Drei Jahre mit einem E-Auto

Die größte Herausforderung

Dann kam der Punkt, an dem wir in den Urlaub fahren wollten. Nun, dass es bei uns mit vier Kindern mit einem VW Up auch als Benziner nicht gehen würde, ist klar. Sogar der Tesla S platzt mit Gepäck aus allen Nähten. Mit dem Mercedes B geht es aber auch nicht. Und so stehen wir dann klar auch vor der Frage: „Reise mit der Bahn (was wir oft machen und womit wir sehr zufrieden sind), oder in den Süden fliegen, oder ein Fahrzeug leihen?“ VW bietet ein solches Leihfahrzeug für einige Wochen im Jahr für die Besitzer von VW E-Autos an. Die Zusammenarbeit bei BMW mit Sixt oder dem hauseigenen Service ‚Drive Now‘ ist hingegen nicht gut gemacht. Trotz diverser Kunden- und Vorteilskarten, die allerdings nicht synchronisiert sind, ist es dort so wie „Auto bei Sixt leihen“. In den Urlaub sind wir trotz aller mobilen Fragen dann doch gut gekommen.

Neben der „Reichweitenangst“ stellt sich mit dem E-Auto noch die Frage nach dem Laden: beides sind die zwei Seiten derselben Medaille. Und auch ich habe einmal so richtig die Reichweitenangst gespürt, als wir zu Beginn der i3-Nutzung das Fahrzeug mangels Tiefgarage nur an öffentlichen Ladesäulen aufgeladen haben und uns einmal ‚unsere‘ Ladesäule „weggeschnappt“ wurde. Mit der Folge, dass ich mit nur noch 1 km simulierter Reichweite eine andere finden musste. Andere E-Auto-Nutzer haben dann schon mal bei Firmen oder bei Bauern auf dem Land mit der Kabeltrommel in der Hand gefragt, ob sie mal „aufladen“ dürfen. Meist wurde das erlaubt, denn die Elektroautos sind vielen noch fremd doch gleichzeitig faszinierend genug, um das „mal auszuprobieren“. Wie sind nun die Erfahrungen und wie kann es mit der Umstellung auf den elektrischen Verkehr voran gehen?

„Ist das leise Elektroauto denn nicht gefährlich für Fußgänger?“

Das Elektroauto hat wie jedes andere ein Reifenrollgeräusch und ist somit leiser aber nicht lautlos. Es ist durchaus auch leiser als ein geräusch-optimierter neuer Benzinmotor und deutlich leiser als viele auf den Straßen befindliche Fahrzeuge. Und ja, damit ist es gefährlich für alle, die sich das „Augen auf im Straßenverkehr“ abgewöhnt haben. Manche laufen ohne zu schauen durchaus auch auf Straßenbahngleise und wundern sich, dass plötzlich die Bahn kommt. Auch diese ist zum Glück wesentlich leiser geworden.

Der große Vorteil des geringen Geräuschs, der bei konsequenter Umstellung auf E-Antriebe die Städte ziemlich leise machen würde, muss im täglichen Verhalten neu erlernt werden. BMW hat deshalb einen Geräuschgenerator im Wagen, der bei starkem Beschleunigen und Bremsen ein turbinenartiges Geräusch macht, um so auf das Niveau eines sich nähernden Benziners zu kommen.

Wir haben uns als Fahrer eines E-Autos auch angewöhnt, damit zu rechnen, dass uns Fahrradfahrer oder Fußgänger, egal ob mit oder ohne Kopfhörer, nicht hören. Gerade in Nebenstraßen, wo der Wagen sehr leise rollt und aufgrund der fehlenden starken Beschleunigung kein Geräusch simuliert wird, fahren wir besonders achtsam. Die Umgewöhnung auf den „leisen“ Straßenverkehr wird dennoch kommen – die Vorteile sind schlicht zu groß und wir müssen alle eben die Augen aufmachen, wenn wir über die Straße laufen.

Der i3 ist unglaublich effizient – selbst mit Braunkohlestrom

Ein Elektroauto hat in der Stadt einen geringeren Verbrauch als auf der Autobahn und oft auch als auf der Landstraße. Es verhält sich somit „umgekehrt“ zum bekannten Verbrauchsverhalten der Verbrenner. Das lässt sich leicht erklären: Die veraltete Verbrennertechnik kann beim Bremsen keine Energie für den Antrieb zurückgewinnen, der Elektroantrieb schon. Ist man an das Elektroauto gewöhnt, dann kann man es wie einen Autoscooter nur mit dem „Gaspedal“ (da elektrisch müsste es eigentlich Strompedal heißen) fahren. Die klassische Bremse kommt bei uns so auch nur noch in Notsituationen zum Einsatz. Es wird spannend zu sehen sein, ob klassische Bremsanlagen für Elektroautos in 10 Jahren überhaupt noch gebraucht werden. Bis dahin lädt das Bremsen via Gaspedal die Batterie in der Stadt und das hat sehr positive Folgen.

9,3 kWh/100 km – das ist unser Rekord in effizienter Fahrweise in Berlin mit dem i3, allerdings auf einer Strecke von 4 km in der Stadt und optimalen Bedingungen. Das entspricht sagenhaften 0,8 Litern Benzin (Energieinhalt) auf 100 km und bedeutet, dass selbst bei Nutzung von „dreckigem“ Braunkohlestrom das Elektroauto in der Klimabilanz um Längen besser abschneidet als ein klassischer Benziner oder Diesel in der Innenstadt. Ich kenne keinen, der dort unter 6 Litern Benzin pro 100 km zu fahren ist. Selbst im Winter mit Heizung ist das E-Auto immer noch unter 25 kWh/100 km zu fahren, das entspricht 2,3 Liter Benzin/100 km. Bei Autobahnfahrten lagen wir bei 130 km/h um die 20 kWh, allerdings kann man das auch hochfahren wie bei jedem Auto und damit auch einen Tesla S deutlich schneller als erwartet „leerfahren“. Nur: Auch hier werden häufig Äpfel mit Birnen verglichen. Fragen Sie doch mal einen „Schnellfahrer“, was das entsprechend motorisierte Auto pro 100 km verbraucht. Ich habe schon als Mitfahrer erlebt, dass man auf dem Weg Hamburg-Berlin selbst mit dem großen Tank eines AUDI R6 zweimal tanken muss, wenn man entsprechend fährt.

Verbrauchsrekord mit den i3 in der Innenstadt – 9,2 kWh/100km. Das entspricht einem Benzinverbrauch von ca. 0,8 Liter.

Folgt: Die Reichweitenangaben und die Reichweitendiskussionen sind irreführend