„Energiewende: Was Wir Wollen und Was Wir Können“

Ein Vortrag von Robert Schlögl in der Berliner Urania

Mit manchem Vor- und Fehlurteil räumte Prof. Robert Schlögl, Direktor am Berliner Fritz-Haber-Institut (FHI) der Max-Planck-Gesellschaft und am MPI für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr in seinem Vortrag über die Energiewende am 12.01.2018 in der Berliner Urania auf – z.B., dass es keine völlige Dekarbonisierung geben kann und muss, oder, dass 100 Prozent Erneuerbare Energien (EE) schwerlich zu erreichen sein werden – schließlich, dass es für den Klimaschutz mitnichten ausreiche, die durch die Stromproduktion verursachten CO2-Emissionen zu beenden.

Schlögl: „Derzeit verbrennen wir historische („fossile“) Biomasse. Dadurch verbrauchen wir endliche Vorräte (4.000 Gt) und erhöhen extrem schnell (in ca. 100 Jahren) die Konzentration von Treibhausgasen (mit etwa 10 Gt/a). Die Auswirkungen dessen sind zwar völlig unklar, können aber nicht schnell angehalten werden  – selbst wenn wir jetzt den Verbrauch sämtlicher fossiler Energieträger einstellen würden, hätte das noch ca. 1.000 Jahre andauernde Folgen. „Wir selbst bestehen zu einem großen Teil aus Kohlenstoff und erzeugen viel CO2 (schon deshalb gibt es keine völlige Dekarbonisierung). Das Problem: Das freigesetzte CO2 geht nicht mehr in den Boden zurück, sondern verbleibt in der Atmosphäre. Bei „normalem“ Kreislauf dauert es etwa 80 Jahre, bis ein CO2-Molekül wieder im Boden ankommt, in den Tropen geht das innerhalb von 25 Jahren etwa. So finden sich vom Atombomben-Abwurf in Hiroshima und Nagasaki heute – also 80 Jahre später – Atome davon bei uns im Wald.

Die Welt verbrauchte 2014 laut IPCC 0,5 Zettajoule Energie (1 ZJ = 1021 Joule = 278.000 Terawattstunden). Davon, so Schlögl, geht das meiste in die Ozeane und erwärme diese langsam – die thermische Ausdehnung habe die Ozeane „dicker“ gemacht: „Weil wir aber keine Fische sind, merken wir das nicht“ – die Erwärmung resultiere in Ausdehnung, also Anstieg der Meeresspiegel – ein Ergebnis der Meereserwärmung  sind vergrößerte Regentröpfchen und mehr Niederschlag, was zu mehr Überschwemmungen führt.

Robert Schlögl, Urania – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Was wir alles wollen

Dann zählte Schlögl die Vorhaben im Klima- und Energiebereich auf – wir wollen:

  • Ausstieg aus der Kernenergie (durch Regierungsbeschluss festgelegt)
  • Ausstieg aus der Kohle
  • Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor
  • Halbierung des Energieverbrauches
  • Ausbau der EE-Erzeugung – durch staatliche Technologievorschriften (EEG)
  • Deutschland Vorreiter für Europa und die Welt (sein bzw. bleiben)

Schlögls rhetorische Frage lautete nun: Und das wollen wir alles gleichzeitig! Kann das funktionieren? Schaffen wir das bis in 25 Jahren oder gar schneller?  Sein nüchternes Fazit: „Wir haben uns mit diesen Zielsetzungen völlig übernommen. Wie kann man es anders machen?“ Das Energiesystem in Deutschland habe „gewaltige Dimensionen, doch manchen Leuten, die hier agieren, ist offenbar das Gefühl dafür abhanden gekommen“. Es geht um die Verknüpfungen (siehe Grafik unten „Ein sehr einfaches Modell“): Wir verbrauchten 294 TWh nukleare Energie im Jahr, und erzeugten zusätzlich 192 TWh Erneuerbare Energie. Wenn 2022 alle Atomkraftwerke stillgelegt sind, fehlen uns 294 TWh Primärenergieinput – die sind aber auch nicht durch gestiegene Energie-Effizienz auszugleichen. Mit Energiesparen könne man nicht Schritt halten, trotz aller guter Vorsätze. Wir stoßen aktuell 532 Megatonnen CO2 aus – das werde mit dem endgültigen Atomausstieg noch mehr werden (müssen). Dummerweise gebe es aber in Deutschland kein Gesetz, das die CO2-Emissionen regle.

Schlögl – Urania Folie 4 © CEC

Folgt: In 24 Jahren weltweit nur 0,8 % EE-Zunahme