Drei Jahre mit einem E-Auto

Werden Elektrofahrzeuge im Rahmen einer Sektorkopplung zu einer relevanten Größe in der Stromspeicherung?

Es steht außer Frage, dass eine Umstellung des Verkehrs auf elektrische Antriebe eine relevante Größenordnung an Stromspeichern bereitstellen kann. Allerdings sind diese Planspiele erst dann als ernsthaft zu betrachten, wenn es in der Tat um Millionen von Fahrzeugen geht. Was zur Folge hat, dass entsprechende Konzepte auch nur sehr langsam und in ziemlich kleinen Flotten bzw. auch kleinen Anzahlen von dezentral verkehrenden Fahrzeugen erprobt und entwickelt werden können. Häufig ohne jede schnelle Wirtschaftlichkeit für die Innovatoren. Selbst große Konzerne wie die Deutsche Post, die sich vorgenommen hat, bis zu 70.000 ihrer eigenproduzierten Elektrotransporter mittelfristig selbst zu nutzen, kann entsprechende Versuche und Testreihen auch nur in begrenztem Umfeld umsetzen.

Der Umbau des Stromnetzes und der Erzeugung bewegt sich in rasanter Geschwindigkeit. Eine sinnvolle Kopplung der Sektoren sollte Innovationen aus dem Verkehrsbereich dringend einfließen lassen, unter anderem um so Kosten zu sparen oder auch fehlgeleitete Entwicklungen zu korrigieren. Dazu brauchen wir 2020 mindestens eine Million Elektroautos in Deutschland, und danach in rasanter Geschwindigkeit deutlich mehr. Davon sind wir aufgrund des Fehlens einer politisch mutigen Gesamtstrategie weit entfernt.

Verbieten oder konsequente CO2– und Giftstoffbesteuerung/Lärmreduktionsvorschriften?

Trotz hoch gesteckter Ziele der Bundesregierung und der gesetzlichen Möglichkeiten passiert in den meisten Gemeinden wenig, um Elektromobilität zu fördern. So auch in der Hauptstadt Berlin, wo es schlicht gar keine Anreize gibt, ein Elektroauto zu fahren. Immerhin entsteht nach fünf Jahren Ausschreibungsphase langsam ein sehr kleines Netz von Ladestationen in den Innenstadtbezirken. Die Initiative von ubitricity, die nachrüstbaren Laternen mit „low power/low cost“ Steckdosen auszustatten, wurde hingegen aus allen möglichen Gründen bisher politisch verhindert. Einmal mehr zeigt sich an dieser Stelle die brutale Diskrepanz zwischen Ankündigungen der Berliner Politik und ihrem Handeln. Leider steht Berlin mit diesem vollmundigen Nichtstun nicht alleine da.

Es stinkt munter weiter aus den Auspuffanlagen. Die ganze Palette nicht-stinkender Giftstoffe wird weiterhin zum Schaden aller und vor allem der Kinder in die Luft gepustet. Es scheint, als sei der gesamte Politikbetrieb gelähmt von der Umsetzung von bereits vorhandenen Schadstoffminderungsstrategien. Unzureichende Debatten wie temporäre Fahrverbote oder seltsame Plakettendiskussionen erregen die Gemüter. Und das, obwohl man diese Phase direkt überspringen sollte – hin zu integrierten, digital auf der Höhe der Zeit operierenden Verkehrskonzepten und schnellstmöglich in die Elektromobilität.

Sollte man zu einem Stichtag alle Verbrennungsmotoren verbieten? Nun, wenn es auch weiterhin am politischen Mut fehlt, CO2 und andere Giftstoffe massiv zu besteuern, dann sind Verbote unumgänglich. Das man so etwas machen kann, zeigt die noch immer schnell wachsende Wirtschaft in China: Dort sind knatternde Mofas und Roller in Großstädten bereits länger Geschichte. Sie wurden durch oft auch selbst gebaute leise Elektrofahrzeuge abgelöst. Auch im Bereich der Neuzulassungen beginnt China, den Anteil von Verbrennnern zu reduzieren. Es scheint dort nur eine Frage der Zeit, wann der Zeitpunkt für die letzte Verbrennerzulassung genannt wird. Ähnliche Diskussionen und Gesetzesvorlagen werden derzeit in Norwegen diskutiert: Hier geht es nur noch um die zeitliche Abfolge und wie rigoros das Verbrennerverbot wird. Aber nicht mehr um das generelle „Ob“.

