Die EU verschärft ihre Müllregeln: Mit neuen, verbindlichen Zielen sollen Lebensmittelverschwendung und Textilabfälle bis 2030 deutlich sinken. Erstmals werden Hersteller europaweit in die Pflicht genommen. Was auf den ersten Blick wie ein technischer Beschluss wirkt, könnte ein wirksamer Hebel für die Kreislaufwirtschaft sein.

Mit Vorgaben für Industrie und Handel beschlossen: Neue EU-Regeln sollen Lebensmittelverschwendung und Textilabfälle deutlich reduzieren. Foto von Frederic Köberl
Das Ziel: Ressourcen schonen, Emissionen senken und den Übergang zur Kreislaufwirtschaft voranzubringen. Am 9. September 2025 hat das Europäische Parlament eine überarbeitete Abfallrichtlinie beschlossen. Damit werden erstmals EU-weit verbindliche Ziele für Lebensmittelabfälle eingeführt. Zudem wird eine erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) für Textilien verpflichtend.
Allein in der EU fallen jährlich rund 60 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle an. Das entspricht etwa 132 Kilogramm pro Kopf. Ab 2030 sollen diese Mengen deutlich sinken: Einzelhandel, Gastronomie und Haushalte müssen den Lebensmittelabfall pro Kopf um 30 % senken, die Lebensmittelverarbeitung um 10 %. Jeweils im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2023. Diese Vorgaben sind rechtsverbindlich. Wie die Staaten sie umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Vorgeschlagen werden Maßnahmen wie verbesserte Haltbarkeitskennzeichnung oder die Weitergabe genießbarer, unverkaufter Lebensmittel an soziale Einrichtungen. Laut EU sollen so auch Treibhausgasemissionen reduziert sowie Wasser und Energie eingespart werden. Für den Agrarbereich gelten jedoch keine Ziele. Ein Punkt, den Umweltorganisationen kritisieren.
Auch im Textilbereich verschärft die EU die Vorgaben. Künftig sind Hersteller also in der Pflicht, sich an der Finanzierung der Sammlung, Sortierung und Verwertung ihrer Produkte zu beteiligen. Die EPR-Regelung betrifft ein breites Spektrum an Textilwaren, von Kleidung über Teppiche bis hin zu Bettwäsche. Bis spätestens Mitte 2028 müssen alle Mitgliedstaaten ein funktionierendes EPR-System einführen. Hersteller umweltfreundlicher, langlebiger Produkte sollen laut EU-Kommission geringere Gebühren zahlen als Anbieter kurzlebiger Fast-Fashion-Ware. Besonders Online-Plattformen wie Shein, die mit extrem billigen Textilien große Mengen an Müll verursachen, geraten damit verstärkt in den Fokus. Umweltverbände begrüßen den Schritt grundsätzlich, kritisieren aber das Fehlen konkreter Sammel- oder Wiederverwendungsquoten. Auch die Übergangsfrist von 30 Monaten wird als zu lang kritisiert, angesichts der schnell wachsenden Textilabfälle.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen die neuen Vorgaben binnen 20 Monaten in nationales Recht überführen. Kleine Unternehmen erhalten zusätzliche Zeit. Großbritannien ist nach dem Brexit nicht an die Richtlinie gebunden, Expertinnen und Experten dort fordern jedoch vergleichbare Maßnahmen. Für die EU selbst bringt die Harmonisierung einheitliche Regeln für Unternehmen und eine Stärkung des Verursacherprinzips. Langfristig könnten sich durch die Neuregelungen neue Märkte für Wiederverwertung und Recycling entwickeln. Ob die neuen Regeln ausreichen, um die Abfallmengen tatsächlich zu senken, bleibt abzuwarten. Klar ist: Ohne ambitionierte Umsetzung drohen die neuen Pflichten zu verpuffen. Dennoch markiert die Richtlinie einen wichtigen Schritt hin zu Kreislaufwirtschaft und einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen.
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