Zweiter Diesel-Gipfel mit Kommunen im Kanzleramt – Lob und Kritik

BM’in Hendricks: Herzlichen Dank, Frau Bundeskanzlerin. – Uns allen geht es natürlich darum, Fahrverbote zu vermeiden. Das gelingt selbstverständlich nur dann, wenn es uns eben auch gelingt, die Stickstoffdioxidgrenzwerte in den Städten einzuhalten. Darum wollen wir uns in unserem Sofortprogramm kümmern. Nur mit dieser Perspektive werden wir Gerichte überzeugen können. Sie wissen, dass ich insbesondere auch die deutsche Automobilindustrie dabei in der Pflicht sehe. Frau Bundeskanzlerin hat schon darauf hingewiesen, dass die entsprechende Expertengruppe Vorarbeiten geleistet und ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, welches wir im Januar auswerten können. Dann werden wir sozusagen Typ für Typ sagen können, welche Automobile tatsächlich nachrüstungsfähig sind. Das ist heute auch von einer ganzen Reihe von Kommunalvertretern als eine der wichtigen Bedingungen genannt worden, damit man in den Städten überhaupt vorankommt.

Aber natürlich müssen wir von staatlicher Seite auch einiges tun. Deswegen stehen wir als Bund bereit, die Kommunen zu unterstützen. Das und eigentlich nur das war heute das Thema; denn wir sind ja heute mit den Kommunen zusammengekommen, auch mit den Ländern. Es gehört schon zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen, dass die beschlossenen Maßnahmen allein noch nicht ausreichen werden, um das Problem flächendeckend zu lösen. Das wissen wir auch. Trotzdem sind diese Maßnahmen wichtig. Sie sind ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Lösung des Problems.

Ich will noch kurz auf die Punkte eingehen, die das Bundesumweltministerium in das Sofortprogramm einbringt. Von den insgesamt 350 Millionen Euro für die Elektrifizierung des Verkehrs entfallen 150 Millionen Euro auf Förderprogramme des BMUB. Wir setzen hierbei zwei Schwerpunkte bei Fahrzeugflotten mit hohen Fahrleistungen in den Städten. Wir investieren nämlich in die Einführung von Elektrobussen im öffentlichen Nahverkehr, indem wir – das sagte Frau Bundeskanzlerin schon – 80 Prozent der Mehrkosten fördern. Wir hatten dieses Programm schon vor dem letzten Kommunalgipfel auf den Weg gebracht. Deshalb ist es jetzt sozusagen notifizierungsreif bei der Europäischen Kommission. Das erwarten wir in den nächsten Tagen. Wir haben dafür positive Signale. Deswegen haben wir auch von Anfang an einen solch hohen Fördersatz von 80 Prozent aufgelegt. Das ist angesichts der bestehenden Förderprogramme sonst durchaus ungewöhnlich. Aber Frau Bundeskanzlerin hat darauf hingewiesen, dass man das nicht von heute auf morgen verändern kann, weil man die Programme dann neu notifizieren müsste. Aber dieses Programm haben wir eben gleich mit 80 Prozent Fördersumme aufgelegt. Bei den Plug-in-Hybridbussen übernehmen wir dann 40 Prozent der Mehrkosten.

Wir übernehmen außerdem 40 Prozent der Kosten für die Ladeinfrastruktur, auch für die Schulung von Fahrerinnen und Fahrern, für Wartungspersonal, für die Einrichtung von Werkstätten. All das muss auf den Betriebshöfen der kommunalen Verkehrsbetriebe ja eingerichtet werden. Das alles geht nicht von heute auf morgen. Es ist auch durchaus kostenintensiv. Wir wissen auch, dass wir mit dieser Förderung nicht alle Dieselbusse im Land gegen Elektrobusse austauschen können. Das kann nur ein Anfang sein. Aber es ist ein wichtiger und guter Anfang, weil er nämlich auch den deutschen Busherstellern signalisiert, dass sie jetzt endlich einmal in die Pötte kommen sollen. Denn wenn alle Städte die Elektrobusse bestellen würden, die sie gern hätten, hätten wir im Moment sofort einen riesigen Engpass und würden wahrscheinlich nicht einmal mehr mit den polnischen Bussen auskommen, sondern müssten mindestens auch noch die chinesischen kaufen, weil, um es noch einmal so deutlich zu sagen, andere gar nicht am Markt sind. Das ist, wenn man das so sagen darf, vielleicht auch noch einmal ein Hinweis an wichtige Leitindustrien in der Bundesrepublik Deutschland. Es geht hierbei also um die Markteinführung, um das Signal an die Hersteller, dass sie die Produktion nicht nur ausbauen können, sondern auch sollen, weil es in den nächsten Jahren eine stabil große Nachfrage geben wird. Ich gehe davon aus, dass die Preise für Elektrobusse dann bald fallen werden, weil es zu den berühmten Skaleneffekten kommen wird. Das wird dann sicherlich zu einem sich selbst tragenden Markt führen. Das ist die Art und Weise, in der wir normalerweise neue Technologien in der Bundesrepublik Deutschland in den Markt bringen. Wir fördern sie zu Beginn, und hinterher finanzieren sie sich zu normalen Preisen.

MP Haseloff: Es war ein wichtiger und notwendiger Termin. Es war auch richtig, dass das Schema, das wir heute besprochen haben, auf die existenten Förderrichtlinien aufsetzt. Denn sie sind genehmigt und können sofort aktiviert werden. Durch den haushaltsmäßigen Nachschuss durch den Bund ist es auch möglich, dass die einzelnen Maßnahmen ab morgen gestartet werden. Das ist ein Erfolg. Ich denke, es ist auch wichtig gewesen, heute alle drei Ebenen zusammenzuführen, weil es eine Gesamtverantwortung für die Situation gibt. Nur gemeinsam können wir sie bewältigen. Wir wissen, dass wir nicht sofort Effekte erzielen können. Aber wir beginnen und weisen ein Reaktionsschema vor, das in den nächsten Jahren sowohl inhaltlich als auch finanziell fortgeschrieben werden kann. Ich denke, es wird Aufgabe einer neuen Bundesregierung sein, die Verstetigung dieser Fördermöglichkeiten sicherzustellen.

Die Masterpläne sind Grundlage für die Aktivierung der konkreten, ortsbezogenen Aktivitäten. Das muss die jeweilige Landesregierung auf jeden Fall begleiten. Sie muss auch darauf schauen, dass die Kommunen in der Lage sind, die Finanzierung zu stemmen. Wir wissen, dass die Richtlinien eine Vollfinanzierung nicht zulassen. Das heißt also, dass ein Kofinanzierungsbedarf besteht. Ich habe das Gefühl gehabt – zumindest kann ich das für Sachsen-Anhalt sagen -, dass wir die Kofinanzierung da, wo jetzt gehandelt werden muss, sicherstellen werden und dafür sorgen, dass wir schnell Erfolge haben. Abschließend kann ich nur sagen: Es ist gut, dass wir vereinbart haben, eine dritte Runde zu machen. Denn dann geht es auch in die technischen Dinge hinein. Wir müssen die Wirtschaft mit in die Verantwortung nehmen. Die Automobilbranche muss jetzt zeigen, dass sie das Signal des Sommers und der Monate danach nicht nur ernst nimmt, sondern auch technisch vollzieht. Nur so haben wir eine Chance, im gesamten Maßnahmenbündel erfolgreich zu sein und individuelle Mobilität auch weiterhin sicherstellen zu helfen.

Folgt: BGM Müller