Auch hier vermisse ich in Deutschland den politischen Mut zum Wohle aller, endlich die nächsten Schritte in der Verminderung und Vermeidung von schädlichen Emissionen zu gehen. Dies ist bei vielen faszinierenden Technologien gegeben, und der überwiegende Teil der Bevölkerung will Maßnahmen für mehr Lebensqualität in der heutigen Zeit und eine Abwendung der weiteren Verschärfung des Klimawandels. Der Umbau der Infrastruktur und Mobilität wäre zudem eine massive Investition in die deutsche Wirtschaft, und das bei historisch niedrigen oder gar Minuszinsen für Investitionskredite. Ein sinnvoll vorgetragenes Maßnahmenpaket für eine neue Etappe der Mobilität würde sicher große Zustimmung finden. Einzelne und oft hilflos wirkende Maßnahmen wie Kaufprämien werden das sicher nicht erreichen.

Und heute in Deutschland – wie sehen die Angebote im Frühjahr 2017 aus?

Wenn Opel trotz des Verkaufs an PSA sein Modell Ampera II wie bisher geplant auf den Markt bringt und das Auto sowohl in Verfügbarkeit als auch in der Nutzung die hohen Erwartungen erfüllt, könnte der deutsche Markt für Elektrofahrzeuge in eine neue Ära aufbrechen – das Auto hat das Zeug für den ersten „Volkswagen“-Elektro. Praktisch, sehr hohe Reichweite und angemessener Preis auf Mittelklasse Niveau.

Sonst sieht es nach wie vor auf Bundesebene schwach aus: das Ziel, bis 2020eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bringen, ist weder von der Bundesregierung noch von der dominanten deutschen Autoindustrie ernst gemeint. Die Autoindustrie hat so geschlafen, dass sie nun in ihrem Heimatmarkt krampfhaft versucht, mehrere Jahre Zeit zu gewinnen, um gegenüber Tesla und den chinesischen Unternehmen aufzuholen. Ergo wird vor den avisierten Modelloffensiven der deutschen Anbieter, die ich im bestenfalls ab 2019 sehe, sehr wenig passieren.

Die laufende Neufahrzeug-Förderung ist nett, aber halt auch eine Mogelpackung: hat man doch eh gewählte Rabatte der Autohersteller gleich eingerechnet. Auch nett die Ankündigungen des Bundes und der deutschen Autoindustrie, mehr Lademöglichkeiten aufzubauen. Es fehlt aber der Wumms und so macht weiterhin Tesla vor, wie man Infrastruktur zum Laden schafft und blamiert damit täglich die Bundesregierung und die ach so stolze deutsche Autoindustrie.

In unser Berliner Leben sind nun nach fünf Jahren Vorlauf mit Ausschreibungen etc. einige Dutzend öffentliche Ladesäulen getreten, die von the new motion betrieben werden. Das ist aber viel zu langsam, da der Berliner Senat parallel weiterhin jede private Aktivität im öffentlichen Raum unterbindet und auch die Bereitschaft von Stromnetz Berlin/Vattenfall, die Laternen für das Laternenladen von ubitricity zu öffnen, weiterhin ablehnt. Rot-Grün-Rot hat daran bislang nichts geändert. In Shoppingcentern gibt es inzwischen auch mehr Angebote zum Laden, und weil bis auf wenige Hotspots in Berlin-Mitte dort auch immer freie Plätze sind, könnte man sich sogar als „Laternenparker“ gut durchschlängeln. Massentauglich ist das in Deutschland noch nicht, daher müssen die günstigeren Alternativen endlich freie Bahn bekommen.

Die aktuell auf den Weg gebrachte Ladesäulenverordnung des Bundes kann hier helfen. Von diversen anderen Möglichkeiten, nichtmonetäre Anreize für Elektroautos zu schaffen (Busspur, Parkgebühren), hat zumindest Berlin bisher keinen Gebrauch gemacht. Und im Berliner Umland sieht es bis auf einige Pilotprojekte bitter aus mit den Ladesäulen – also am besten Kabeltrommel an Bord nehmen und los!

Folgt: Die Autos und Transporter der westlichen Anbieter – wo zugreifen?