Wettlauf um Klima-Sprit

Carbon Capture (and Utilization) auf Eidgenössisch und Isländisch

Air-Capture heißt die Anlage von Climeworks im schweizerischen Hinwil, die kommerziell Kohlendioxid aus der Luft gewinnt (Solarify berichtete). Eine Filtertechnik fängt rund 900 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre ein. Die Variante des Geo-Engineering soll langfristig zum Kampf gegen den Klimawandel beitragen. Bald sollen der im Sommer 2017 eröffneten weitere, größere Anlagen ihrer Art folgen. Auf dem Dach der Müllverwertungsanlage des Zweckverbands Kehrichtverwertung Zürcher Oberland (KEZO) in Hinwil wurden die 18 Ventilatoren der weltweit ersten kommerziellen Direct-Air-Capture-Anlage installiert, die von Climeworks, einem ETH-Spin-off, in jahrelanger Forschungsarbeit realisiert wurde. Die Ventilatoren saugen Umgebungsluft an, der in den CO2-Kollektoren Kohlendioxid entzogen wird. Der große Nachteil: Weil die Konzentration des CO2 in der Luft so gering ist, müssen enorme Luftmenge gefiltert werden – und das kostet Energie. Zuerst werden die Climeworks-Geräte eingesetzt, um fast reines CO2 für den wirtschaftlichen Einsatz zu gewinnen, zum Beispiel zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe oder Sprudel.

Island bei Methanol vorne

Die nach eigenen Angaben weltgrößte Methanolfabrik (es ist die zweitgrößte, die größte steht in Baotou, China) steht allerdings schon seit 2011 in Island: „George Olah Renewable Methanol Plant“ in Svartsengi bei Grindavik von Carbon Recycling International (CRI)Der Name der Anlage ehrt George Olah, Nobelpreisträger für Chemie und Mitverfasser des Buches „Jenseits von Öl und Gas: Die Methanol-Wirtschaft“. 2015 erweiterte CRI das Werk von 1.300 Tonnen Kapazität pro Jahr auf mehr als 5.000 t. Die Anlage recycelt jährlich 5.500 t CO2, das ansonsten in die Atmosphäre ausgestoßen würde. Die eingesetzte Energie stammt aus dem isländischen Netz, aus Wasserkraft und Geothermie. Die Anlage nutzt Elektrizität, um Wasserstoff herzustellen, der in katalytischer Reaktion mit CO2 in Methanol umgewandelt wird. Das CO2 wird aus dem Rauchgas (Geothermiedampfemissionen) des benachbarten Geothermie-Kraftwerks Svartsengi gewonnen. Der Herstellungsprozess erzeugt keine toxischen Nebenprodukte, da die einzige freigesetzte Chemikalie Sauerstoff ist, der bei der Wasser-Elektrolyse erzeugt wird. Erneuerbares Methanol aus der Anlage wird dann an den Markt verkauft, wo es mit Benzin vermischt und zur Herstellung von Biodiesel in Island und im Ausland verwendet wird.

Gemäß einer unabhängigen Prüfung durch die Hamburger SGS setzt die Verwendung von nachwachsendem Methanol aus der Anlage 90% weniger CO2 frei als die Verwendung einer vergleichbaren Menge an Energie aus fossilen Brennstoffen. Die geringe Menge an Emissionen, die durch die Produktion und Nutzung von nachwachsendem Methanol verursacht wird, steht im Zusammenhang mit dem CO2-Ausstoß von Geothermiekraftwerken, die etwa 30% der Energie im isländischen Stromnetz liefern.

Die Schweizer Climeworks hat sich inzwischen mit dem Energieversorger Reykjavik Energy zusammengetan, um erstmals die DAC-Technologie mit geologischer Speicherung zu kombinieren. Als Teil des Forschungsprojekts CarbFIx2 wird das Schweizer Cleantech-Unternehmen seine Technologie zur CO2-Beseitigung einsetzen. Gemanagt wird das im Rahmen von Horizon 2020 durch die EU geförderte Vorhaben am Geothermiekraftwerk Hellisheidi in Svartsengi. Das DAC-Modul von Climeworks ist auf dem Gelände des Kraftwerks installiert worden und ermöglicht es nun, CO2 direkt aus der Umgebungsluft sicher zu speichern.

[note Das kanadische Unternehmen Carbon Engineering war möglicherweise mit etwas Ähnlichem früher dran. Die Capture-Technologie von Carbon Engineering bringt atmosphärische, CO2 enthaltende Luft in Kontakt mit einer chemischen Lösung, die auf natürliche Weise CO2 absorbiert, in einem Gerät namens Contactor. Diese Lösung, die nun das eingefangene CO2 enthält, wird einem Regenerationszyklus zugeführt, der gleichzeitig das CO2 extrahiert, während die ursprüngliche chemische Lösung regeneriert wird, um sie wieder in dem Contactor zu verwenden. Das extrahierte CO2 wird mit dem gesamten CO2 aus dem Energieverbrauch des Systems kombiniert, und beide werden als Qualitäts-Produkt per Hochdruck-Pipeline geliefert.]

Viele Entwickler – junge Ingenieure in Start-ups, aber auch alteingesessene Unternehmen – träumen von einem zweiten, klimafreundlichen Leben des Treibhausgases. Chemiefirmen wie Covestro (siehe: solarify.eu/schaumstoff-aus-co2) wollen daraus Kunststoffe und Schäume herstellen oder es als Basis für Kosmetikprodukte verwenden.

Folgt: Designer Fuels – synthetische Kraftstoffe