Linke: Regierung soll Kohleausstieg einleiten

II.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, noch im ersten Halbjahr 2016 einen Gesetzesentwurf über den Rahmen für einen planmäßigen Ausstieg aus der deutschen Kohleverstromung (Kohleausstiegsrahmengesetz KohleausstiegsRG) vorzulegen, welcher folgenden Eckpunkten entspricht:

  1. Mit dem Gesetzentwurf wird das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) so geändert, dass über das BImSchG bzw. einen Verordnungsentwurf nach BImSchG die immissionsschutzrechtliche Privilegierung der Verstromung von Kohle aufgehoben und CO2 als Umweltschadstoff definiert wird.
  2. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung beginnt spätestens im zweiten Halbjahr 2017 mit planmäßigen Stilllegungen von Kraftwerksblöcken auf der Basis von blockscharfen Restlaufzeiten bzw. Reststrommengen. Spätestens im Jahr 2035 wird der letzte Kohlekraftwerksblock in Deutschland stillgelegt.
  3. Der Umfang der Abschaltung korrespondiert mit einer Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Bundesrepublik von mindestens 40 Prozent bis 2020, 60 Prozent bis 2030, 80 Prozent bis 2040 und 95 Prozent bis 2050 gegenüber 1990.
  4. Der Ausstiegskorridor für Kohlekraft korrespondiert mit dem Ausbaukorridor für Ökostrom entsprechend den gesetzlichen Ausbauzielen der Bundesrepublik für den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch mit den entsprechenden Zwischenzielen. Letztere werden gegenüber den bisherigen Zielen durch eine Änderung des § 1 Erneuerbare -Energien -Gesetz (EEG) angehoben bzw. festgelegt auf mindestens 43 Prozent bis 2020, 55 Prozent bis 2025, 70 Prozent bis 2030, 85 Prozent bis 2035 und 100 Prozent bis 2040.
  5. Der Neubau von Kohlekraftwerken und der Neuaufschluss von Tagebauen werden untersagt. 6) Es werden keine Stilllegungsprämien für Kraftwerksblöcke gezahlt.
  6. Der schrittweise Ausstieg aus der Braunkohleverstromung ist arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch zu begleiten, wobei insbesondere Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter der Beschäftigten vor Ort und der Region wirksam einzubinden sind. Finanziell ist dieser Prozess durch einen „Strukturwandelfonds Kohleausstieg“ des Bundes in Höhe von mindestens jährlich 250 Millionen Euro abzusichern. Er wird für die infolge des Kohleausstiegs vom Strukturwandel betroffenen Beschäftigten und Regionen bereitgestellt.
  7. Die Bundesregierung schließt mit den Betreibern der Braunkohletagebaue und -kraftwerke einen Vertrag mit dem Ziel ab, betriebsbedingte Kündigungen infolge des Kohleausstiegs in den Unternehmenssparten zu verhindern. Dafür sind angesichts der Altersstruktur der Beschäftigten in der Braunkohlewirtschaft vorrangig Instrumente wie Altersteilzeit oder Vorruhestand zu nutzen. Mit dem Kohleausstieg verbundene Lücken bei Einkommen oder Altersbezügen für die Beschäftigten sind angemessen zu schließen. Zur Finanzierung ist ein Teil der unter Punkt II.7) genannten Mittel zu reservieren.
  8. Die Bundesregierung leitet im Falle von Strompreiserhöhungen, die auf den forcierten Kohleausstieg zurückzuführen sind, Maßnahmen ein, um diese für private Stromkunden zu kompensieren. Spielraum dafür bietet insbesondere der Abbau von unberechtigten Privil egien der Stromwirtschaft bei der EEG Umlage oder bei den Netzentgelten.
  9. Die Finanzierung der Folgelasten der Braunkohleförderung wird durch die Bildung eines ausreichend ausgestatteten staatlichen Nachsorgefonds gesichert, in den die bisher ige n Nachsorge-Rückstellungen der Tagebaubetreiber sowie eine festzulegende Förderabgabe auf die Braunkohleförderung eingehen.
  10. Die Punkte II. 1) bis II. 10) werden inhaltlich Bestandteil des bis zum Sommer 2016 zu verabschiedenden „Klimaschutzplans 2050“ der Bundesregierung.
  11. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das 5. Verwaltungsabkommen über die Finanzierung der Braunkohlesanierung, das mit den Bundesländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen abgeschlossen wurde, nach dessen Auslaufen im Jahr 2017 durch ein neues um eine Zeitspanne zu verlängern, die nötig ist, um über die Sanierungstätigkeit der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) die notwendige und fachgerechte Nachsorge für die Bergbautätigkeit der DDR zu garantieren.
  12. Noch 2016 ist ein Runder Tisch für ein en Kohlekonsens einzuberufen. An ihm nehmen gesellschaftliche Akteure teil wie Gewerkschaften, Umwelt und Verbraucherverbände, Unternehmen der Stromwirtschaft (aus fossiler und erneuerbarer Erzeugung), Vertreterinnen und Vertreter des Bundes, der Länder und betroffener Kommunen, Expertinnen und Experten für Energie und Klimapolitik aus dem wissenschaftlichen Bereich sowie Praktiker mit Erfahrung im Strukturwandel. Der Runde Tisch führt einen Dialogprozess und erarbeitet konkrete Vorschläge zu Kernelementen des Kohleausstiegs, insbesondere dazu,

a. durch welche Methode möglichst kosteneffizient die Restlaufzeiten bzw. Reststrommengen für Kohlekraftwerksblöcke und im Rahmen dessen ggf. Flexibilitätsoptionen für diese Laufzeiten festgelegt werden;
b. wie der Ausstieg aus der Kohleverstromung struktur-, industrie -, arbeitsmarkt und sozialpolitisch begleitet werden kann, wobei ausreichend Raum dafür zu schaffen ist, dass zentrale Entscheidungen darüber in den Ländern und Kommunen auf Basis gesellschaftliche r Dialogprozesse in den betroffenen Regionen selbst getroffen werden können. In diesem Rahmen sind vom Runden Tisch Vorschläge über die Ausrichtung, regionale Aufteilung und Verwendung des „ Strukturwandelfonds Kohleausstieg “ des Bundes zu erarbeiten;
c. wie die Förderabgabe der Tagebaubetreiber und der Übergang ihrer bisher gebildeten Nachsorge -Rückstellungen in den staatlich verw alteten Nachsorgefonds ausgestaltet werden.

13. Die Vorschläge des Runden Tisches für ein en Kohlekonsens bilden im Rahmen de r Vorgaben des Kohleaus stiegsRG die Grundlage für ein Gesetz über den planmäßigen Ausstieg aus der deutschen Kohleverstromung (Kohleausstiegsgesetz – KohleausstiegsG).

14. Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer Ebene dafür ein, dass über eine Änderung der EU -Emissionshandelsrichtlinie jene Menge an CO2 Emissionsrechten (EUA) endgültig stillgelegt w ird, welche infolge des deutschen KohleausstiegsG – im Vergleich zu einem Basisszenario ohne ein solches Gesetz – frei wird.

Folgt: III.