Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Es geht voran – Langfriststrategien zur Dekarbonisierung

Man kann also sagen: Es geht voran. Aber wir brauchen nicht nur im Bereich Energie Fortschritte, sondern in allen Sektoren: in der Wirtschaft, im Verkehr, in Privathaushalten. Dabei sind aus meiner Sicht drei Aspekte des Pariser Klimaabkommens besonders wichtig: Wir müssen langfristige Strategien erarbeiten, wir müssen die Klimabeiträge regelmäßig weiterentwickeln und wir müssen schlüssige Antworten auf Fragen der Finanzierung und Anreizsetzung geben.

Zum ersten Punkt: Dass wir Langfriststrategien brauchen, liegt auf der Hand, weil wir festgelegt haben, dieses Jahrhundert zu einem Jahrhundert der Dekarbonisierung zu machen. Dabei kommt es insbesondere auf langfristige Investitionen an – öffentliche wie private. Die Globale Kommission für Wirtschaft und Klima schätzt, dass bis zum Jahr 2030 weltweit mehr als 90 Billionen US-Dollar in Infrastrukturen unter anderem für Energie, Verkehr und Wasser investiert werden. Es geht darum, diese Investitionen klimafreundlich zu gestalten. Interessant ist, dass damit eigentlich nur geringe Mehrkosten verbunden sind. Schätzungen zufolge sind es 0,3 bis maximal vier Prozent, die zu den Investitionskosten hinzukommen. Aber dafür haben wir dann auch klimafreundliche Investitionen. Ich will diese Mehrkosten nicht kleinreden. Aber wir wissen spätestens seit dem Stern-Report, dass sie sich langfristig – eigentlich schon mittelfristig – bezahlt machen. Wenn wir sehen, wie viele Folgen des Klimawandels wir ansonsten zu gewärtigen haben, dann wissen wir, dass sich das allemal lohnt.

Erfolg von Paris hängt von Investitionen ab

Das heißt, der Erfolg von Paris wird sich in der Praxis sehr stark daran entscheiden, welche Investitionen in den nächsten Jahren getätigt werden. Die G7-Staaten haben sich Ende Mai bei ihrem Gipfel in Japan darauf verständigt, in Bezug auf diese Frage eine Führungsrolle zu übernehmen und ihre jeweiligen Strategien deutlich vor 2020 vorzulegen. Die Arbeiten dazu haben bereits begonnen. Ich erwähnte schon den Klimaschutzplan, den wir in Deutschland erarbeiten und der die Schritte bis zum Zielwert von minus 80 bis 95 Prozent der Emissionen im Jahr 2050 gegenüber 1990 beschreibt. 2050 ist ja gar nicht mehr allzu weit entfernt. Wir haben jetzt das Jahr 2016; es sind also keine 35 Jahre mehr bis dahin. Wenn man sich die Lebensdauer von Kraftwerken und vielem anderen vor Augen führt, weiß man, dass diese Zeitspanne oft nur ein Investitionszyklus ist. Nun ist in der Zielsetzung von 80 bis 95 Prozent eine ziemlich große Marge enthalten. Genau darum drehen sich die politischen Diskussionen, die die Bundesumweltministerin im Augenblick zu gewärtigen hat.

Wir haben uns auf EU-Ebene darauf verständigt, dass wir möglichst bis 2018 eine Klimastrategie für die nächsten Jahrzehnte entwickeln. Auch in den USA und Kanada laufen bereits die Arbeiten an langfristigen Plänen. Letztlich sind alle Staaten dazu aufgerufen, Langfriststrategien zu entwickeln – nicht allein mit Blick auf den Klimaschutz, sondern auch mit Blick auf künftige Wachstums- und Wohlstandschancen. Denn letztlich geht es beim Klimaschutz auch um die Frage, ob wir überhaupt erfolgreich wirtschaften können. Deshalb hängen das Klimaabkommen und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, auf die sich die Staatengemeinschaft ebenfalls letztes Jahr verständigt hat, auf das Engste zusammen.

Konkrete Klimabeiträge gefragt

Neben langfristigen Strategien sind natürlich schon ziemlich bald konkrete Klimabeiträge gefragt. Das ist der zweite Punkt, auf den es ankommt, um das Pariser Abkommen mit Leben zu füllen. Es ist sehr erfreulich, dass alle Staaten freiwillige Klimabeiträge geboten haben. Wie der Außenminister schon sagte: Diese reichen aber in der Summe noch nicht aus, um die Zwei-Grad-Obergrenze einzuhalten. Deshalb haben wir sehr darauf gesetzt, dass es alle fünf Jahre eine Revision gibt. Diese Revisionen werden sicher auch schmerzlich werden, weil man sehr gut sehen wird, wie weit wir gekommen sind. Ich habe mir jüngst noch einmal den CO2-Anstieg der weltweiten Emissionen angeschaut. Die Zahlenreihe von 1900 bis in die heutige Zeit sieht wirklich bedrohlich aus.

Deutschland und Europa stehen zu einem ambitionierten Mechanismus. Wir sind bereit, besser zu werden. Wir haben uns in der Europäischen Union das Ziel gesetzt, unsere Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Das haben wir als Mindestziel formuliert. Wir lassen also durchaus offen, dass wir nach weiteren Überprüfungen diesen Beitrag nochmals ändern. Allerdings will ich sagen: Schon das Erreichen von minus 40 Prozent ist durchaus ambitioniert. Wir werden nochmals Diskussionen über das „burden sharing“ auf der Grundlage der Vorschläge der Kommission haben, die sie erarbeitet.

Folgt:  Finanzflüsse mit emissionsarmer, klimaschonender Entwicklung in Einklang bringen