„Upgrade für den Klimaschutz“

TU Darmstadt mit OME-Produktionsverfahren aus Müll-Strom

Ein Forschungsteam der TU Darmstadt am Fachgebiet Energiesysteme und Energietechnik hat einer Medienmitteilung folgend ein Verfahren zur Abscheidung von Kohlendioxid entwickelt, das überschüssigen Strom aus der Müllverbrennung nutzt: Mit Strom aus Müllverbrennung Kohlendioxid, das ebenfalls bei der Müllverbrennung entsteht, in Methanol umwandeln.

Mit der Stromproduktion beim Verbrennen von Müll Geld zu machen, ist nicht einfach. Wenn sie den dabei erzeugten Strom ins Netz speisen, zahlen Betreiber von Müllverbrennungsanlagen (MVA) oft sogar drauf: Immer dann nämlich, wenn Sonne und Wind viel Energie liefern und die Strompreise an der Strombörse ins Minus drehen.„Das wird in Zukunft noch öfter der Fall sein“, sagt Bernd Epple vom Fachgebiet Energiesysteme und Energietechnik der Technischen Universität Darmstadt.

Synthetische Kraftstoffe: Zapfhähne für OME H2 und Solarstrom – Bild © PPP Schlögl, MPI CEC

Einen Weg zeigt der Maschinenbau-Professor auf: Den Strom selbst zu nutzen, um Kohlendioxid, das bei der Müllverbrennung entsteht, in Methanol umzuwandeln. Das chemische Produkt lasse sich zum Dieselersatzstoff OME (Oxymethylenether) weiterverarbeiten oder als Grundstoff für die chemische Industrie verwenden, sagt Epple. Das Verfahren nütze so der Umwelt. Die Methode treibe die Energiewende voran, sagt Epple, indem sie die sogenannte Sektorkopplung stärke, also das Vernetzen der Säulen Energie, Verkehr und Industrie. Zweitens entziehe das Verfahren der Atmosphäre CO2, denn MVA verbrennen auch Holz. Da das erzeugte Methanol teils in Kunststoffen lande, binde es das vom Baum eingefangene CO2 für längere Zeit. „Das ist Kunststoff ohne Rohöl“, hebt Epple hervor.

Zwei Reaktoren, mehrere Stockwerke

In einer Versuchsanlage auf dem Campus Lichtwiese haben die Wissenschaftler ihre Methode in industriellem Maßstab getestet. Mehrere Stockwerke ragen zwei Reaktoren empor. In einem von ihnen reagiert Kohlendioxid mit Calciumoxid zu Calciumcarbonat, auch Kalkstein genannt. „Der Kalkstein ist fest und lässt sich leicht aus dem Abgasstrom entfernen“, erklärt Epple. Im zweiten Reaktor wird das CO2 wieder frei, indem der Kalk erhitzt wird. Die Hitze dafür kommt – und das ist neu am Verfahren – aus der Verbrennung von Abfallstoffen. „Wir kommen mit vielen Abfallsorten klar“, so Epple. Er ist zuversichtlich, dass es in MVAs immer Nahrung für das neue Verfahren geben wird.Nachdem reines CO2 vorliegt, kommt der überschüssige Strom ins Spiel. Er hilft beim Umwandeln des Klimakillers in Methanol. Per Elektrolyse spaltet der Strom Wasser. Dabei entsteht Sauerstoff, der die Verbrennung der Abfallstoffe nährt, und Wasserstoff. Dieser verbindet sich mit dem CO2 zu Methanol. Die Forschungsgruppe hat den Betrieb mit Abfall als Brennstoff optimiert, sodass zum Beispiel keine Klumpen entstehen. „Die Anlage läuft sehr stabil“, freut sich Epple. „Wir können über 90 Prozent des CO2 aus den getesteten Abgasen entfernen.“

Nun soll die Methode in einer Demonstrationsanlage getestet werden. Ein Projektpartner, das Kölner Entsorgungsunternehmen „Suez Deutschland GmbH“, untersucht, dieses Verfahren in seiner MVA zu integrieren. Epple hofft, dort Anfang 2021 loslegen zu können. Der Forscher sieht eine glänzende Zukunft für das Verfahren. Die Anlage sei so konzipiert, dass sie sich leicht nachrüsten lasse. „Das Schöne ist, dass die bestehende Anlage unverändert bleibt.“ Nicht nur MVA, sondern alle Arten von Verbrennungsanlagen.

Wirtschaftlich sei die CO2-Abscheidung mit dem neuen Verfahren obendrein, meint Epple. „Verglichen mit allen anderen CO2-Abscheideverfahren sind wir mehr als 50 Prozent günstiger.“ Nur die Elektrolyse verursache noch hohe Kosten. Doch günstigere Verfahren würden weltweit entwickelt, betont Epple.

Projektförderung

Die beschriebene Entwicklung ist Teil des vom Bundeswirtschaftsministerium mit rund 370.000 Euro geförderten Projekts MONIKA („Methanol aus Strom und CO2 einer Abfallverbrennungsanlage – Untersuchungen zur CO2-Abscheidung mit Kalkstein“).

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