Drei Jahre mit einem E-Auto

Die Autos und Transporter der westlichen Anbieter – wo zugreifen?

Hybride kennen wir ja seit vielen Jahren vornehmlich von japanischen Anbietern, auch bei anderen Marken aus der EU breiten sie sich, allerdings schleppend, aus. Beim Hybrid muss man aber jedes Modell einzeln ansehen, um einschätzen zu können, ob man damit fahren kann, und wie weit man rein elektrisch damit kommt. Allzu viele Angebote nutzen die Hybridtechnik weiterhin nur für das Anfahren/Abbremsen und nicht als echte Alternative. Und selbst für den Großstadtverkehr sind dann etwa 20 km rein elektrische Reichweite im Alltag sehr wenig.

Kombis oder Transportermodelle sind rein elektrisch noch selten aber es werden mehr. Wer hier größere Strecken fahren muss, wird derzeit an Hybriden nicht vorbeikommen, es sei denn das Budget gibt einen Tesla X her, den man dann als Transporter nutzt – dies bleibt aber eher eine Ausnahme.

Hier ein unvollständiger Blick auf Fahrzeuge die ich schon z. T: länger gefahren bin oder mir angesehen habe.

USA  – Tesla und dem Unternehmer Elon Musk wird in der Geschichtsschreibung der Platz gebühren, aus den Elektrofahrzeugen eine gut nutzbare und auch zunehmend bezahlbare Technik gemacht und diese in die Weltmärkte gebracht zu haben. Die Firmengeschichte ist atemberaubend und inspirierend. Derzeit sind nur die teuren Modelle S und X im Markt verfügbar; das über 400.000 Mal vorbestellte Modell M soll im Sommer 2017 in die Produktion gehen, und vielleicht ist der Wagen dann 2018 oder 2019 mit sinnvollen Bestellzeiten auch für Deutschland in größeren Mengen verfügbar. Mit dem Modell M würde Tesla sich dem breiten Markt öffnen. Die Tesla Wagen S und X sind aufgrund ihrer hohen Preise nur für ein kleines Segment des Fahrzeugmarktes geeignet, ihre Stückzahlen sind dementsprechend limitiert. Wer die Mittel hat, bekommt spannende und gute Fahrzeuge.

Japan –  Toyota ist der Hybridpionier im Massenmarkt, und so hat der Toyota Prius das Segment Hybrid über viele Jahre in die Breite getragen und in allen Belangen optimiert. Wer einen Hybrid kaufen will, sollte sich Toyota daher immer ansehen. Toyota hat für viele seiner Fahrzeugreihen Hybride im Angebot, bislang aber keine rein elektrischen Fahrzeuge.

Nissan hat mit dem rein elektrischen Pkw Leaf einen (westlichen) Bestseller, der durch seine Weiterentwicklung über viele Jahre ein rundum gut nutzbares und bezahlbares Fahrzeug ist. Auch hat Nissan absolut bezahlbare Transporter im Angebot, diese sind wie der Leaf bei klaren Anforderungen an die persönliche Reichweite absolut alltagstauglich.

Mitsubishi hat mit dem iMIEV (den es auch bei Citroën gibt) bereits 2010 in der EU vor allem ein kleines, wendiges und rein elektrisches Auto auf den Markt gebracht, welches aber mittlerweile in die Jahre gekommen ist.

EU – Audi hat mit dem A 3 e-tron einen Plugin-Hybriden, also nichts Besonderes. Und das war es dann auch im Programm. Was ich für eine Marke, die sich mit „Vorsprung durch Technik“ präsentiert, schon bitter finde. Die Ankündigungen werden noch immer von Benziner- und Dieselfahrzeugen dominiert.

Renault ist von den europäischen Herstellern sicher derjenige, der mit verschiedenen Modellen (das bekannteste ist der Zeo), aber auch witzigen Einfällen und Nutzfahrzeugen bereits seit langem auf elektrisches Fahren setzt. Wie Nissan aus Japan werden die Renaults angesichts der „hippen“ Tesla und BMW aber viel zu wenig beachtet.

VW hat mit Passat und Golf GTE Plugin-Hybride und Golf/e-up als Elektroversion. Der e-Golf 2017 ist auf der Höhe der Zeit. Mehr als ein Anfang ist das aber nicht, und man merkt auf Schritt und Tritt, wie isoliert diese Fahrzeuge im ganzen Konzern noch gesehen werden.

Mercedes hat mit dem Smart als Elektroversion früh gestartet, auch mit diversen Hybriden, die aber vor allem verbrauchs- und antriebsoptimierend eingesetzt wurden. Die rein elektrische B-Klasse ist nett, wirkt aber auch noch etwas „isoliert“ im Konzern.

