Kramp-Karrenbauer und die schwarze Null

Kommentar von Klaus Oberzig – mit freundlicher Genehmigung

Die große Koalition rettet seit der Europawahl tagtäglich das Klima. Seit CSU-Chef und Bayernregent Markus Söder medial den Ton vorzugeben versucht, ist CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in Zugzwang, um nicht ins klimapolitische Hintertreffen zu geraten. Sie zieht nun ebenfalls in medienwirksam kurzen Abständen eine Karte nach der anderen aus dem klimapolitisch noch etwas kurzen Kleidchen. Sie propagiert eine „Steuerreform für Klimaschutz“ und schlägt als besonderes Knallbonbon eine „Abwrackprämie für Ölheizungen“ vor. „Das bestehende Gesamtgebäude aus Entgelten, Umlagen, Abgaben und Steuern im Energiesektor muss grundlegend umgebaut werden“, verkündete sie am 11.08.2019 in einem Artikel in der „Welt am Sonntag“(siehe solarify.eu/fossile-heizungen-durch-erneuerbare-energien-ersetzen).

Kommentare geben Meinung und Informationen der Kommentierenden wieder, nicht in jedem Fall die von Solarify.

Durch diese Reform solle der Ausstoß der klimaschädlichen Treibhausgase zum zentralen Maßstab für die Steuern gemacht werden. Und es müsse eine Entlastung für Bürger und Betriebe erreicht werden. Sie nennt explizit die EEG-Umlage (!) und die Stromsteuer. Die CDU Chefin redet von einer „Entlastungsoffensive“, zu der neben der Abwrackprämie eine „steuerliche Sanierungsförderung“ flankierend wirken soll. Zu dieser Art der Nachhaltigkeit gehöre auch die „schwarze Null“ eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes und die“ grüne Null der Klimaneutralität“. Die roten Nullen von der SPD hingegen fordern mehr Geld für „klimafreundliche Zukunftsinvestitionen“.

Soweit also die Inszenierungen von der Schlagwortfront, mit denen die Medien bedient und das Volk benebelt werden sollen. Stellt sich die Frage, worum es wirklich geht. Die steuerliche Absetzbarkeit von Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebereich ist wahrlich kein neues Thema. Gerade als Forderung aus dem Chor der Energiewendefreunde ist dies schließlich altbekannt. Mancher wird sich fragen, ob jetzt alles gut wird und ob endlich eines der zentralen Modernisierungshindernisse geschleift werden könnte. Andererseits, dies ist zweimal just an denen gescheitert, die sie jetzt medienwirksam propagieren.

Liest man die Formulierungen der CDU-Chefin genauer durch, fällt die Verknüpfung von steuerliche Absetzbarkeit und Abwrackprämie für Ölheizungen ins Auge. Endgültige Klarheit liefert eine zeitgleich erschienene Studie des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft (BDEW) zum „Heizverhalten in Deutschland“ (siehe bdew.de/fast-jedes-zweite-gebaeude-mit-oelheizung-laesst-sich-sofort-auf-gas-umstellen). Betont wird das hohe Alter der Heizungen, fast jede vierte sei 25 Jahre alt oder älter; der Durchschnitt liege bei 17 Jahren. Lediglich gut ein Drittel sei jünger als 10 Jahre. Auch der BDEW formuliert „wir brauchen endlich eine steuerliche Abschreibung für energetische Gebäudesanierungen, um das gewaltige CO2-Einsparpotenzial im Wärmemarkt zu heben“.

Bleibe die Modernisierungsoffensive im Wärmemarkt aus, werde auch das Sektorziel 2030 nicht erreicht. Zur Erinnerung, der Gebäudebereich soll im Jahr 2030 nur noch 70 bis 72 Mio. Tonnen CO2 ausstoßen. Das bedeute eine Minderung um ca. 39 % gegenüber dem Jahr 2018. Gleichzeitig wird von der BDEW-Studie aber auch betont, fast die Hälfte der 5,8 Mio. Gebäude, die noch mit Öl beheizt werden, liegen im „gasberohrten Gebiet“. Was, so die Schlussfolgerung, bedeutet, dass mindestens 2,1 Mio. dieser Gebäude schnell mit einer Gasheizung „modernisiert“ werden könnten. Eine weitere halbe Million ließe sich an vorhandene Fernwärmenetze anschließen. Versüßt durch eine Abwrackprämie.

Durch diesen Umstieg auf Erdgas ließen sich 14 Mio. t CO2 einsparen. Würde man alle Ölheizungen eliminieren, könnte man 30 Mio. t CO2 sparen. „Die von der CDU-Parteivorsitzenden Kramp-Karrenbauer vorgeschlagene Abwrackprämie für Ölheizungen könnte die dringend benötigte Wärmewende voran bringen“, so der BDEW ganz offen. Verborgen in dieser Argumentation, die in schöner Eintracht zwischen CDU und BDEW in die Medien gebracht wurde, ist zugleich ein Paradigmenwechsel. Wärmewende hat hier mit Erneuerbaren Energien überhaupt nichts mehr zu tun. Es geht hier eindeutig nur noch um Erdgas.

Damit schließt sich der Kreis und die vorgetragenen „Klimaschutzmaßnahmen“ entpuppen sich als Umsetzung des „Fuel Switch“, der als Nachfolgestrategie zum Kohleausstieg gepusht wird. Neu ist allerdings, dass der Begriff des „Fuel Switch“ jetzt auch Anwendung auf Ölheizungen findet. Für alle, die bisher die These vertreten hatten, der Bau der neuen Pipelines durch die Ostsee und das Schwarze Meer, sowie die Installation einer zusätzlichen neuen LNG-Infrastruktur seien total überdimensioniert, ergibt sich eine neue Erkenntnis. Namhafte Vertreter der Bundesregierung verpacken ein Konjunktur- und Expansionsprogramm für das Erdgas als Klimaschutzmaßnahme. AKK tricky.

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