Zweiter Diesel-Gipfel mit Kommunen im Kanzleramt – Lob und Kritik

Im Wortlaut: Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel, Bundesministerin Hendricks, Ministerpräsident Haseloff, Regierender Bürgermeister Müller, Oberbürgermeister Reiter, Oberbürgermeister Kuhn und Oberbürgermeister Philipp – Solarify dokumentiert – (In dieser Pressekonferenz auch Stellungnahmen der Bundeskanzlerin  zum skandalösen Abstimmungsverhalten von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt in Sachen Glyphosphat)

BK’in Merkel: „Meine Damen und Herren! Wir haben intensive und engagierte Diskussionsstunden hinter uns. Sie können sich vorstellen, dass die betroffenen Länder, aber vor allem natürlich auch die Oberbürgermeister höchstes Interesse daran haben, dass Fahrverbote vermieden werden können. Das ist auch das Interesse der Bundesländer und der Bundesregierung. Wir haben deshalb seit dem ersten kommunalen Gipfel sehr intensiv in einer Bund-Länder-Kommunen-Arbeitsgruppe gearbeitet und daraus ein Sofortprogramm entwickeln können, das ein weiterer Schritt – ich betone: ein Schritt – auf dem Weg zur Lösung der überhöhten NOx-Werte ist. Sie wissen, dass die Zeit drängt. Dieser Kommunalgipfel ist auch nur eine Facette der Gesamtmaßnahmen. Denn wir als Bundesregierung haben parallel dazu mit den Bundesländern auch das sogenannte Dieselforum, in dem mit der Automobilindustrie Maßnahmen besprochen werden.

Dies war heute nicht Gegenstand der Beratungen. Wir haben aber verabredet, dass auf einem nächsten Kommunalgipfel auch die Vertreter der Automobilindustrie darüber berichten, was in dem Bereich läuft. Denn wir dürfen ja nicht vergessen, dass der größte Teil des Problems gerade dadurch entsteht, dass im Bereich der Automobilindustrie Dinge passiert sind, die nicht in Ordnung waren. Wir haben dort die Softwarenachrüstungen. Wir haben dort jetzt die Erarbeitung eines Gutachtens über die Frage der Hardwarenachrüstung. Das wird Anfang des Jahres beraten werden. Wir haben gleichzeitig die Kaufprämien, die zum Teil gut laufen und die Erneuerung der Flotte voranbringen. Das ist und bleibt auch der Hauptteil dessen, was sich im gesamten Verkehr verändern muss. Aber ergänzend können wir in den Städten vieles tun, was mit moderner Verkehrsführung, Logistik, aber vor allen Dingen auch den Möglichkeiten zusammenhängt, bestimmte Verkehrsträger zu ersetzen oder zu erneuern. Hierum rankt sich das Sofortprogramm.

Für alle Maßnahmen, die wir vereinbart haben, setzen wir auf den bestehenden Förderprogrammen auf. Denn diese sind bei der Europäischen Union notifiziert. Wir haben das Geld, das dafür zur Verfügung steht, aufgestockt und noch einige neue Facetten hinzugenommen. Darüber kann die Bundesumweltministerin berichten. Wichtig ist, dass wir hoffen, gerade für die Erneuerung der Busflotte die Notifizierungszusage von der Europäischen Union zu bekommen, damit wir zum Beispiel 80 Prozent der Mehraufwendungen staatlicherseits übernehmen können. Wir sprechen heute hier über ein Sofortprogramm, das sich nur auf den öffentlichen Bereich bezieht. Jetzt geht es darum, wie im Rahmen der bestehenden Förderprogramme oder einiger neuer Programme Förderrichtlinien erreicht werden können, damit die Städte ihre Maßnahmen möglichst schnell und passgenau durchführen können. Darüber haben wir heute sehr intensiv gesprochen.

  1. Erstens hat die Bundesregierung einen Rahmen von einer Milliarde Euro gesetzt, den wir dafür zur Verfügung stellen. Darin enthalten sind auch die Mittel, die die Automobilindustrie in Aussicht gestellt hat.
  2. Zweitens haben wir die Frage der Eigenanteile der Kommunen sehr intensiv diskutiert. Die Kommunen stehen natürlich zum Teil noch auf dem Standpunkt, dass sie höhere Fördersätze wollen. Das würde aber jeweils eine Neunotifizierung bedeuten. Allerdings haben wir schon spezielle Regelungen insbesondere für finanzschwache Kommunen vorgesehen.

Jetzt geht es um die Frage, wie die jeweils ja kommunalspezifisch ausgerichteten Dinge möglichst schnell genehmigt und für die Kommunen passgenau gemacht werden können. Dafür haben wir uns nicht nur eine Anlaufstelle beim Bund überlegt, sondern auch sogenannte Lotsen. Ich habe heute zugesagt, dass jeweils ein Lotse für etwa drei betroffene Städte zur Verfügung gestellt wird, damit die Förderanträge so schnell und so passgenau gestellt werden können, dass das Geld möglichst schnell an die Menschen kommt. Wir haben des Weiteren zugesagt, dass diese eine Milliarde Euro eine Aussage für das Jahr 2018 ist, dass das Sofortprogramm aber verstetigt werden muss. Das werden wir politisch in die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung und auch in die Diskussion der jetzt auf uns zukommenden Haushalte einbringen.

Alle waren der Meinung, dass dieses Sofortprogramm eine Facette ist, dass es aber zur Veränderung der gesamten Stadtmobilität natürlich über Jahre, auch im Rahmen der – so kann man es nennen – Verkehrswende, die wir in Deutschland Schritt für Schritt installieren müssen, weiterer Programme bedarf. Ich nenne nur das Stichwort Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz. Das gilt dann aber nicht nur für die von NOx-Überschreitungen betroffenen Kommunen, sondern das gilt dann insgesamt für die urbane Landschaft in Deutschland.

Insgesamt war es eine engagierte Diskussion. Die Zeit drängt in erheblichem Maße. Aber ich würde sagen, dass es auch eine sehr ehrliche Aussprache war. Sie hat uns vorangebracht. Aber jetzt ist viel Arbeit zu leisten, bis wir uns ein nächstes Mal treffen können, um vielleicht auch die Maßnahmen der Automobilindustrie und die Maßnahmen, die wir im staatlichen Bereich umsetzen wollen, zusammenzuführen und daraus insgesamt ein konkretes Bild zu bekommen. – Das war es von meiner Seite.

Folgt: BM’in Hendricks