Merkel zu Macron: „…nicht einfach Ja sagen“

2010 bis 2020 weitere 20 Prozent CO2-Reduzierung „jetzt doch als nicht ganz einfach“

Jetzt komme ich zu Deutschland. Wir haben uns, wie es in Europa auch verabredet wurde, Ziele gesetzt. Beim ersten Ziel für 2020 gibt es – das muss man ganz offen sagen – eine Lücke zu dem, was wir bezüglich der Frage „Werden wir das umsetzen können?“ in Aussicht genommen haben. Wir haben uns für 2020 ein sehr ambitioniertes Ziel vorgenommen. Es gab von 1990 bis 2010 eine CO2-Reduktion um 20 Prozent – also 20 Prozent innerhalb von 20 Jahren. Das beinhaltete noch den gesamten Strukturwandel nach der deutschen Wiedervereinigung. Wir haben dann gesagt: Von 2010 bis 2020 wollen wir noch einmal 20 Prozent schaffen. Das erweist sich jetzt doch als nicht ganz einfach. Umso mehr fühlen wir uns verpflichtet, jetzt bei den Zielen für 2030 deutlich zu machen: Diese müssen wir erreichen.

Deshalb ist es nicht immer bequem, aber richtig, dass die Umweltministerin darauf beharrt, dass wir dazu auch rechtliche Rahmensetzungen vornehmen. Uns kann zwar erfreuen, dass die Treibhausgasemissionen im letzten Jahr um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken sind. Das liegt unter anderem auch daran, dass wir Erneuerbare Energien inzwischen zum wesentlichen Pfeiler unserer Energieversorgung ausgebaut haben. Weit mehr als jede dritte verbrauchte Kilowattstunde in Deutschland kommt jetzt aus Wind-, Wasser-, Solar- oder Bioenergie. Womit wir große Schwierigkeiten haben, ist, den Leitungsausbau zeitgerecht voranzubringen, damit die Energie von einem Teil Deutschlands auch in die Teile transportiert werden kann, in denen mehr Strom gebraucht wird. Das drängt, weil wir ja Anfang der 20er Jahre auch aus der Kernenergie aussteigen werden und damit noch einmal vor großen Herausforderungen stehen werden.

Kohle- und Atomausstieg „wirklich ein Kraftakt“

Wir haben in den letzten Monaten einen großen Erfolg errungen, der uns bis 2030 auch sehr helfen wird. Wir haben in einer umfassend zusammengesetzten Kohlekommission Einigkeit darüber hergestellt, bis 2038 aus der gesamten Kohleverstromung auszusteigen. Das ist im Hinblick auf die Rolle der Kohle und im Hinblick auf die Tatsache, dass wir vorher aus der Kernenergie aussteigen, wirklich ein Kraftakt. Dass parteiübergreifend und vor allen Dingen auch zwischen Umweltverbänden und deutscher Wirtschaft vereinbart wurde, den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 vorzunehmen, ist eine sehr wichtige Wegmarke. Wir werden nächste Woche im Kabinett die Eckpunkte für die betroffenen Regionen beschließen, da die Menschen in den betroffenen Kohleproduktionsregionen natürlich fragen: „Was wird aus uns, was bedeutet das für unsere Zukunft?“ Die entsprechenden strukturellen Zusagen müssen wir dann auch einhalten. Eines ist nämlich auch wichtig: Wir müssen gesellschaftliche Akzeptanz für diesen Wandel haben; und das heißt, eine breite Diskussion zu führen.

Ich glaube also, vor uns liegt noch viel Arbeit. Wir werden noch vor Ende dieses Jahres die Maßnahmen in Bezug darauf beschließen, wie wir vorgehen wollen. Wir diskutieren noch über verschiedene Mittel und Wege. Es gibt ja in der Europäischen Union für einen Teil der Emissionen, insbesondere im Industriebereich, einen Zertifikatehandel. Nach langem Ringen ist die Menge jetzt sozusagen auch wieder so weit austariert, dass man einen signifikanten CO2-Preis für die Zertifikate hat. Aber für die Bereiche Verkehr, Wohnen und Landwirtschaft haben wir ein solches Instrument noch nicht. Wir werden uns fragen müssen: Welches ist das richtige Instrument? Welcher Mix aus Ordnungsrecht und marktwirtschaftlichen Methoden ist der richtige Weg, um auch in der Landwirtschaft, im Verkehr und im Bereich des Bauens, im Gebäudebereich, die CO2-Emissionen so zu verringern, dass wir unsere Ziele für 2030 – eine Reduktion in Höhe von 55 Prozent – auch wirklich erreichen? Das wird nicht einfach, da Deutschland zum Beispiel ein Transitland ist. Im Verkehrsbereich zählt jeder, der bei uns tankt. Das können deutsche Autohalter und Lkw-Halter sein, es können aber auch polnische oder französische sein oder andere aus unserer Nachbarschaft.

Wir müssen schauen, dass wir auch viele europäische Maßnahmen haben. Die haben wir auch. Europa hat ja einen sehr detaillierten Plan hinsichtlich der Budgets für die Zeit von 2020 bis 2030, die jedem Mitgliedstaat zur Verfügung stehen. So kann und muss man jetzt im Grunde in jährlichen Scheiben vorgehen und die jeweiligen Ziele erreichen. Und das muss dann auch wirklich verlässlich umgesetzt werden. Ansonsten wird das eine sehr teure Angelegenheit. Ansonsten müssen wir für viel Geld Zertifikate kaufen. Das Geld können wir besser investieren, wenn wir unsere Ziele einhalten.

Folgt: Klimaneutralität bis 2050