse.

20.000 Euro pro Kilowattstunde

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Rainer Baake vor dem 17. Forum Neue Energiewelt – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Dann habe die Politik die Vorbereitung des Marktes für die wachsende Aufnahme Erneuerbarer Energien einleiten müssen – immerhin seien wir Ende 2015 schon bei 32 Prozent angekommen. Bisher seien immer nur Instrumente eingesetzt worden, um die bestehendes Situation zu verfestigen. Dafür seien klare Verantwortlichkeiten nötig. Wer heute in Berlin einen Stromanbieter suche, habe die Wahl zwischen gut 350 Unternehmen, „das ist ein gut funktionierender Einzelhandelsmarkt – mit klarer Regelverantwortung: Jeder muss genau dieselbe Menge Strom ins Netz einspeisen, wie er verkauft – wenn nicht, drohen harte Sanktionen.“ Die gegenwärtigen Überkapazitäten würden sich ändern – Baake erwartet eine Marktbereinigung durch stillgelegte Atom- und Kohlekraftwerke. „Sollte es aber einmal nicht zur genauen Deckung der Nachfrage kommen, dann brauchen wir die Kapazitätsreserve (Baake stellte klar: „Kapazität ist für mich Erzeugungs-Kapazität“), dann muss der Stromhändler, der nicht ausgeglichen hat, 20.000 Euro pro kWh Strafe zahlen.“

Mit dem Strommarkt 2.0 habe die Bundesregierung einen „klugen Rechtsrahmen“ geschaffen, mit dem die Versorgung an die zunehmend flexiblere Stromeinspeisung – durch Photovoltaik und Windkraft – angepasst werde. Derzeit sei der Großhandelspreis für Strom so niedrig, dass niemand Kraftwerke zu Vollkosten betreiben könne, so Baake weiter.

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Vorteile von PV-Wind-Hybriden – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

karl-heinz-remmers-bei-eroeffnnungs-workshop-des-17-forums-neue-energiewelt-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarify[note PV-Wind-GW-Hybride –  Gastgeber und Forums-Organisator Karl-Heinz Remmers hatte zuvor das Groß-Treffen der Erneuerbaren Energien eingeleitet: Ausgehend davon, dass 82 Prozent der Menschheit kontaminierte Luft einatmeten, sei Änderung hin zu den Erneuerbaren Energien ein dringendes Gebot. Er fasste die Ergebnisse eines einleitenden Workshops vom Vortag unter der Überschrift „Solar-Wind-Hybride als GW-Anlagen“ (siehe: solarify.eu/38-ctkwh-in-spanien-laeuten-neues-solarzeitalter-ein) zusammen. Seit einem halben Jahr führe man Gespräche, wie diese Idee – z.B. – auf Tagebauen und alten Kraftwerken – zu realisieren sei, man spreche mit Unternehmen, Verbänden und der Politik gleichermaßen. Inzwischen sei Erneuerbarer Strom schon für 4,5 ct/kWh zu produzieren. Remmers: „Dazu ist ein anderer Plan nötig – und Mut – Mut, den Millionen kleinster Anbieter haben“. Solar- und Windenergie würden stetig billiger, jüngstes Beispiel sei Spanien, dort habe BayWa r.e. eben für 3,8 ct/kWh unterschrieben – ohne Einspeisevergütung oder sonstige Hilfen. Auch bei PV-Ausschreibungen in Deutschland seien die Preise entscheidend gesunken – „bei nahezu Null-Abregelung“. Energieverteilung, -verbrauch und Märkte – alles müsse neu definiert werden. Das Unternehmen Heraeus sagt laut Remmers, in fünf Jahren würden „Erneuerbare Energien, ihre Verteilung und die Speicher im System 50% billiger“. Bezogen auf die Elektromobilität formulierte Remmers, man bekomme derzeit eine „60kWh-Batterie für 37.000 Dollar, und ein Auto der Golf-Klasse dazu“. Eine weitere, bisher kaum wahrgenommene Veränderung seien die bald entstehenden zehntausende, bald hunderttausende von „Second-Live“-Speichern.]

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