Die Hitzewelle trifft nicht nur Menschen und Natur, sondern auch die Energieversorgung. Weil die Flüsse zu warm werden, können mehrere französische Atomkraftwerke nur noch eingeschränkt laufen.

Nah am Wasser gebaut. Atomkraftwerke nutzen Flusswasser als Kühlwasser. Das ist bei hohen Temperaturen leider nicht unproblematisch. Foto: Marc Pascual
Die Hitzewelle im Mittelmeerraum treibt die Wassertemperaturen in Flüssen und Küstenregionen auf Höchststand. Die Folge: Der staatliche Energieversorger EDF muss die Leistung mehrerer Atom-Reaktoren drosseln. Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus meldete für den 22. Juni 2025 Wassertemperaturen im westlichen Mittelmeerraum und entlang der südfranzösischen Küste, die bis zu fünf Grad über dem jahreszeitlichen Mittel lagen. Auch der spanische Wetterdienst AEMET bestätigt eine überdurchschnittliche Erwärmung. Demnach wurden bereits ab Mitte Juni Temperaturen von über 25 Grad Celsius gemessen. Temperaturen, die sonst erst Monate später im Hochsommer üblich sind.
Besonders kritisch ist die Lage im westlichen Mittelmeer und im Golf von Biskaya. In diesem münden französische Flüsse wie die Gironde, die Garonne und die Rhône. Sie dienen mehreren Atomkraftwerken als Kühlwasserquelle. Atomkraftwerke entnehmen Flusswasser, leiten es nach dem Kühlvorgang wieder ein. Doch nur, solange Umweltvorgaben zur maximal zulässigen Rücklauftemperatur eingehalten werden können. Da hohe Temperaturen das Ökosystem bedrohen, gibt es gesetzlich festgelegte Grenzwerte: Ist das Flusswasser bereits zu warm, darf es nicht weiter aufgeheizt werden. In diesem Fall muss der Kühlbedarf des Kraftwerks reduziert oder ganz ausgesetzt werden. Die Leistung der Reaktoren muss dann entsprechend gedrosselt werden.
Aktuell ist laut EDF unter anderem der Standort Blayais nahe Bordeaux betroffen. Dort sind vier Reaktorblöcke mit einer Gesamtleistung von 3.600 Megawatt installiert. Der Versorger rechnet ab sofort mit konkreten Leistungseinschränkungen. Ähnliche Warnungen gelten für das AKW Bugey an der Rhône (ebenfalls 3.600 MW) und für Golfech an der Garonne mit 2.700 Megawatt. Die EDF betont, dass die Prognosen täglich neu bewertet und bei Bedarf angepasst werden.

Eine marine Hitzewelle breitet sich derzeit im Mittelmeer aus. Die Datenvisualisierung zeigt die Temperaturabweichungen der Meeresoberfläche. Im westlichen Mittelmeer lagen die Temperaturen über 5 Grad Celsius über dem jahreszeitlichen Durchschnitt. Bildquelle: © European Union, Copernicus Sentinel-2 imagery
Die außergewöhnlich hohen Wassertemperaturen sind ein Anzeichen eines sich verschärfenden Klimatrends. Dass Flüsse und Küstengewässer bereits im Juni Werte erreichen, die bislang erst im Juli oder August üblich waren, deutet auf ein beschleunigtes Erwärmungsmuster hin. Solche Extremwerte treten immer früher im Jahr auf und häufen sich. Für die Energieversorgung bedeutet das eine zunehmende Belastung, da bestehende Infrastrukturen wie wassergekühlte Atomkraftwerke auf stabile Umweltbedingungen angewiesen sind.
Die aktuelle Lage verdeutlicht eine wohl oft übersehene Schwäche: die Abhängigkeit von kühlem Flusswasser. Dies macht Atomkraftwerke verwundbar gegenüber klimatischen Extremen. In einem Land wie Frankreich, das rund 70 Prozent seines Stroms aus Kernenergie bezieht, wächst damit ein Problem. Einerseits soll die Versorgungssicherheit gewährleistet bleiben, andererseits dürfen Umwelt- und Gewässerschutz nicht unterlaufen werden. Ein Grund, warum langfristig wasserunabhängige Technologien und flexible Stromspeicher in den Fokus rücken, doch ihr Ausbau verläuft bislang schleppend.
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