1,6 Milliarden für neue Materialien. Wie Deutschland Kreisläufe schließen will

Mit Investitionen in Materialforschung will die Bundesregierung die Kreislaufwirtschaft ankurbeln. Neue Förderprogramme sollen helfen, Stoffkreisläufe zu schließen. Was Deutschland jetzt fördert.

Foto von <a href="https://unsplash.com/de/@dionbeetson?utm_content=creditCopyText&utm_medium=referral&utm_source=unsplash">Dion Beetson</a> auf <a href="https://unsplash.com/de/fotos/eine-luftaufnahme-eines-steinbruchs-mit-einem-blauen-pool-oF7hh97lVqA?utm_content=creditCopyText&utm_medium=referral&utm_source=unsplash">Unsplash</a>

Blick in eine Lithium-Mine: Mit dem neuen Förderprogramm soll die Abhängigkeit von importierten Rohstoffen verringert werden. Foto von Dion Beetson

Ob Lithium, Silizium oder andere seltene Erden. Deutschlands Industrie ist stark von Importen abhängig. Angesichts geopolitischer Spannungen und wachsendem Ressourcendruck will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gegensteuern. Mit dem neuen Förderprogramm Mat2Twin und der Initiative FITS2030 stellt das Ministerium bis 2034 rund 1,6 Milliarden Euro bereit. Ziel ist es, Materialforschung in den Dienst einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu stellen und die technologische Souveränität Deutschlands zu sichern.
Nach Angaben des Ministeriums ist die deutsche Industrie derzeit besonders anfällig für Rohstoffknappheit. Bislang entfallen laut Statistischem Bundesamt rund 56 Prozent der Produktionskosten auf Materialien, bei kleinen und mittleren Unternehmen sogar fast 70 Prozent. Gleichzeitig werden in der EU nur 13 Prozent der eingesetzten Materialien aus dem Recycling gewonnen. Mit Mat2Twin fördert das BMBF gezielt digitale, nachhaltige und zirkuläre Materialinnovationen, um diesen Trend umzukehren. „Die Etablierung resilienter und kreislauffähiger Materialwertschöpfungsnetzwerke ist essentiell“, heißt es in der offiziellen Programmbeschreibung.

Im Zentrum stehen neue Werkstoffe, die sich leichter recyceln, reparieren oder wiederverwenden lassen. Etwa durch modulare Bauweisen oder sogenannte „Design for Circularity“-Ansätze, die Kreislaufwirtschaft schon beim Produktdesign mitdenken. Auch die Entwicklung digitaler Produktpässe soll unterstützt werden: Sie ermöglichen eine lückenlose Rückverfolgung von Materialflüssen und erleichtern die Rückgewinnung seltener oder kritischer Rohstoffe. Besonders im Blick stehen CO2-intensive Produktionsketten, energieintensive Grundstoffe und importabhängige Materialien mit strategischer Relevanz. Neben der Förderung einzelner Projekte setzt das BMBF auf langfristige Strukturentwicklung. Mit der Plattform MaterialDigital etwa soll eine standardisierte Datenbasis für die Materialentwicklung entstehen. Maschinelles Lernen, Simulationen und KI-gestützte Vorhersagemodelle sollen helfen, Materialkreisläufe effizienter zu schließen und neue Werkstoffe schneller auf den Markt zu bringen. Das Bundesforschungsministerium spricht in diesem Zusammenhang von einer „digitalisierten Materialforschung als neuem Standard“.
Parallel zum Förderprogramm arbeitet das Bundesumweltministerium an der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS), die den politischen Rahmen für eine ressourcenschonende Wirtschaftsweise setzen soll. Sie ergänzt das bereits geltende Kreislaufwirtschaftsgesetz, das verbindliche Regeln zur Abfallvermeidung und Wiederverwertung enthält. Die Strategie soll darüber hinaus gehen: Sie soll dafür sorgen, dass Produkte von Anfang an reparierbar, recycelbar und langlebig gestaltet werden. Auch das Ziel, den Anteil von Sekundärrohstoffen in der Industrie deutlich zu erhöhen, gehört zu ihren zentralen Bausteinen. Der Critical Raw Materials Act der EU ergänzt dieses Ziel auf europäischer Ebene. In beiden Fällen gilt: Ohne geeignete Werkstoffe und innovative Recyclingprozesse bleibt die Umsetzung schwer.

Damit Kreisläufe künftig wirklich geschlossen werden können, braucht es jedoch mehr als technische Lösungen.  Es braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen, langfristige Investitionen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Wirtschaft und Verwaltung. Das Programm Mat2Twin versteht sich als Bindeglied zwischen Forschung, Industrie und Nachhaltigkeitspolitik. Es setzt auf die Verbindung von Digitalisierung, Ökologie und industrieller Wertschöpfung und will damit nicht weniger als eine „Transformation der Materialbasis unserer Wirtschaft“ einleiten. Ob das gelingt, hängt nun auch davon ab, wie schnell sich Wissenschaft, Unternehmen und Politik auf konkrete gemeinsame Ziele verständigen. Das neue Förderprogramm ist ein Schritt in diese Richtung.

Quelle: