Neue Netzentgelte: Warum Gebühren den Ausbau von Solaranlagen bremsen

Wer Strom ins Netz einspeist, soll dafür künftig womöglich zahlen. So sieht es ein neues Modell der Bundesnetzagentur vor. Was als technische Reform der Netzentgelte angekündigt ist, könnte private Solaranlagen ausbremsen und Bürgerinnen und Bürger von eigenen Investitionen in die Energiewende abschrecken.

Image by <a href="https://pixabay.com/users/nxtide-25230796/?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=6935453">NxTide</a> from <a href="https://pixabay.com//?utm_source=link-attribution&utm_medium=referral&utm_campaign=image&utm_content=6935453">Pixabay</a>

Private Dachflächen für die Energiewende nutzen? Wenn Einspeisung mit Gebühren belegt wird, stellt sich die Frage, ob Netzentgelte nicht anders gestaltet werden sollten, statt die Hauptlast auf private Haushalte zu legen l Foto von NxTide

Die Bundesnetzagentur plant eine Reform der Netzentgelte. Mit dem Diskussionspapier zur sogenannten AgNes-Festlegung stellt sie die bisherigen Kostenverteilung infrage und bringt damit erstmals auch private Stromerzeuger ins Spiel. Die Debatte um die zukünftige Finanzierung des Stromnetzes hat begonnen, doch nicht alle vorgestellten Optionen stoßen auf Zustimmung. Bisher tragen hauptsächlich Endverbraucher die Netzentgelte, also Haushalte und Betriebe, die Strom aus dem Netz beziehen. Dieses Prinzip will die Bundesnetzagentur nun überprüfen. Hintergrund ist der wachsende Investitionsbedarf in die Stromnetze. Notwendig durch den Ausbau erneuerbarer Energien, neue Anforderungen an die Netzstabilität und die zunehmende Dezentralisierung der Stromerzeugung. Allein bis 2045 sollen rund 360 Milliarden Euro in das Netz investiert werden.

Vor diesem Hintergrund enthält das Diskussionspapier unter anderem folgende Änderungen:

1. Beteiligung der Einspeiser an Netzkosten:
Künftig könnten Einspeiser Netzentgelte zahlen. Zum Beispiel pro eingespeiste Kilowattstunde oder auch einen pauschalen Grundpreis. Zur Diskussion steht, wie diese Entgelte geregelt werden sollen. Flächendeckend, regional oder variabel je nach Netz-Situation.

2. Einführung von Baukostenzuschüssen:
Als einmalige Zahlung bei Netzanschlüssen neuer Erzeugungsanlagen könnten sogenannte BKZ ein Instrument zur Steuerung der Standortwahl sein. Wer in einem bereits überlasteten Netzgebiet einspeist, müsste mehr zahlen als in einem entlasteten Gebiet.

3. Dynamische Netzentgelte:
Künftig sollen Netzentgelte stärker an Ort, Zeit und Netz-Situation angepasst werden. Möglich wären etwa höhere Entgelte bei starker Netzauslastung oder niedrigere Preise bei netzdienlichem Verhalten.

Die Maßnahmen könnten gerade für private Haushalte abschreckend wirken. Wer heute eine größere Solaranlage plant, um nicht nur sich selbst, sondern auch Nachbarn oder das Netz zu versorgen, müsste künftig mit zusätzlichen Kosten rechnen. Auch dann, wenn er mehr einspeist als verbraucht. Das könnte nicht nur Investitionen bremsen und widerspricht dem Ziel, Bürgerinnen und Bürger aktiv in die Energiewende einzubinden. Die Vorschläge sollen das System gerechter und effizienter machen. Wenn private Haushalte jedoch stärker belastet werden, könnte das viele davon abhalten, in eigene Solaranlagen zu investieren.

Die Bundesnetzagentur betont, dass das Papier lediglich eine Diskussionsgrundlage ist und noch keine Entscheidungen getroffen wurden. Doch zentrale Fragen bleiben unbeantwortet. Etwa wie Bürgerinnen und Bürger, die in eigene Solaranlagen investieren, künftig eingebunden werden sollen. Zwar wird anerkannt, dass private Erzeuger das Stromsystem entlasten, doch konkrete Vorschläge, wie ihre Beiträge gesichert oder gestärkt werden können, fehlen. Dabei zeigt das Papier selbst: Der Eigenverbrauch aus Photovoltaik hat sich von 3,1 Terawattstunden im Jahr 2020 auf 12,9 Terawattstunden im Jahr 2024 vervielfacht. Diese Entwicklung macht deutlich, wie wichtig private Investitionen für die Energiewende sind. Zusätzlich stellt sich die Frage nach der Umsetzbarkeit. Viele der diskutierten Maßnahmen, wie etwa zeitvariable Entgelte oder kapazitätsbezogene Preise, setzen eine flächendeckende Ausstattung mit intelligenten Stromzählern voraus. Doch Smart Meter sind in Deutschland bisher nur in einem kleinen Teil der Haushalte installiert. Ohne diese technische Grundlage lassen sich zentrale Elemente der Reform weder gerecht noch praxistauglich umsetzen.

Noch bis zum 30. Juni 2025 können Stellungnahmen zum Papier eingereicht werden. In öffentlichen Workshops will die Bundesnetzagentur über mögliche Szenarien diskutieren.

Quelle: