Linke: Regierung soll Kohleausstieg einleiten

Kohleausstiegsgesetz schafft endlich Planungssicherheit

Aus den angeführten Gründen ist es notwendig, ein zusätzlic hes Instrument einzuführen, das in der Bundesrepublik die Verstromung der Kohle in dem Maße begrenzt, wie sie durch Ökostrom zuverlässig ersetzt wird. Dafür ist es erforderlich, Instrumente, wie das erfolgreiche Erneuerbaren -Energien -Gesetz (EEG), welches den Ausbau der Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Biogas oder Wasser erfolgreich auf einen Anteil von heute 32,5 Prozent an der Bruttostromerzeugung vorangetrieben hat, mit einem Kohleausstiegsgesetz zu ergänzen. Zudem ist es an der Zeit, die Unsicherheit in den Kohlerevieren zu beenden. Der unausweichliche Ausstieg aus der Kohleverstromung betrifft Beschäftigte in Tagebauen und Kraftwerken sowie ihre Familien. Er betrifft die Energieversorger, Zulieferbetriebe und Dienstleister. Er betrifft auch Städte und Gemeinden, Sportvereine und Kultureinrichtungen in den Regionen. Je früher und konkreter die Abschaltung der einzelnen Blöcke bekannt wird, umso eher können auch ernsthafte und demokratisch organisierte Debatten um Ausgestaltung und soziale Absicherung des Strukturwandels begonnen werden, und umso eher können die Reviere Alternativen angehen. Und umgekehrt: Je später feststeht, welche Anlagen wo und wann vom Netz gehen, umso chaotischer, teurer und unsozialer wird der Wandel vor Ort. Entschädigungsansprüche der Betreiber werden durch direkte Instrumente zum Kohleausstieg, wie die hier geforderte Laufzeit oder Strommengenbegrenzungen, grundsätzlich nicht ausgelöst – im Gegensatz zum Sonderfall der Zuweisung eines Kraftwerks zu einer strategischen Reserve, bei der die Kosten der Einsatzbereitschaft angemessen vergütet werden muss. Das ergibt eine Studie „ Kraftwerks -Stilllegungen zur Emissionsreduzierung und Flexibilisierung des deutschen Kraftwerksparks: Möglichkeiten und Auswirkungen“ des IZES gGmbH Institut für ZukunftsEnergieSysteme von August 2015, die u.a. eine rechtliche Untersuchung der Frage enthält (Prof. Dr. Stefan Klinski, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin – HWR). Ein Rechtsanspruch auf Amortisation lasse sich den Grundrechten nicht entnehmen. Grundsätzlich könnten den Anlagenbetreibern mit Blick auf die höherrangigen Ziele des Klimaschutzes wirtschaftliche Belastungen zugemutet werden.

Instrumente, die im Vergleich zum vorgeschlagenen Kohleausstiegsgesetz stärker marktbasiert sind, wie etwa CO2-Mindestpreise oder Steuern, mögen – zumindest in der Theorie – volkswirtschaftlich effizienter sein. Sie haben jedoch den gravierenden Nachteil, dass letztlich die Entwicklung der Preise für Brennstoffe und CO2-Zertifikate sowie die Nachfrage bestimmt, wann welches Kraftwerk an welchem Ort abgeschaltet wird. Damit würden die Reviere auch im nächsten Vierteljahrhundert in weitgehender Unsicherheit leben, wann bei ihnen der jeweilige Kohlemeiler oder Tagebau dicht macht. Demgegenüber wird ein blockscharfer Abschaltplan – sofern er auf von Effizienzkriterien basiert – eine Abschaltreihenfolge festlegen, die dicht an den Ergebnissen liegen dürfte, welche bei gleichen Klimaschutzvorgaben marktbasierte Mechanismen produzieren. Die – theoretisch – etwas geringere Effizienz eines Abschaltplans nach Ordnungsrecht wird durch die enormen Vorteile mehr als ausgeglichen, die seine Berechenbarkeit für die betroffenen Menschen darstellt. Aus diesem Grund hat sich DIE LINKE schon früh für das Konzept eines Kohleausstiegsgesetzes entschieden.

Sie hat bereits drei Anträge zu einem Kohleausstiegsgesetz vorgelegt. Diese basierten in der Grundidee auf einem früheren Vorschlag von Greenpeace Deutschland zur planmäßigen Abschaltung von Kohlekraftwerken. So forderte DIE LINKE im Jahr 2013 mit dem Antrag „Kohleausstiegsgesetz nach Scheitern des EU -Emissionshandels“ (BT -Drs. 17/12064) anhand von Effizienz-Kriterien und unter Berücksichtigung der bisherigen Laufzeit maximale Reststrommengen für jedes bestehende Kohlekraftwerk festzulegen, sollten zielführende Reformen des EU-Emissionshandelssystem unterbleiben. Der Neubau von Kohlekraftwerken und Neuaufschluss von Tagebauen solle untersagt werden. Ab dem Jahr 2014 sollte die jährliche Menge an in Kohlekraftwerken erzeugtem Strom begrenzt und in den Folgejahren stetig und weitgehend linear reduziert werden, wobei spätestens im Jahr 2040 das letzte Kohlekraftwerk in Deutschland stillgelegt werden sollte. Im Januar 2014 legte DIE LINKE einen weiteren Antrag „Energiewende durch Kohleausstiegsgesetz absichern“ (BT-Drucksache 18/1673) mit einem Plan zur Abschaltung von Kohlekraftwerken vor. Der Antrag skizzierte detaillierter ein Kohleausstiegsgesetz mit den Elementen

– blockscharfe Reststrommengen für Kohlemeiler in einer effizienzgesteuerten Abschalthierarche,
– Flexibilitätsmechanismus für die Erzeuger,
– arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitische Begleitung des Kohleausstiegs.

