Photovoltaik: Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock

Der Solarausstieg 2012

Obwohl Anfang 2012 bereits eine starke Kürzung von 15% stattfand, um eine Marktüberhitzung zu vermeiden, wurde das Messer nur vier Wochen später erneut angesetzt: Röttgen und Rösler stellten ihre Ausstiegspläne vor. Die Stimmungsartikel gegen EEG und PV kehrten ab November 2011 wie auf Knopfdruck zurück. Aggressiver als je zuvor. Und wieder gab es nicht einen Artikel über die Ausgleichsmechanismusverordnung, die eigentliche Hauptursache der EEG-Umlagen- und somit Strompreissteigerung. Die Solarausstiegsbeschlüsse zogen sich über Monate hin, die Branche wurde auf Eis gelegt. Im Sommer 2012 erfolgten rückwirkend zum 01. April Kürzungen von z.T. über 25%, nach ohnehin gerade erfolgten 15%. Das hatte eine Unterförderung der Solarstromanlagen zur Folge. Insbesondere den Projekten der Bürgerenergiegenossenschaften auf kommunalen Dächern wurde die Existenzgrundlage genommen.

Solarparks und die FDP

In der Geschichte des EEG gab es in der Tat durch Auseinanderentwickeln von Vergütungshöhe und Modulpreisentwicklung ab Sommer 2009 für mehrere Monate eine Marktüberhitzung. Diese war maßgeblich im großen Leistungssegment zu beobachten. Es war zu diesem Zeitpunkt geboten, im Sinne einer breiten Akzeptanz des EEG zu handeln. Röttgen kürzte und bekam Anfang 2010 einen unerwarteten Gegner in der eigenen Koalition. Die FDP entdeckte überraschenderweise ihr Herz für große Freiflächenanlagen und machte sich für dieses Leistungssegment stark.

Die sehr großen Solarparks, die am wenigsten Akzeptanz in der Bevölkerung haben, überproportional Finanzjongleure und Glücksritter anzogen und zugleich am wenigsten dem Charakter der dezentralen Bürgerenergiewende kleiner Leute entsprechen, erhielten im Solarausstieg 2012 durch schwarz-gelb eine Sonderfrist. Dadurch wurde speziell für das Marktsegment der Investmentfonds und Vermögenden eine attraktive Rendite ermöglicht. Dies löste einen vorher nie stattgefundenen Solarpark-Boom aus. Gleichzeitig wurde beim kleinen und mittleren Marktsegment der Familien, Landwirte, Kommunen, Genossenschaften und mittelständischen Betriebe Stornos und massiver Auftragseinbruch erzeugt. Die Insolvenzwelle und das Massensterben in der PV-Branche begann, während für Vermögende und wenige Projektierer Klientelpolitik betrieben wurde, die nur einen geringen Prozentsatz aller Anlagenbetreiber ausmachten, aber durch Megawatt-Zubau die Auszahlungssummen hochtrieben.

EEG-Umlage 2013

2013 stieg die EEG-Umlage kräftig. Kein Wunder, es gab einen starken Nachholeffekt für das falsch prognostizierte Fukushimajahr 2011. Außerdem wirkte das EEG-Paradoxon, angeschoben durch den Nachfrageschub 2011 und Megawattpark-Boom 2012. Die Börsenpreise fielen deutlich. Gleichzeitig wirkte sich die Ausweitung der Industrie-Privilegien aus.

Kurz vor Veröffentlichung der EEG-Umlage 2013 begann eine aggressive, flächendeckende Anzeigen- und Plakatkampagne: „EEG stoppen, sonst scheitert die Energiewende“. Begleitet durch passende Artikel in FAZ, Spiegel, Focus, Welt usw. Die AusglMechV, durch die die EEG-Umlage unvergleichlich stärker angestiegen ist als die eigentlichen EEG-Kosten an die Anlagenbetreiber, blieb wie immer völlig unerwähnt! Stattdessen wurde die Abschaffung des EEG gefordert und die Einführung eines Quotenmodells. An Bahnhöfen wurde man schier erschlagen von überlebensgroßen Plakaten mit stimmungsmachenden Karikaturen und Slogans gegen das EEG und einem Appell an die Bundeskanzlerin. In ganzseitigen Anzeigen sämtlicher Tageszeitungen war zu lesen: „Hilfe, die Energiewende wird unbezahlbar“, „Schluss mit dem Strompreis-Horror“, „Subventionen lassen die Strompreise explodieren“ oder „Hohe Strompreise kosten Wählerherzen“.

Wer oder was ist die INSM?

Wer war der Urheber dieser Anzeigen und Plakate? Für den politisch gering interessierten Bürger war kaum erkennbar, wer hier ganz offensichtlich viel Geld in die Hand genommen hatte, um eine automatische Assoziation zu den drei Buchstaben EEG und des Begriffs Energiewende zu erzeugen. Wer wollte die Meinung der Passanten und Zeitungsleser in seinem Sinn beeinflussen? Rechts unten war klein und zurückhaltend das Logo der „Initiative neue soziale Marktwirtschaft“ zu sehen. Wer ist diese Initiative?

Wer recherchiert, findet nicht nur bei Wikipedia viel Material zu einer Organisation, die sehr lautstark sämtliche Lebensbereiche der letzten 14 Jahre mitprägt, gleichzeitig aber maximal leise und unsichtbar ist, wenn es um eigene Transparenz geht.

Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft (INSM) ist eine advokatorische Denkfabrik, bzw. eine der einflussreichsten Lobbyorganisationen der deutschen Wirtschaft, die über eine Vielzahl an intransparenten PR-Maßnahmen mittels Themenkampagnen Einfluss auf öffentliche Debatten nimmt und politische Beschlüsse in eigenem Sinn forciert. Die Zeit schrieb 2005 zur INSM den Artikel „Lautsprecher des Kapitals“: „Sie setzt alles daran, Stimmungen zu verstärken oder zu drehen und medialen Druck zu erzeugen. Wer die Arbeit der Initiative kennt, versteht den fortschreitenden Wandel in der öffentlichen, politischen Kultur, denn ihre Macher glauben fest daran: Wer am Ende die Herrschaft in einer Debatte erringt, dem winkt der höchste Preis – eine Politik nach seinem Gusto.“