Erstmals kann Solarstrom direkt ins Bahnstromnetz eingespeist werden. Möglich wird das durch einen neu entwickelten Wechselrichter, der an die speziellen Anforderungen des Bahnnetzes angepasst ist. Das Projekt schließt eine wichtige technische Lücke bei der Deutschen Bahn, dem größten Stromverbraucher Deutschlands.

Photovoltaik-Anlage an einer Bahnstrecke. Ein neuer Wechselrichter ermöglicht erstmals die direkte Einspeisung von Solarstrom in das Bahnstromnetz. Foto: © Deutsche Bahn AG / Foto: Claus Weber
Ein neu entwickelter Wechselrichter ermöglicht künftig, Solarstrom direkt ins Bahnstromnetz einzuspeisen. Eine Innovation made in Germany. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Projekts PV4Rail wurde ein 2-Megawatt-Prototyp entwickelt und erfolgreich getestet. Damit schließt sich eine technische Lücke, die bislang verhinderte, dass Photovoltaikanlagen ihren Strom direkt in das Netz der Deutschen Bahn einspeisen konnten. Die Deutsche Bahn ist der größte Stromverbraucher in Deutschland und betreibt eine elektrische Infrastruktur von knapp 8.000 Kilometern Länge. Entlang der Strecken könnte theoretisch mehr Photovoltaikleistung installiert werden, als derzeit im gesamten Bahnstromnetz benötigt wird. Also ein erhebliches Potenzial für die Energiewende erschlossen werden. Trotz der großen Flächenpotenziale fehlte bislang eine Lösung für die Einspeisung von Solarstrom in das Bahnstromsystem.
Das ist jetzt möglich dank des neuen Umrichters, der von der Vensys Elektrotechnik GmbH in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ISE und weiteren Partnern entwickelt wurde. Im Laborbetrieb erreichte der neue Wechselrichter einen Wirkungsgrad von 96,6 Prozent, inklusive des Eigenverbrauchs für die Kühlung. Die Anlage besteht aus zwei symmetrischen Einheiten mit je 1 MVA (ca. 1 MW) Leistung. Der Clou: Sie kann die Besonderheiten des Bahnstroms wie große Spannungsschwankungen und die spezielle Frequenz sicher und effizient verarbeiten. Dafür muss der Wechselrichter die Netzspannung aktiv mitsteuern. Nur so bleibt das System kompatibel mit der empfindlichen Signaltechnik der Bahn. Dazu kommt, dass das Bahnstromnetz mit seinen dynamischen Lastwechseln beim Anfahren und Bremsen von Zügen spezielle Anforderungen stellt.
Das Projekt beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Technik: Eine Potenzialanalyse auf Basis von Geodaten zeigt, dass entlang der Bahnstrecken theoretisch deutlich mehr Photovoltaikleistung installiert werden könnte, als derzeit im gesamten Bahnstromnetz benötigt wird. Allein im Umkreis von zwei Kilometern um bestehende Unterwerke liegt das rechnerische Potenzial bei 37,6 Gigawatt Peak (GWp), während der Strombedarf im Bahnstromnetz 2023 bei rund 7,5 Terawattstunden (TWh) lag. Trotz des großen Potenzials bremsen bisher regulatorische Hürden den Ausbau. So sind die Investitionskosten für PV-Anlagen mit direkter Bahnstromeinspeisung etwa 20 bis 40 Prozent höher als bei Standardanlagen. Dies wird auf die spezielle Technik und die geringe Marktnachfrage zurückgeführt. Zudem gelten für Bahnstrom-PV-Anlagen die gleichen Netzentgelte wie für Strom aus dem öffentlichen Netz, obwohl sie helfen würden, Verluste und Belastungen des allgemeinen Stromnetzes zu vermeiden.
Laut Projektleitung wäre es daher sinnvoll, ökonomische Vorteile wie kürzere Übertragungswege und den Wegfall der Frequenzumwandlung künftig in Form reduzierter Netzentgelte weiterzugeben. Das würde die Wirtschaftlichkeit der Anlagen steigern und ihren Anteil am Bahnstrom erhöhen. Derzeit gibt es in Deutschland nur Pilotinitiativen. In Österreich hingegen sind bereits mehrere größere Anlagen am Netz. Das Beispiel PV4Rail zeigt, dass technologische Lösungen existieren, für die regulatorische Anpassungen gefragt sind. Denn die Energiewende im Verkehrssektor braucht nicht nur mehr erneuerbaren Strom, sondern auch bessere Wege, ihn ins System zu bringen.
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