Papst Franziskus redet Ölbossen und Finanziers ins Gewissen

Beratungen im Vatikan über Energiewende

Papst Franziskus hat die Energiewirtschaft zu verstärkten Bemühungen um erneuerbare Energien und um die Versorgung von einer Milliarde Menschen aufgefordert, die bislang keinen Zugang zu Strom haben. Zum Ende einer zweitägigen Konferenz im Vatikan richtete Papst Franziskus am 09.06.2018 einen eindringlichen Appell an die Spitzenmanager von rund 40 großen Energie- und Finanzunternehment. „Zivilisation benötigt Energie, aber die Energie darf nicht unsere Zivilisation zerstören“, sagte der Pontifex Maximus vor den Chefs führender Ölkonzerne und Investmentunternehmen, die zwei Tage lang im Vatikan über eine Energiewende beraten haben. Franziskus sprach von einer epochalen Herausforderung, denn der wachsende Energiebedarf auch in Entwicklungsländern dürfe nicht zu einer Spirale von einem weiteren globalen Temperaturanstieg und neuer Armut führen.

– Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Zweieinhalb Jahre nach der Verabschiedung des Klimaabkommens von Paris sei der Ausstoß an Kohlendioxid und Treibhausgasen weiterhin besorgniserregend hoch, beklagte das Kirchenoberhaupt. Nachhaltige Energieerzeugung sei eine der größten Herausforderungen für die internationale Gemeinschaft. Von ihrer Lösung werde es abhängen, ob Konflikte weltweit leichter befriedet werden könnten, mahnte Franziskus. Andernfalls drohten sie aufgrund gravierender Umweltprobleme und Energiemangels neue Nahrung zu finden und damit gesellschaftliche Stabilität und Menschenleben zu zerstören.

Die Liste der Audienz-Teilnehmer liest sich wie ein „Who is who“ der internationalen Energie- und Finanzwirtschaft: Zu der nichtöffentlichen Konferenz am Sitz der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften unter dem Thema „Energiewende und Sorge für unser gemeinsames Haus“ waren neben Managern von Energiekonzernen auch große Investoren eingeladen. Neben Darren Woods, ExxonMobil-Chef, und BlackRock-CEO Larry Fink standen BP-CEO Bob Dudley und Lord John Browne (Ex-BP-Chef, jetzt CEO der Öl- und Gas-Investmentgesellschaft L1 Energy) sowie die CEOs von Occidental Petroleum aus Houston, Eni aus Italien und Pemex aus Mexiko auf der Liste. Außerdem Eldar Sætre, CEO von Equinor (ehemals Statoil-Norwegen) und Ernest Moniz, ehemaliger US-Energieminister unter Präsident Obama, sowie der Leiter des japanischen Pensionsfonds, Hiro Mizuno, zudem Mark Moody-Stuart als Direktor von Saudi Aramco und die Chefin des Ölkonzerns Occidental Petroleum, Vicki Hollub.. Ben Van Beurden, CEO von Royal Dutch Shell, war ebenfalls eingeladen worden, hatte aber mit der Begründung abgelehnt, er habe anderswo eine Verpflichtung, so ein Beamter.

Schon die Anrede, so Stefan von Kempis in Vatican News, die Franziskus für seine Gäste wählte, hat man im Vatikan selten oder nie gehört: „Meine Herren Manager, Investoren und Experten“. Der Papst – der in seiner Programmschrift „Evangelii Gaudium“ erklärt hat, „diese Wirtschaft tötet“ – warnte vor einer „Spirale von extremen Klimaveränderungen aufgrund eines katastrophalen globalen Temperaturanstiegs, härteren Umweltbedingungen und wachsender Armut“. Die Beseitigung von Armut und Hunger gemäß den UN-Entwicklungszielen verlange auch sichere Energieversorgung. „Aber diese Energie sollte auch sauber sein.“ Die Nutzung fossiler Brennstoffe müsse heruntergefahren werden. Die Welt brauche künftig einen Energiemix, der Luftverschmutzung senke, Armut beende und soziale Gerechtigkeit fördere.

Von Kempis: „Fast konnte man meinen, der Papst ziele auch auf den Streit um den Diesel und die Luftqualität in Deutschland. ‚Die Notwendigkeit, immer mehr Energie für das Funktionieren von Autos zur Verfügung zu haben, kann nicht um den Preis befriedigt werden, dass die Luft, die wir atmen, verschmutzt wird!‘ Und es sei eine falsche Annahme, zu meinen, dass es auf der Erde genug Energie zum grenzenlosen Ausbeuten gebe und dass sich die negativen Folgen der Ressourcen-Ausschlachtung für die Umwelt schon irgendwie heilen ließen.“

Geradezu beschwörend sei der Papst dann geworden, so von Kempis weiter: „Er rief nach einer neuen Kultur, einer neuen Art von Leadership, sprach vom Sinn des Lebens, vom ‚Buch der Natur‘ (ein Zitat seines Vorgängers Benedikt XVI.). ‚Ich lade Sie ein, der Kern einer neuen Gruppe von Führern zu werden, die die Energiewende auf eine Weise vollziehen, die an die Völker der Erde denkt, an die kommenden Generationen, an alle Arten und Öko-Systeme!'“

Das Treffen – zuerst gemeldet von der neuen Webseite Axios (“Papst bestellt Big Oil ein”) fand zu einer Zeit statt, während institutionelle Investoren zunehmend von den größten Energieunternehmen der Welt verlangen, sich dem Klimarisiko zu stellen. Erst im Mai 2018 hatten Vermögensverwalter mit einem Kapital von 8,6 Milliarden Euro in einen offenen Brief Öl- und Gasindustrie aufgefordert, die Klimarisiken transparenter zu machen und die Verantwortung für ihre Emissionen zu übernehmen. Inzwischen haben Dutzende von katholischen Institutionen – darunter drei führende katholische Banken und Caritas International – angekündigt, ihre Investitionen in fossile Brennstoffe zu veräußern, inzwischen allgemein bekannt als Divestment.

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