Synthetische Kraftstoffe: bekannt – aber noch lange nicht Allgemeingut

Klimafreundlicher Verkehr wäre möglich

Unter dem Titel „Energiewende und nachhaltiges Wirtschaften“ beschäftigt sich ein zum Teil auf einer Medienmitteilung der Bosch AG beruhender Text des BMBF aus dem Jahr 2018 mit Designer-Fuels: „Nicht nur Elektroautos können dazu beitragen, dass die Luft in unseren Städten sauberer wird. Auch mit synthetischen Kraftstoffen kann der Schadstoffausstoß reduziert werden.“ Aus Erneuerbarem Strom, Wasserstoff und CO2 gewonnene synthetische Kraftstoffe – auch E-Fuels genannt – könnten wie Benzin oder Diesel in Verbrennungsmotoren vollständig oder teilweise eingesetzt werden.

Zapfhähne Dieselersatz OME und Solarstrom – Quelle © Schlögl, MPI CEC

Dabei handle es sich um Verbindungen wie Oxymethylenether (OME) oder n-Octanol. Diese Verbindungen verbrennen nahezu rußfrei und erlauben es daher, Motoren so zu verbessern, dass sie in der Gesamtbilanz sehr viel weniger CO2 und fast keinen Feinstaub oder Stickstoffoxid emittieren. In Zukunft werden laut BMBF sowohl synthetische Kraftstoffe als auch die Elektromobilität in sinnvoller Kombination (Hybrid)  notwendig sein. Nur ihr Zusammenspiel verspreche deutliche Fortschritte auf dem Weg hin zu einer emissionsfreien Mobilität.

Wenn es gelinge, synthetische Kraftstoffe in großen Mengen herzustellen, würden Autos künftig weniger Schadstoffe ausstoßen. Es hätte zudem den Vorteil, dass sie nur – anders als bei der Umstellung auf Elektroantrieb – wenig umgebaut werden müssten. Zudem könnten synthetische Kraftstoffe auch in Schiffen, Flugzeugen oder Lastwagen zum Einsatz kommen – also dort, wo Batterien voraussichtlich auch in Zukunft nicht die herkömmlichen Antriebe ersetzen könnten. Ein weiterer Vorteil sei, dass Tankstellen bestehen bleiben könnten.

Wichtiger Teil der Energiewende

Noch etwas spreche für E-Fuels: „Ähnlich wie Benzin oder Diesel lassen sie sich sehr gut für längere Zeit lagern – anders als Strom, der aus Wind und Sonne erzeugt wurde. Es ist sogar möglich, dass an Tagen mit viel Sonnenschein und viel Wind überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien  zu synthetischen Kraftstoffen verarbeitet wird. So könnten synthetische Kraftstoffe ein wichtiger Bestandteil der Energiewende werden. Hergestellt werden können sie aus verschiedenen Rohstoffen: aus fossilen Quellen und Biomasse, vor allem aber auch aus CO2, Wasser und regenerativ erzeugtem Strom. Das ist besonders interessant. Werden nämlich synthetische Kraftstoffe aus Biomasse oder regenerativen Energien gewonnen, ist ihre CO2-Bilanz nahezu neutral, da nur so viel CO2 ausgestoßen wird, wie für ihre Produktion gebraucht wurde. Das benötigte CO2 kann dabei entweder direkt aus der Atmosphäre gewonnen, oder bei Industrieprozessen wie der Stahlproduktion abgefangen werden.“

Forschungsbedarf

Noch bestehe einiger Forschungsbedarf, vor allem wenn es darum gehe, synthetische Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien und CO2 in großen Anlagen herzustellen (siehe: solarify.eu/carbon2chem). Erste kleine Anlagen konnten bisher nur einige Liter Kraftstoff liefern. Auch ist bekannt, dass synthetische Kraftstoffe sich in bestimmten Eigenschaften von fossilen Kraftstoffen unterscheiden und somit unter Umständen Anpassungen des Motors nötig machen – zum Beispiel an Dichtungen oder an der Einspritzpumpe. Tatsache ist auch: Bei den derzeitigen Verfahren und den aktuellen Rohölpreisen sind synthetische Rohstoffe wirtschaftlich nicht rentabel.

Das Bundesforschungsministerium unterstützt darum seit einigen Jahren intensiv Forschung an E-Fuels in verschiedenen Projekten. Das Ziel: Die Herstellung von Kraftstoffen ohne Einsatz fossiler Energien.

Dieser Text beruhte zum Teil auf der folgenden Internetseite der Bosch AG:

Bei synthetischen Kraftstoffen wird CO2 zum Rohstoff – Bosch-Studie zeigt großes Einsparpotenzial

Ein CO2-neutraler Verbrennungsmotor – was vor wenigen Jahren wohl noch ins Reich der Fantasie gehört hätte, kann bald Realität werden. Der Kniff sind synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels. Diese binden bei der Herstellung CO2. Das Treibhausgas wird so zum Rohstoff und mithilfe von regenerativ erzeugtem Strom lässt sich daraus Benzin, Diesel oder Gas herstellen. „Synthetische Kraftstoffe können Benziner und Diesel CO2-neutral machen und einen großen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung leisten“, sagt Dr. Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH. Wie groß dieser Beitrag allein im Pkw-Bestand Europas wäre, haben Bosch-Experten errechnet: Bis 2050 könnte der konsequente Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ergänzend zur Elektrifizierung bis zu 2.800.000.000.000 Kilogramm CO2 (= 2,8 Gigatonnen) einsparen.1 Das entspricht der dreifachen Menge des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes von Deutschland im Jahr 2016.

