Der Luxuskonzern LVMH präsentiert neue Ansätze der Kreislaufwirtschaft. Nachhaltigkeit soll Teil der Unternehmens-DNA werden. Eine wichtige Ankündigung mit Potenzial weit über die Grenzen der Modewelt hinaus.

Die „Fondation Louis Vuitton“ ist ein privates Museum in Paris, entworfen vom Architekten Frank Gehry. Der soll die kreative Gestaltungskraft von LVMH symbolisieren. Eine Kraft, die nun auch zunehmend zur wirtschaftlichen Transformation und zur Entwicklung zirkulärer Modelle beitragen soll l Foto: Niederwimmer
Wenn LVMH auf nachhaltige Lieferketten setzt, ist das ein Signal mit Gewicht. Die Bedeutung des Konzerns zeigt sich schon an seiner verblüffenden Größe: Über 75 Marken gehören dem Konzern. Dazu gehören Louis Vuitton, Dior, Fendi, seit 2021 auch Birkenstock. LVMH verkauft nicht nur Mode, sondern auch Kosmetik, Parfum, Uhren und alkoholische Getränke. Gründer Bernard Arnault ist der reichste Europäer und war 2024 zeitweise sogar der reichste Mensch der Welt, noch vor Elon Musk oder Jeff Bezos.
Auf der Nachhaltigkeitsmesse Change Now 2025 in Paris stellte Hélène Valade, Umwelt-Direktorin von LVMH, den Aktionsplan „Licensing Business Partners“ vor. Das Programm soll Daten entlang der Wertschöpfungskette erfassen und Zulieferer bei ihrer ökologischen Transformation unterstützen. Valade kritisierte, dass Lieferanten bislang „wertvolle Zeit [damit verlieren], die gleichen Fragen von Chanel, Hermès, Dior usw. zu beantworten“. Ziel ist es, die Anforderungen großer Marken gemeinsam zu organisieren. Ein Schritt zur Digitalisierung und Standardisierung der Lieferketten.
Der Konzern reagiert damit auf kommende EU-Vorgaben. Die Bedeutung lückenloser Lieferketten wächst, insbesondere in der Textilbranche, die als intransparent gilt und durch Emissionen sowie Chemikalieneinsatz die Umwelt stark belastet. Eine Industrie, die häufig mit Greenwashing und Fast Fashion assoziiert wird. LVMH bietet keine Fast-Fashion an, doch in der Luxusmode sind die Lieferketten global verteilt und stark aufgeteilt. In Italien arbeiten allein rund 60.000 Kleinstbetriebe für die Luxusindustrie. Viele davon familiengeführt. „Informationen von so fragmentierten Akteuren zu sammeln ist komplex, aber es ist die Herausforderung, die wir in Sachen Nachhaltigkeit bewältigen müssen“, sagt Attila Kiss, Chef des italienischen Zulieferers Gruppo Florence. Die Rückverfolgbarkeit jedes Leders, Stoffes oder Knopfes ist schwierig. LVMH setzt hier auf digitale Tools und gemeinsame Standards. Die Initiative könnte Vorbild für andere Branchen mit komplexen Liefernetzwerken sein, sowohl für die Textilindustrie als auch Elektronik- oder Automobil-Industrie.
Doch die Kreislaufwirtschaft umfasst nicht nur die Produktion. Deshalb setze der Konzern auf regenerative Landwirtschaft bei Rohstoffen wie Baumwolle und Wolle. Der Aktionsplan setzt auf Methoden, die Böden aufbauen, Biodiversität fördern und CO2 im Erdreich binden sollen. LVMH hat laut eigenen Angaben seine Praktiken in diesen Bereichen bereits umgestellt. Rund ein Drittel des CO2-Fußabdrucks eines Kleidungsstücks entfalle aktuell auf die Rohfaserproduktion. Hier liegt also das größte Einsparpotenzial. Das regenerative Prinzip ließe sich auch in anderen Sektoren wie der Lebensmittel- oder Kosmetikindustrie übertragen. LVMHs Maßnahmen sind auch eine Antwort auf die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die große Unternehmen ab 2024 zu umfassender Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Auch ein EU-Lieferkettengesetz steht bevor. Die Modebranche bereitet sich auf strenge Vorgaben vor. Vom digitalen Produktpass bis zu Ökodesign-Regeln. Der Auftritt bei Change Now 2025 zeigt: Kreislaufwirtschaft wird zum Kulturwandel. Für Umwelt-Direktorin Valade gehören künftig auch Ökodesign, Reparatur und Second-Hand zur Normalität. „Wir stehen am Anfang dieser Zirkularitäts-Revolution und wir bestreiten sie gemeinsam mit unseren Partnern“, so ihr Fazit. Die Botschaft: Verantwortung lässt sich neu denken, mit Wirkung weit über den Laufsteg hinaus.
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