Die Klimawirkung
Damit sei man schon bei der Wirkung. Genau wie beim Zyankali komme es natürlich auf die Wirkung an – und nicht darauf, ob der Anteil an irgendeiner großen Vergleichsmasse nun 10 Prozent oder 0,01 Prozent betrage. Dosiswirkungen von Giften auf den Menschen ließen sich aus Erfahrung mit Opfern ermitteln. Die Klimawirkung von Treibhausgasen lasse sich entweder aufgrund des Verständnisses der physikalischen Prozesse berechnen oder aus der Erfahrung der Klimageschichte ermitteln (Rahmstorf weist in diesem Zusammenhang auf einen vorherigen Beitrag hin). Beides komme zum gleichen Ergebnis. Die Klimasensitivität (die globale Erwärmung im Gleichgewicht nach einer CO2-Verdoppelung) liege bei rund 3 °C, und die aufgrund des bisherigen CO2-Anstiegs erwartete Erwärmung bis heute bei rund 1 °C. Das entspreche ziemlich genau der beobachteten globalen Erwärmung (Abb. 5). Für die es übrigens auch keine natürliche Erklärung gebe, die beste Abschätzung für den anthropogenen Anteil an der globalen Erwärmung seit 1950 liege bei 110 Prozent – mehr dazu ebenfalls in Rahmstorfs vorherigem Beitrag.
[note Abb. 5 erläutert Rahmstorf so: „Verlauf von globaler Temperatur, CO2-Konzentration und Sonnenaktivität. Temperatur und CO2 sind relativ zueinander so skaliert, wie es dem physikalisch erwarteten CO2-Effekt auf das Klima entspricht (d.h. beste Abschätzung der Klimasensitivität). Die Amplitude der Sonnenkurve ist so skaliert, wie es der beobachteten Korrelation von Sonnen- und Temperaturdaten entspricht. (Details sind hier erläutert.) Diese Grafik kann man sich hier erzeugen und dort auch einen Code kopieren, mit dem sich die Grafik als Widget in die eigene Website einbauen lässt (wie in meiner Homepage) – dort wird sie dann automatisch jedes Jahr mit den neuesten Messdaten aktualisiert. Dank an Bernd Herd, der dies programmiert hat.“]
Auch zu diesem gemessenen Temperaturanstieg hat die Welt “alternative Fakten” zu bieten. Ein Kommentar vom 28. Mai beginnt mit den folgenden Sätzen:
„Die letzten eineinhalb Jahrzehnte lang stieg die globale Temperatur nicht mehr an. Diese Pause in der Erwärmung passte jedoch nicht zu den Prognosen. Ganz und gar nicht, wurde doch seit der Jahrtausendwende kontinuierlich mehr CO2 in die Luft gepustet. Also sollte es auch wärmer geworden sein.“
Rahmstorf: „Dazu fällt mir jetzt nichts mehr ein, außer nochmals auf die Messdaten in Abb. 5 zu verweisen. Der Artikel leugnet rundheraus die gemessene Klimaerwärmung der letzten 15 Jahre – klagt dann aber ironischerweise, wenn man dies tue, werde man “schnell als Klimaleugner abgestempelt”.
Bei dem im Deutschlandfunk übertragenen ZEIT-Forum „Wissenschaft im postfaktischen Zeitalter. Verteidigt die Aufklärung!“ habe er in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen, ob es denkbar sei, dass ein Kommentar in einer deutschen Tageszeitung dieser Tage mit dem Satz beginne: „Seit einem halben Jahr fallen die Umfragewerte von Angela Merkel immer weiter.“
[note Rahmstorff: „Wohl kaum. Jeder Chefredakteur würde da doch sagen: Moment mal, das stimmt doch überhaupt nicht! Warum dann nicht bei Messdaten der globalen Temperatur? Sind sie nicht wichtiger als Umfragewerte? Sind sie nicht leicht für jedermann im Internet einsehbar? (Auch wir berichten hier regelmäßig dazu, fast jeden Monat tweete ich eine Grafik mit den neuesten Werten.) Hat die Welt denn nicht berichtet, dass 2014 das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen war? Nur um von 2015 noch übertroffen zu werden? Und dann wieder von 2016? Drei Rekordjahre in Folge – auch das hat es noch nie gegeben seit Beginn der globalen Temperaturmessreihen. Hat das alles in der Welt-Redaktion keiner mitbekommen?
Die globale Erwärmung ist nach meiner Überzeugung das Menschheitsthema des 21. Jahrhunderts – auf jeden Fall aber eines der wichtigsten Themen. Rekorddürren, Rekordfluten, Rekordhitze, riesige Flüchtlingsströme – wir sehen davon derzeit erst den Anfang, bei uns zum Beispiel in Form des Rekordsommers 2003 mit 70.000 Hitzetoten in Europa. 195 Staaten beschließen im historischen Pariser Klimaabkommen, klimaneutral zu werden – also die Wirtschaft auf netto-Nullemissionen umzukrempeln! Kann es denn sein, dass es heute noch Medien gibt, die nicht einmal elementarste Grundkompetenz bei diesem Thema haben? Die nicht die seit Jahrzehnten bekannte Ursache des CO2-Anstiegs kennen und im Zweifel auch nicht mal in der Zusammenfassung für Entscheidungsträger des IPCC-Berichts (keine 30 Seiten in der deutschen Fassung) oder bei Wikipedia zum Kohlenstoffzyklus nachlesen? Die immer noch nicht die Klimawirkung von CO2 verstehen und nicht wenigstens bei den globalen Temperaturmessdaten sattelfest sind?“]
[note Solarify nennt das einen Blattschuss – der aber die Nachbeter der Klimalügen kaum ins Grübeln kommen lassen wird – frei nach Brandolinis Gesetz, benannt nach einem italienischen Informatiker: „Das Widerlegen von Schwachsinn erfordert eine Zehnerpotenz mehr Energie als dessen Produktion.“ Anders ausgedrückt (Ordre Spontané): „Eine Lüge kann um die halbe Welt reisen, während die Wahrheit immer noch dabei ist, ihre Schuhe anzuziehen“ – oder: „Die Lüge fliegt, und die Wahrheit hinkt hinterher“ (Jonathan Swift 1710).]
->Quellen: