Erst vor wenigen Wochen lobte der Umweltminister Carsten Schneider die Kreislaufwirtschaft als unverzichtbar. Jetzt soll ihre Abteilung im Ministerium aufgelöst werden. In der Branche wächst die Sorge vor einem politischen Rückschritt.

Ein Blick aus der Industriegeschichte: Die schwarz-weiße Aufnahme aus dem Inneren der Zeche Zollverein zeigt eine sechseckige Stahlstruktur, die sich kreisrund nach oben öffnet. Foto von Tim Hüfner
Die geplante Auflösung der Abteilung „Transformation, Digitalisierung, Circular Economy, Klimaanpassung“ im Bundesumweltministerium sorgt in der Branche für Irritation. Der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft (BDE) warnt davor, die Kreislaufwirtschaft strukturell zu schwächen und damit zentrale klimapolitische Ziele zu gefährden. Aus Sicht der Branche ist diese Entscheidung unverständlich, da gerade jetzt stabile politische Rahmenbedingungen benötigt werden, um die grüne Transformation zu sichern.
Laut Bundesumweltministerium handelt es sich bei der Neuorganisation um eine interne Strukturmaßnahme. Die Zuständigkeiten würden demnach neu zugeordnet, ohne dass das Thema Kreislaufwirtschaft an politischer Bedeutung verliere. Die Kritik fällt jedoch deutlich aus: „Damit wir unsere Wettbewerbsfähigkeit, Rohstoffsicherheit und Klimaziele sichern können, braucht die Kreislaufwirtschaft politischen Rückenwind – nicht ihre Auflösung in einem Ministeriums-Organigramm“, erklärte BDE-Präsidentin Anja Siegesmund. Der Verband sieht die Gefahr, dass ein zentrales Politikfeld – die zirkuläre Nutzung von Rohstoffen – zwischen Ressortgrenzen und Umstrukturierungen zerrieben wird. Sie stärke die heimische Rohstoffversorgung, trage zum Klimaschutz bei und mache Lieferketten widerstandsfähiger. Besonders irritierend ist, dass Bundesumweltminister Carsten Schneider die Branche noch Anfang Juni beim Tag der Kreislaufwirtschaft als „zentralen Partner“ für die Umsetzung seiner Politik gelobt hatte. Umso unverständlicher erscheint vielen die Entscheidung, die entsprechende Abteilung abzuschaffen – zumal auch EU-weite Initiativen wie der geplante „Circular Economy Act“ ab 2026 die Relevanz des Themas noch verstärken dürften. Der BDE fordert ein Sonderprogramm im Rahmen der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Geopolitische Spannungen und fragile Handelsbeziehungen hätten gezeigt, wie verwundbar Deutschland durch Primärimporte ist. Recycling und zirkuläre Systeme seien laut BDE die ökologisch und ökonomisch „logische Antwort“.
Die politische Volatilität, in der sich die Klimapolitik derzeit bewegt, spiegelt sich in solchen Strukturdebatten wider. Der Reformdruck ist groß, gleichzeitig fehlt es oft an langfristiger Planungssicherheit. Nicht nur Umweltverbände, sondern auch Unternehmen und kommunale Entsorger fragen sich, ob die nötige Priorität für Klima- und Ressourcenpolitik politisch noch gewährleistet ist. Auch wenn es formal nur eine Abteilung ist, bleibt die Frage: Wie glaubwürdig ist die Klimapolitik, wenn zentrale strategische Einheiten abgebaut werden? Wer eine resiliente, klimafreundliche und ressourcenschonende Wirtschaft will, muss politische Klarheit schaffen. Gerade jetzt, wo Europa auf eine neue Phase der Kreislaufwirtschaft zusteuert, sind stabile Strukturen und klare Zuständigkeiten unerlässlich sind.
Quellen:
- Bundesumweltministerium: Rede von Carsten Schneider beim Tag der Kreislaufwirtschaft 2025
- BDE-Präsidentin zur geplanten Auflösung der ABteilung für Kreislaufwirtschaft im Bundesumweltministerium