Ende 2014 ergänzte DIE LINKE in dem Antrag „Deutscher Beitrag zu den UN-Klimaverhandlungen – Kohlendioxid als Umweltschadstoff definieren, Betriebszeiten von Kohlekraftwerken begrenzen“ (BT -Drs. 18/3313) ihr Konzept eines auf Reststrommengen basierten Kohleausstiegsgesetzes dahingehend, dass die Bundesregierung beauftragt werden sollte, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) oder einen Verordnungsentwurf nach BImSchG vorzulegen, der die immissionsschutzrechtliche Privilegierung der Verstromung von Kohle aufhebt und CO2 als Umweltschadstoff definiert. Im vorliegenden Antrag verknüpft die LINKE ihr bisheriges Konzept der Reststrommengen das aufgrund schlecht abschätzbarer jährlicher Volllaststunden nur ungefähre Enddaten für jeden Kohlemeiler geliefert hätte – mit dem Konzept von Restlaufzeiten, das in der Lage ist, blockscharf den spätesten Abschalttermin festzulegen. Danach würde der letzte Kraftwerksblock spätestens im Jahr 2035 vom Netz gehen. Das parallele Festlegen von Reststrommengen für jeden Meiler bleibt nach Überzeugung der Antragsteller allerdings weiterhin dafür erforderlich, der gegenwärtigen Flucht in Braunkohle-Stromexporte entgegen zu wirken.

Kohlekonsens herbeiführen, Kohleausstieg gesetzlich fixieren

Vor allem aber erweitert und konkretisiert DIE LINKE mit dem vorliegenden Antrag ihr Konzept eines Kohleausstiegs. Das geschieht sowohl aus Konsequenz aus dem UN-Klimaschutzabkommens von Paris, als auch im Rahmen der aktuellen Debatten um den Agora-Vorschlag „Elf Eckpunkten für einen Kohleausstieg“. Das schrittweise Abschalten der Kohlekraftwerksblöcke wird hier vorbereitet und abgesichert durch einen gesellschaftlichen Dialogprozess sowie durch Festlegungen zur Finanzierung des notwendigen Strukturwandels in den betroffenen Regionen und der Sicherung der Nachsorge.

So ist der vorgesehene effizienzbasierte Abschaltplan als instrumenteller Kern des Kohleausstiegs nur ein Punkt innerhalb eines weiterreichenden Konzeptes. Dieses besteht aus zwei Stufen (siehe Punkt II):  In Stufe eins wird die Bundesregierung aufgefordert, noch im ersten Halbjahr 2016 ein Kohleausstiegsrahmengesetz vorzulegen, welches zentrale Eckpunkte des Kohleausstiegs regelt. So soll u.a. CO2 als Umweltschadstoff definiert werden, der Ausstieg aus der Kohleverstromung spätestens im zweiten Halbjahr 2017 entschädigungslos mittels blockscharfen Restlaufzeiten bzw. Restrommengen beginnen und im Jahr 2035 voll zogen sein. Es wird ein Reduktionspfad für die Gesamtemissionen an Treibhausgasen bis 2050 vorgegeben, der Neubau von Kraftwerken und der Neuaufschluss von Tagebauen sollen verboten werden. Ferner soll der Ausstieg durch einen Strukturwandelfonds des Bundes sowie durch Beschäftigungssicherungsmaßnahmen begleitet und durch einen staatlichen Nachsorgefonds abgesichert werden, welcher durch die Betreiber von Braunkohletagebauen zu füllen ist.

Durch den Kohleausstieg zusätzlich frei werdende CO2-Zertifikate sollen in der EU endgültig stillgelegt werden. Zudem sollen Strompreiserhöhungen für private Stromkunden vermieden werden, indem ein etwaiger kohleausstiegsbedingter Anstieg der Strompreise durch eine Minderung vom Privilegien der Industrie bei Umlagen und Abgaben kompensiert wird. Modellierungen im Auftrag von Agora Energiewende legen allerdings nahe, dass sich ein solcher Anstieg nur in einem Bereich bewegen wird, der deutlich unter 1 Ct/kWh gegenüber einem Referenzszenario ohne einen forcierten Kohleausstieg liegt. Zu den Eckpunkten des Kohleausstiegsrahmengesetz gehört auch die Einberufung eines Runden Tisches für einen Kohlekonsens noch im Jahr 2016. Dieser Runde Tisch, an dem für diesen Prozess relevante gesellschaftliche Gruppen beteiligt werden sollen, soll über die Ausgestaltung jener Eckpunkte beraten, die im Kohleausstiegsrahmengesetz festgelegt sind.

In Stufe zwei werden die Ergebnisse des Runden Tisches zur Grundlage eines von der Bundesregierung vorzulegenden Gesetzes über den planmäßigen Ausstieg aus der Kohleverstromung (Kohleausstiegsgesetz). Hierin soll dann die konkrete Ausgestaltung der genannten Eckpunkte festgelegt werden. So etwa zu den Methoden zur Zuweisung von Restlaufzeiten bzw. Reststrommengen, zur den Details der Verwendung der finanziellen Absicherung des Strukturwandels und der Organisation des Nachsorgefonds oder zum weiteren Dialogprozess mit den betroffenen Regionen. DIE LINKE macht unter Punkt III für den Dialogprozess des Runden Tisches einen eigenen Vorschlag zur Ausgestaltung des Kohleausstiegsgesetzes. Dieser Vorschlag ist als Debattenbeitrag zu verstehen, soll also nicht den Ergebnissen des Runden Tisches vorgreifen. Entsprechend wird Punkt III dieses Antrags vom Bundestag nur zur Kenntnis genommen.

->Quellen: