Drei Jahre mit einem E-Auto

Die Fahrdynamik ist sagenhaft

„Mach mal Raketenauto“ – so der begeisterte oder auch etwas gegruselte Aufruf der Kinder auf dem Rücksitz des i3. Das dürfte selbsterklärend sein und die Fahrdynamik des Fahrzeugs mit 1.200 kg Gewicht bei 170 PS und 220 NM auf 175er Reifen gut beschreiben. Komischerweise gibt es manche Fahrer von Sportwagen oder getunten anderen Verbrennern, die dennoch gerne mal ein Rennen mit der „Öko-Karre“ provozieren, was für viele an der Ampel oder aus dem Fahren heraus trotz Kickdowns oder hektischen Herunterschaltens ein böses Ende nimmt, zumindest bis der verantwortungsbewusste Elektroautofahrer dann in der Stadt bei 70 km/h runterbremst und ein dröhnender Klein-Porsche an ihm vorbeizieht. Beim „Schwanzvergleich“ mit einem Tesla S sieht das oft noch übler aus. Unvernunft lässt schön grüßen, aber wer kennt nicht das Lied „Leider Geil“ von Deichkind und damit auch den real existierenden Renndrang.

Auch weniger stark motorisierte Elektrofahrzeuge weisen diese „Autoscooter“-Eigenschaften aus und wer freut sich nicht darüber, dass ein Fahrzeug „zieht“, wenn man das will.

Ein hochmodernes Stadtfahrzeug … mit super Service aber schlechter App, Website und Ladekarte

Tesla wirbt mit umfangreichen Funktionen seiner Software und übermittelt seine Updates u. a. via WLAN. Dies ist bei dem hohen Entwicklungstempo und der bewusst gefahrenen Strategie der Weiterentwicklung von Funktionen beim Kunden auch notwendig. Auch Navigation und weitere Systeme sind hochdynamisch und damit in der Regel deutlicher schneller auf dem neuesten Stand als bei den Wettbewerbern. Mit Hilfe des Kraftakts „eigenes Schnellladesäulen-Netz“ stellt das Unternehmen zudem eine (geschlossene) Infrastruktur dort bereit, wo Markt und öffentliche Hand bisher zaudern. Angesichts des Nutzungsprofils „Landstrecke“, für die der Tesla S steht, ist dies auch kaum anders möglich. Die Ladung über Nacht in der Großraumnutzung eines kleinen Elektrowagens würde hier nicht funktionieren. Und so ist auch hier Software an Bord und der Ausbau des Netzes sehr gut synchronisiert.

Dagegen steht die BMW-Philosophie: Nach jedem Update wird der Wagen durch einen Servicemitarbeiter gefahren, um sicher zu sein, dass alles sicher bleibt. Das ist natürlich ein gutes Argument wenn man ganz auf Nummer sicher gehen will. Auch die anderen Hersteller sind derzeit noch weit weg von derartig integrierten Soft/Hardwareansätzen und scheuen offenkundig noch immer die Update-Möglichkeit via WLAN wie der Teufel das Wasser. Bei jedem generellen Software update geht es mit Terminvorlauf, Zeitverlust und Genervt-Sein ab in die Werkstatt. Ob sich hier „safety first“ halten wird oder schlicht auch die Systeme besser werden um Software-Update-Unsicherheiten generell auszuschließen wird sich zeigen – unser BMW Service in Berlin ist jedenfalls immer Reise wert denn die machen das wirklich gut und sind in der e-Mobility auch vorne dabei mit ihrer „drive now Flotte“, die viele Realdaten für die Weiterentwicklung liefert.

In Sachen digitale Umgebung ist BMW leider noch deutlich hintendran. Das zugehörige Softwareportal „charge now“ muss zudem extra bezahlt werden und ist dabei richtig schlecht. Wir haben es daher vor 2 Jahren abgemeldet, inkl. der bis dahin nicht gut funktionierenden Ladekarte. Auch die App zum Wagen ist sehr rudimentär und ihre Werte stimmten oft nicht mit denen des Bordcomputers überein. Das integrierte Portal „360 Electric“ ist immer noch im Aufbau, hier sollen sinnvollerweise Mobilität, solare Stromerzeugung und Speicherung miteinander eng verbunden werden.

