Photovoltaik: Vom Hoffnungsträger zum Sündenbock

Der EEG-Coup hinter den Kulissen: Wie mache ich aus einer Mücke einen Elefanten?

Gleichzeitig wurde – von der Öffentlichkeit unbemerkt – die Berechnungsmethode der EEG-Umlage entscheidend geändert. Bis 2009 verkaufte jeder Stromlieferant – vom großen Versorger bis zum kleinen kommunalen Stadtwerk – eine definierte EEG-Strommenge (EEG-Quote) in seinem jeweiligen Strom-Portfolio zu regulärem Preis mit. Die regional unterschiedlich auftretenden EEG-Strommengen der Einspeiser wurden hochgewälzt an Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) (EVU -> VNB -> ÜNB), dort gesammelt und wieder gleichmäßig an alle EVUs zurückgewälzt. Jeder Stromlieferant erhielt den gleichen Anteil EEG-Strom von den ÜNB in Form einer Bandlieferung mit einer monatlich neu festgesetzten Quote und bezahlte pro Kilowattstunde dafür die EEG-Durchschnittsvergütung. Diese wurde ebenfalls regelmäßig definiert und glich die regional unterschiedlichen EEG-Vergütungskosten aus. Die verbleibenden Mehrkosten der EEG-Durchschnittsvergütung zu den EVU-spezifischen durchschnittlichen Strombeschaffungskosten wurden als EEG-Umlage nach folgender Formel auf die Stromverbraucher umgelegt:

Differenzkosten = EEG-Durchschnittsvergütung – durchschnittliche Strombezugskosten.

EEG-Umlage = EEG-Quote × Differenzkosten.

Von der EEG-Umlage ausgenommen waren nur wenige energieintensive Betriebe. Die Entwicklung der EEG-Umlage entsprach in ihrem Verlauf bis 2009 der Entwicklung der tatsächlichen EEG-Kosten und stieg nur moderat gemäß des Zubaus.

Die beiden Lobbyorgansisationen Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Bundesverband Neuer Energieanbieter (BNE) setzten sich bereits länger vehement für eine „Reform des Ausgleichsmechanismus“ ein und forcierten dies. Durch eine kleine Anfrage der damals oppositionellen FDP an die Bundesregierung zur „Novellierung des EEG-Wälzungsmechanismus“ kam das Thema im März 2009 auf die parlamentarische Agenda. Im Mai 2009 legte die damalige Bundesregierung die „Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus des EEG“ vor. Am 2. Juli 2009, wenige Tage vor der Sommerpause, stimmte auch der Bundestag dem Verordnungsentwurf zu. Eine Diskussion fand nicht statt. Die Beschlussempfehlung des Umweltausschusses wurde vom Parlament im Schnellverfahren mit der Mehrheit der großen Koalition und den Stimmen der oppositionellen FDP abgenickt.

Die Folgen dieses Beschlusses waren zwar fatal für die Verbraucher, wurden aber in der Öffentlichkeit bis zum heutigen Tag überhaupt nicht wahrgenommen oder diskutiert. Selbst die existentiell betroffene EE-Branche reagierte nicht. Lediglich Lorenz Jarras et al. warnten bereits 2009 vor einer stark steigenden EEG-Umlage: „Neuer EEG-Ausgleichsmechanismus kann den Ausbau der Erneuerbaren Energien gefährden!“

Wie recht sie behielten, zeigt die Grafik. Die Entwicklung der reinen Förderkosten der Anlagenbetreiber, die den Originalzahlen der ÜNB anhand des im Netz veröffentlichten EEG-Kontos entnommen werden können, wurde vollständig entkoppelt von der Entwicklung der EEG-Umlage. Konkret hat sich die EEG-Umlage seit Beschluss der neuen Berechnungsmethode ab 2009 verfünffacht, während sich die umlagefinanzierten, reinen Förderkosten der Anlagenbetreiber im gleichen Zeitraum trotz zeitweise starken Solarbooms nicht einmal verdoppelt haben.