Opel/Citroën/Peugeot: alles offen?

Nach dem Verkauf von Opel an PSA erscheint es manchen Beobachtern fraglich, ob der mit vielen Erwartungen behaftete Opel Ampera II mit seiner 60 kWh-Batterie als Version des Chevrolet Bolt wie erwartet im Frühjahr 2017 auf den deutschen Markt kommt. Die Opel-Website spricht weiter von „kommenden Modellen“. Das Fahrzeug hat mit einem erwarteten Preis von ca. 35.000 Euro und ca. 300 km Reichweite im Winter das Zeug, dem Tesla M bereits vor seinem Debüt in der EU massiv Konkurrenz machen – wenn er denn nun kommt und GM keine anderen Pläne hat. Citroën und Peugeot haben bisher mit Mitsubishi kooperiert, mangels Erfolg die Produktion ihrer Versionen des iMIEV aber eingestellt.

Es gibt in der EU auch diverse weitere kleinere Elektromarken – hier sei auch nochmal die Post erwähnt, die nun mit ihrem Scooter im Markt ist. Deren Entwickler wollen in Kürze weitere Kleinmodelle bauen.

Hat uns China auch in der E-Mobility längst überholt?

Es erscheint mir wichtig, zwischen der westlichen und der östlichen Welt (hier vor allem China) zu unterscheiden, denn nicht nur im Internet gibt es für alle westlichen Portale und Angebote eine oft innovativere östliche Version. Kein Wunder, denn der Sprachraum hat Milliarden Menschen, die zudem oft sehr innovationsfreundlich sind.

Nach pragmatische Elektroroller in den Metropolen an der Ostküste Chinas schon lange die sonst in Asien beliebten Knatter-Roller verdrängt haben, bzw. verboten worden sind, haben die Chinesen aus der Not eine Tugend gemacht und ein beeindruckendes Angebot entsprechender Fahrzeuge sowie selbst auf Elektro umgebaute Mopeds geschaffen. Nun stürmt das Land mit massiven Anreizen und Verboten in den Verkaufszahlen für Elektroautos nach oben und will bis 2022 einfach mal 3,5 Mio. öffentliche Ladesäulen aufstellen. Im Dezember 2016 wurden 150.000 neue E-Autos zugelassen, in den Vormonaten jeweils rund 30.000. Deutschland kam 2016 auch auf ca. 30.000, allerdings im ganzen Jahr. Öffentliche Ausbaupläne für Ladesäulen sind im Bund leider weiter Fehlanzeige – sollen die Firmen weiter allein machen abseits der Raststätten auf den Autobahnen. Und so hat China auch die Nase vorne in Sachen Angebotspalette Elektroautos: BYD (Build your Dreams) ist in der westlichen Welt wenigen bekannt, und falls doch, als einer der weltweit führenden Batteriehersteller. Von seinen Elektrofahrzeugen konnten in Deutschland bisher nur wenige abgesetzt werden, das Image ist (noch) zu schlecht, um deutsche Kunden zu motivieren für ein solches Fahrzeug ca. 40–50.000 Euro auszugeben. Viele andere Hersteller sind im Westen völlig unbekannt, was sich aber angesichts der Lernkurve durch einen großen Heimatmarkt in China schnell ändern könnte. Wer sich einen Überblick über die chinesischen Anbieter und deren Stückzahlen verschaffen will, sollte sich diese Website ansehen: chinaautoweb.com/2017/01/best-selling-china-made-evs-in-2016. Die größten zehn haben zusammen mehr als 200.000 Stück in China abgesetzt – der dortige Markt hat die westlichen Märkte für Elektroautos im Jahr 2016 weit hinter sich gelassen.

[note Solarpraxis Neue Energiewelt lädt ein zum Blockchain-Tag für die Energiewelt am 05.09.2017 in Berlin und zum 18. Forum Neue Energiewelt am 16.–17.11.2017 mit dem Thema „Umbau des Stromnetzes und Möglichkeiten der Sektorkopplung für die neue Energiewelt“ und bittet E-Autofahrer um Erfahrungsberichte.]

Der Autor Karl-Heinz Remmers, CEO Solarpraxis Neue Energiewelt AG, geb. am 29.08.1968, studierte Energietechnik an der TU Berlin und ist Vater von vier Kindern. Er ist Gründungsmitglied und wurde 2006 Vorsitzender der Solarpraxis. Als Pionier steht er für einen kompetenten Einsatz der Ingenieurleistungen in der Solarpraxis Neue Energiewelt AG. Mit dem Forum Neue Energiewelt veranstaltet er jeden November Deutschlands Leitkonferenz für die innovativen Unternehmen der Energiewirtschaft.

->Quelle: Neue Energiewelt – Karl-Heinz Remmers