Wenig Verständnis haben wir für die schlicht nicht funktionierende Verlinkung des Kaufs vom i3 mit dem BMW-eigenen Drive Now System: Dort muss man sich wie jeder „Fremde“ kostenpflichtig extra anmelden – moderne Mobilitätslösungen sehen für mich anders aus. Bisher sind diese Aspekte für uns aber nicht kaufentscheidend und die Vorteile des Wagens im Gebrauch überwiegen die fehlenden Elemente in der digitalen Welt bei Weitem. Schafft es aber Tesla tatsächlich mit dem Modell M einen kleineren, wendigen Wagen zu kleinerem Preis als der i3 in ordentlichen Stückzahlen herzustellen, dann wird es verdammt eng für alle Hersteller, die noch immer sträflich die digitale Welt, die sinnvolle Vernetzung und die Nutzerfreundlichkeit vernachlässigen.

E-Mobilität kann mit Car Sharing und autonomen Fahren die Stadtbilder massiv verändern

In Berlin werden derzeit trotz Wohnungsnot und der „ach so grünen“ Grundeinstellung aller Parteien gerade ganze Häuserzüge für den Ausbau der Stadtautobahn abgerissen. Als wäre das nicht schon genug, soll sie sich sogar noch weiter in innerstädtische, gewachsene Wohngebiete hinein fressen. Nein, das ist wirklich kein Bericht aus den siebziger Jahren, sondern ernst gemeinte Politik von CDU und SPD, die bis zu ihrer Abwahl im Herbst 2016 für den Weiterbau der Autobahn gestimmt haben. Ob Rot-Grün-Rot in Berlin nun endlich mal aus all den blumigen Wolken der „Political Correctness“-Sprache etwas konkret auf die Straße bringen, bleibt abzuwarten.

Die Argumente sind auch alle ‚siebziger‘ und angesichts des Übergangs zu einer E-Mobility-Welt grotesker denn je. In Berlin würden eher Fahrrad-Autobahnen gebraucht, so dicht ist oft der Fahrverkehr in der Innenstadt. Radfahrer werden immer schön auf schmale Radwege oder an den Rand gedrängt. Warum eigentlich? Denn E-Mobilität heißt Digitalisierung, Sharing Economy und damit eine bessere Vernetzung verschiedener Verkehrsträger. Die Branche der E-Bikes boomt und zieht immer mehr Menschen in Ballungsräumen auf das Rad, gerade auch diejenigen, die es bisher aus Bequemlichkeit nicht genutzt haben. Mit meinem Smartphone habe ich schon jetzt an jedem Punkt der Stadt gute Infos zum öffentlichen Nahverkehr und dieses System wird immer besser, die Nutzung damit immer einfacher und leichter planbar – staufrei ohnehin.

Nimmt man die vielen Meldungen zu den Effekten von Carsharing in Verbindung mit selbstfahrenden Autos/Kleinbussen/(Sammel-) Taxen ernst, dann könnten ziemlich schnell 70 – 80 % der heutigen Autos von den Straßen verschwinden. Die Blockchain-Technologie wird Car Sharing oder Fahrerdienste wie „MyTaxi“ oder das umstrittene „Uber“ noch weiter dezentralisieren, verbilligen und die Willigen einbeziehen in die Gemeinschaft der Teilenden. Klar auch, denn meistens stehen die teuren Autos und fressen somit Straßenraum zum Parken und das Geld der Besitzer. Mit dem vor allem in den Ballungszentren dramatisch schwindenden Prestigefaktor „Auto“ wird sich der Wandel weiter beschleunigen. Elektrische Autos können denn auch automatisch betankt werden und mit der Verbindung zur digitalen Welt wird das fahrerlose Fahren sehr bald Realität. Diese Fahrzeuge werden den Anteil rational fahrender Objekte auf den Straßen schnell erhöhen, was mittelfristig den Verkehr trotz vielfach kleinerer Straßen flüssiger machen wird. Denn sie drängeln nicht, haben kein Adrenalin in der Blutbahn und sind schon gar nicht beim Fahren besoffen.

Und damit könnten die Vorstellungen einer Umgruppierung der Straßenwege Richtung Radwege oder gar eines Rückbaus der Straßen nebst Begrünung auch in einer wachsenden Stadt schnell Realität werden. Man muss auch als bekennender Autofahrer den Mut haben, sich das vorzustellen – bekennend heißt bei mir allerdings, nicht selbst fahren zu müssen. Dies finde ich lästig und dem Zugfahren schon lange unterlegen. Die Vorstellung hingegen mit anderen gemeinsam ein via Smartphone bestelltes Auto zu nutzen, um zu einem Termin zu kommen, finde ich interessant. Wobei ich klar die Version ohne Fahrer bevorzuge, denn vom Gros der Berliner Taxifahrer habe ich gelinde gesagt wirklich genug – aber das ist ein anderes Thema.

Folgt: Werden Elektrofahrzeuge im Rahmen einer Sektorkopplung zu einer relevanten Größe in der Stromspeicherung?