Rußarme Verbrennung reduziert Kosten der Abgasnachbehandlung

Auspuff (Diesel) – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Der Blick über Europa hinaus zeigt die Dringlichkeit, die Emissionen im Verkehr weiter zu reduzieren: Um die in Paris gesteckten Klimaziele zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen des Verkehrs in den nächsten vier Jahrzehnten weltweit um 50 Prozent gesenkt werden, in den Industriestaaten um mindestens 85 Prozent.2 „Um die künftigen Klimaziele zu erreichen, braucht es neben der Elektromobilität weitere intelligente Lösungen“, sagt Denner. Denn selbst wenn alle Autos eines Tages rein elektrisch fahren: Flugzeuge, Schiffe und selbst Lkw werden auch zukünftig überwiegend mit Sprit angetrieben. CO2-neutrale Verbrennungsmotoren, die mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, sind deshalb ein vielversprechender weiterer Pfad – und zwar auch im Pkw. Hinzu kommt, dass synthetische Kraftstoffe so designt werden können, dass sie praktisch rußfrei verbrennen. Damit lassen sich die Kosten der Abgasnachbehandlung reduzieren.

Ein weiterer zentraler Vorteil dabei ist, dass das bestehende Tankstellennetz weiter genutzt werden kann. Selbiges gilt auch für das bestehende Know-how bei der Verbrennungstechnik. Und obwohl Elektroautos in den nächsten Jahren deutlich günstiger werden, könnte sich die Entwicklung der Kraftstoffe lohnen. Bosch hat errechnet, dass je nach Kosten der eingesetzten regenerativen Energie ein mit E-Fuels betriebener Hybrid bis zu einer Laufleistung von maximal 160.000 Kilometern günstiger sein könnte als ein Langstrecken-Elektroauto.

Heutiges Tankstellennetz nutzbar, keine Umrüstung bei alten Fahrzeugen

Technisch ist es schon heute möglich, synthetische Kraftstoffe herzustellen. Wenn der Strom, der dafür eingesetzt wird, regenerativ – und damit CO2-frei – gewonnen wird, sind diese Kraftstoffe klimaneutral und vielseitig verwendbar. Mit dem Ausgangsstoff H2 können Brennstoffzellen betrieben werden, mit weiter verarbeiteten Kraftstoffen auch Verbrennungsmotoren oder Flugzeugturbinen. Für synthetischen Diesel, Benzin und Gas erfolgen derzeit erste Industrialisierungen in Pilotprojekten in Norwegen und Deutschland. Dazu kommt: Weil sie mit der bisherigen Infrastruktur und Motorengeneration kompatibel sind, wirken synthetische Kraftstoffe direkt im Bestand und damit deutlich schneller als eine Flottenerneuerung durch Elektrofahrzeuge. Auch für Fahrer älterer Fahrzeuge würde sich nichts ändern: Denn synthetisch erstelltes Benzin bringt selbst einen Oldtimer zum Fahren – es bleibt von den chemischen Strukturen und grundsätzlichen Eigenschaften nach wie vor Benzin.

Q&A – Weitere Informationen zum Thema E-Fuels:

Was muss getan werden, damit E-Fuels sich durchsetzen?
Damit sich synthetische Kraftstoffe in der Breite durchsetzen, ist trotz allem noch große Anstrengung notwendig. Denn die Anlagentechnik ist heute noch teuer und es gibt nur wenige Testanlagen. In Deutschland fördert deshalb das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie synthetische Kraftstoffe im Rahmen der Initiative „Energiewende im Verkehr“. Auch die zunehmende Verfügbarkeit und der zukünftig sinkende Preis von regenerativ erzeugtem Strom werden die Durchdringung der Kraftstoffe in der Breite beschleunigen.

Wie werden synthetische Kraftstoffe hergestellt?
E-Fuels werden ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestellt, indem aus Wasser zunächst Wasserstoff produziert wird. Für einen flüssigen Kraftstoff wird nun noch Kohlenstoff benötigt. Dieser kann aus Industrieprozessen oder sogar mit Filtern aus der Luft gewonnen werden. Aus CO2 und H2 gewinnt man anschließend den synthetischen Kraftstoff – also Benzin, Diesel, Gas oder auch Kerosin.

Wie teuer wird der Kraftstoff sein?
Noch ist die Herstellung von synthetischen Kraftstoffen aufwändig und teuer. Doch ein Markthochlauf der Produktion sowie eine günstige Preisentwicklung beim Strompreis könnten dafür sorgen, dass synthetisch erzeugte Kraftstoffe deutlich günstiger werden. Langfristig sind nach aktuellen Studien reine Kraftstoffkosten von 1,00 bis 1,40 Euro pro Liter realisierbar (exklusive Steuer).

Was unterscheidet E-Fuels von Biokraftstoffen?
Anders als bei Biokraftstoffen gibt es bei synthetischen Kraftstoffen nicht die Abwägung zwischen Tank und Teller. Mit erneuerbarem Strom lassen sich E-Fuels zudem ohne die bei Biokraftstoffen zu erwartende Mengenbegrenzung – bspw. durch begrenzte Anbauflächen – herstellen.

Solarify meint: Erstaunlich ist, dass in kaum einer Publikation über das Thema davon die Rede ist, dass nur das Dieselprivileg mit seinen ca. 7 Mrd. Euro Steuervergünstigungen fallen müsste, um E-Fuels konkurrenzfähig zu machen.

Quellen: